Mittelbayerische Zeitung: Privileg der Jugend
Kommentar zu den US Open im Tennis
Regensburg (ots)
Die 17-jährigen Leimener fallen eben nicht vom Himmel. Glaubt man Tennisexperten, dann ist es sogar so gut wie ausgeschlossen, dass sich jemals wieder ein 17-Jähriger - wie Boris Becker bei seinem sensationellen Wimbledon-Sieg 1985 einer war - aus dem Nichts zum Grand-Slam-Triumphator aufschwingt. Für so einen Coup ist das Spiel mittlerweile physisch zu fordernd, die Konkurrenz in der Weltspitze ist zu groß, die Terminhatz über die Courts zu gnadenlos. Insofern ist Alexander Zverevs wütender Ausruf "Ich habe keine Lust mehr aufs Lernen!" zwar menschlich nachvollziehbar, aber lediglich dem Frust des Moments geschuldet. Der 20-Jährige muss sehr wohl etwas lernen: sich in Geduld zu üben. Seine bisherige Bilanz bei den Grand-Slam-Turnieren spricht dafür, dass er noch an seinen eigenen Erwartungen und dem selbst auferlegten Druck scheitert. Ungeduld ist ein Privileg der Jugend, steht aber dem konstanten sportlichen Erfolg bisweilen im Weg. Das deutsche Tennispublikum nimmt den kometenhaften Aufstieg Zverevs bislang eher distanziert zur Kenntnis - ganz so, als traue es dem Braten noch nicht. Absagen im Davis Cup und beim Hamburger Turnier zeugen von ungeschickter Außendarstellung. Auch in dieser Beziehung kann der 20-Jährige noch dazulernen.
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