Mittelbayerische Zeitung: Ein deutliches Zeichen Die Mittelbayerische Zeitung über die Verlegung der deutschen Soldaten aus Incirlik nach Al-Asrak.
Regensburg (ots)
Lange hat die deutsche Politik nur den Mund gespitzt. Gestern hat sie endlich auch laut gepfiffen. Der Bundestag hat jetzt den Abzug der deutschen Soldaten, die Tornado-Aufklärungsflugzeuge bedienen, aus dem türkischen Stützpunkt Incirlik beschlossen. Monatelang hatte Ankara mit Berlin Katz und Maus gespielt. Erst durften deutsche Parlamentarier die Soldaten im Einsatz besuchen. Zuletzt erteilten die türkischen Behörden jedoch keine Besuchserlaubnis mehr. Einen wirklich triftigen Grund für diese Verweigerung gab die türkische Regierung nicht. Dagegen wurde der Besuch von Berliner Abgeordneten auf dem Nato-Stützpunkt Konya, von hier starten Awacs-Aufklärungsflugzeuge, vor kurzem genehmigt. Eine solche unberechenbare Willkür konnte und durfte sich das deutsche Parlament nicht länger bieten lassen. Dabei sind Deutschland und die Türkei Partner in der Nato sowie auf anderen Gebieten eng verbunden. Nicht zuletzt durch das EU-Türkei-Flüchtlingsabkommen. Doch das Verhältnis zwischen beiden Ländern wird vor allem durch Nadelstiche und mehr oder weniger große Provokationen von Präsident Recep Tayyip Erdogan immer weiter belastet. Der neueste Coup, den sich der Präsident vom Bosporus ausgedacht hat, ist ein geplanter großer Auftritt in Deutschland, nach dem G20-Gipfel in Hamburg. Auch dazu wird sich die deutsche Politik verhalten müssen. Sie sollte Erdogan unmissverständlich klar machen, dass Auftritte des nach Alleinherrschaft strebenden Präsidenten hier nicht erwünscht sind. Der Umzug der 260 deutschen Luftwaffen-Soldaten von Incirlik zum jordanischen Stützpunkt Al-Asrak ist ein zwar deutliches Zeichen, dass sich die deutsche Politik nicht alles von Erdogan und seiner Regierung bieten lassen will. Allerdings ist es ein Zeichen, das in seiner Wirkung nicht überschätzt werden sollte. Der Berliner Koalition fiel es zudem jetzt im beginnendem Wahlkampf relativ leicht, gegen die türkische Regierung klare Kante zu zeigen. Union und SPD wollen so auch jeden Anschein entkräften, Erdogan habe die deutsche Politik wegen des Flüchtlingsabkommens in der Hand.
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