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Mittelbayerische Zeitung: Kommentar zu Nordkorea, Autorin: Marianne Sperb

Regensburg (ots)

Kim Jong Un spielt ein gefährliches Spiel - und die Welt spielt mit. Nordkoreas Machthaber hört nicht auf, zu provozieren - und der Westen reagiert wie auf Knopfdruck. Kein anderer Konflikt weltweit brodelt derzeit so bedrohlich. Die US-Reaktionen weisen den Weg zu einer Eskalation. "Kim Jong Un bettelt um Krieg", ließ sich die amerikanische UN-Botschafterin Nikki Haley zitieren. Ein Szenario mit "Feuer, Wut und Macht, wie die Welt es so noch nicht gesehen hat", kündigte der US-Präsident an. Donald Trump hält sich "alle politischen und militärischen Antworten" offen. "Alle Optionen liegen auf dem Tisch." Alle Optionen? Es stehen eine Reihe sehr unterschiedlicher Instrumente zur Verfügung. Keines von ihnen verspricht kurzfristigen Erfolg. Jedes von ihnen ist ambivalent zu bewerten. So viel lässt sich aber sagen: Nur der Einsatz verschiedener Instrumente wird Aussicht auf Erfolg haben. Und auch nur, wenn Geduld die Maxime ist. Sanktionen sind sicherlich eines der Werkzeuge, um Kim Jong Un in Schach zu halten. Im Fall Iran hatten Embargos Erfolg; am Ende eines jahrelangen Ringens stand der Pakt von Wien - 2015 ein Zeichen der Hoffnung für die ganze Welt. Im Fall Nordkorea scheint nun sogar China bereit zu sein, das wirtschaftliche Halsband der Republik am Gelben Meer straff zu ziehen. Das ist bemerkenswert, denn ein Kollaps des Pufferstaats Nordkorea wäre für Peking ein Horrorszenario. Russland hingegen, das in jüngster Zeit den Handel mit Nordkorea pusht, hatte erste Provokationen von Kim Jong Un zwar noch verurteilt und Sanktionen befürwortet. Inzwischen nennt Kreml-Chef Wladimir Putin sie aber "sinnlos". Seit dem ersten Atombombentest 2006 haben die Vereinten Nationen zum siebten Mal Strafaktionen gegen Pjöngjang beschlossen. Die Sanktionen zeigten bisher tatsächlich ernüchternd wenig Erfolg. Sie werden außerdem nicht unmittelbar die mächtigen Familienclans treffen, sondern das Volk. Während das Militär extrem hochgerüstet ist, darbt die Bevölkerung. Erst 2016 wurde den Menschen ein erneuter "beschwerlicher Marsch" angekündigt, im Klartext: eine Hungersnot. Sanktionen sind also zweischneidig; sie können aber, selbst wenn das zynisch klingt, gerade in Nordkorea spürbare Wirkung entfalten. Der Druck von außen wird langfristig den Druck von innen erhöhen. Um den inneren Widerstand anzustacheln, braucht es aber nicht nur die Sanktionen, sondern auch den Kontakt, das Beispiel von einem Leben in einer freien Welt. In der Konsequenz heißt das: Der Westen muss mit Nordkorea im Gespräch bleiben. Kim Jong Un und Donald Trump sind aber für beharrliche, abgewogene Diplomatie die falschen Partner. Erstens, weil die Front zwischen Nordkorea und dem Erzfeind USA historisch und verhärtet ist; zweitens, weil der US-Präsident lieber mit der Faust auf den Tisch haut als sachlich und uneitel zu verhandeln. Erfolgversprechender wäre es, Europas Top-Diplomaten würden sich einbringen. Schon deshalb, weil eine Eskalation in Nordkorea auch die europäischen Partner treffen würde. Auch die neutrale Schweiz bietet sich bereits als Verhandler an. Wladimir Putin pocht auf eine diplomatische Lösung: "Die derzeitige militärische Hysterie kann nichts Gutes bringen." Man muss ihm zustimmen. Am Ende ist der Fall Nordkorea eine Frage der Zeit. Ein Unterdrückungsstaat wie Pjöngjang, der sein Volk isoliert, terrorisiert und versklavt und ihm nach stalinistischem Vorbild einen absurden Personenkult aufzwingt, wird sich nicht ewig halten. Im Moment geht es darum, die Zeit bis zum Kollaps des Regimes durchzustehen. Ohne Krieg. Ohne Blutvergießen.

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