Mittelbayerische Zeitung: Keine Steuergelder für Diesel-Sünder
Ein Kommentar der Mittelbayerischen Zeitung zur Abgas-Affähre
Regensburg (ots)
Die Diesel-Affäre nimmt immer absurdere Züge an. Die Autohersteller, allen voran VW, weigern sich beharrlich, die - einzig sinnvolle - Hardware-Nachrüstung zu bezahlen. Nun soll es der Steuerzahler richten. Regierungsberater haben Bundeskanzlerin Angela Merkel allen Ernstes empfohlen, Berlin soll die Umwandlung älterer Dieselautos ganz oder durch einen hohen Anteil an den Gesamtkosten fördern. Es kann aber nicht sein, dass indirekt der Bürger zur Kasse gebeten wird. Autobesitzer wie der Regensburger Christian Wiedenmann schütteln den Kopf über den Expertenrat. Sein VW Tiguan wurde wegen des zu hohen Stickoxidausstoßes zum Streitobjekt und bleibt seit Dezember 2016 in der Garage. Der 59-Jährige fühlt sich von VW betrogen, weil der Diesel-Pkw mehr Abgase ausstößt als angegeben. Auch juristisch wurde er wie Tausende andere Käufer alleingelassen. Da in Deutschland keine Sammelklage zugelassen ist, muss sich jeder Betroffene mühsam und alleine sein Recht erkämpfen. Das Garagenauto verliert an Wert. Der Rechtsanwalt kostet Geld. Und nun soll Wiedenmann auch noch über die Steuer die Hardware-Nachrüstung mitfinanzieren. Das größte Risiko: Der Stadtamhofer und viele andere Diesel-Besitzer verlieren das Vertrauen in die Politik. Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Städte stehen unter Druck, weil am Donnerstag das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entscheiden wird, ob Fahrverbote in Städten rechtlich möglich sind. Als Hauptverursacher für die Misere gelten ältere Euro-5-Dieselautos mit zu hohen Abgaswerten. Die Krise belastet die Autohändler. Die Käufer sind verunsichert. In Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Italien und Spanien zusammen sind die Diesel-Neuzulassungen laut dem Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe um zwölf Prozent gesunken. Wer erwirbt einen gebrauchten Diesel, wenn Fahrverbote in Städten drohen? Die Bundesregierung sollte die Bürger nicht länger für dumm verkaufen. Hochbezahlte Manager und Entwickler haben getrickst, gelogen und betrogen. Jetzt sollen sie und die Unternehmen dafür geradestehen. Merkel und die noch nicht ganz festgezurrte GroKo müssen die Autoindustrie für die Nachbesserung aufkommen lassen, nicht den Bürger. Sonst belohnen sie die Hersteller im Nachhinein noch. Hier geht es um grundlegende Werte unserer Gesellschaft. Eine Regierung darf die Verursacher gerade bei Betrügereien wie diesen, die Mensch und Umwelt massiv schaden, auf keinen Fall schonen. Autokäufer wie der Regensburger Christian Wiedenmann sollten entschädigt und nicht ewig vom Landgericht hingehalten werden, bis sie einen Verhandlungstermin bekommen - er wartet seit 2016. Es kann nicht sein, dass nur einzelne Dieselfahrer mit finanziellem Einsatz und Durchsetzungsvermögen den Vergleich mit VW erreichen. Je quälender sich der Skandal hinzieht, desto stärker wächst die Politikverdrossenheit. Unsere Kinder und Jugendlichen erziehen wir zu Ehrlichkeit und zum Eingestehen von Fehlern. Allein deshalb darf die sogenannte Elite nicht davonkommen mit ihrem falschen Spiel. Sonst verliert die - sehr kritische und wache - junge Generation den Glauben an eine faire Gesellschaft. Wenn sie dauernd hört, dass das alles eine "Riesenschweinerei" sei und "die Großen" stets davonkommen, wird - nicht nur - sie anfälliger für die populistischen Menschenfänger. Steuergelder sollten in die Erforschung umweltfreundlicher Antriebe fließen. Es gibt mehr als das E-Auto.
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