Mittelbayerische Zeitung: Koalition der Krötenschlucker
Kommentar zu den Sondierungsgesprächen
Regensburg (ots)
Es ist richtig: Die gewählten Parteien haben den Auftrag, nach Gemeinsamkeiten zu suchen, die ihnen die Bildung einer Koalitionsregierung ermöglichen. Insofern ist es nur folgerichtig, dass nun CDU, CSU und SPD an einem Tisch zusammenkommen. Auch wenn die SPD immer noch nicht weiß, was für ihr eigenes Wohl besser ist: ein Scheitern der Verhandlungen oder eine erneute große Koalition. Genau deswegen stellt sich die Frage: Ist ein Ende mit Schrecken nicht besser als ein Schrecken ohne Ende? Was sich in Berlin abzeichnet, ist eine Koalition der Krötenschlucker. Eine, in der jeder nur auf einen Fehler der Gegenseite wartet, um sich profilieren zu können. Es wäre eine Koalition des kleinsten gemeinsamen Nenners. Das sind große Koalitionen zwar oft. Nur das in diesem Fall die berechtigte Befürchtung herrscht, dass der kleinste gemeinsame Nenner die Angst vor dem Machtverfall ist. Mit einem Scheitern dieser Verhandlungen wäre das politische Ende von Merkel und Schulz besiegelt, Seehofers Ende käme früher als geplant. Aber ist das vermeintliche oder tatsächliche Festhalten an der Macht nicht auch ein Grund dafür, dass die einstigen Volksparteien angreifbar sind? Dass ihnen leicht unterstellt werden kann, sie agierten und regierten nur im eigenen Interesse? Was wäre denn so schlimm an Neuwahlen, abgesehen davon, dass sie dem Staat unnötigerweise Geld und Spitzenpolitikern möglicherweise den Kopf kosten? Diese neue große Koalition wird kaum mehr machen können, als den Status Quo zu verwalten. Vielen, vor allem denen, die gut verdienen, könnte das zwar Recht sein. Angesichts der Herausforderungen, national wie international, ist das aber zu wenig. Deutschland braucht eine Regierung, die soziale Gerechtigkeit nicht als Parteislogan führt, sondern als Anspruch versteht. Die der Digitalisierung in allen Bereichen Wege statt Floskeln bietet. Und das sind nur ein paar Bereiche, in denen eine CDU/CSU/SPD-Verwaltung bisher schon versagt hat. Warum sollte sie es dieses Mal mit derselben Truppe besser machen?
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