Mittelbayerische Zeitung: Ein Millionär? Welcome! Friedrich Merz bringt als Spitzenverdiener den Wirtschaftsverstand mit, den Berlin braucht. Aber im Neidland Deutschland gilt Geld als verdächtig. Von Marianne Sperb
Regensburg (ots)
Friedrich Merz bringt alles mit, was man sich von einem CDU-Vorsitzenden und Kanzlerkandidaten wünschen kann. Der Wirtschaftsliberale, gesellschaftspolitisch konservativ ausgerichtet, ist das klare Gegenmodell zu Angela Merkel. Er hat das Zeug, das Profil der Partei zu schärfen. Aber als Millionär und Multi-Funktionär wird er gerade nach Kräften schlechtgeredet. Sein beruflicher Erfolg gilt in Neidland D als sein größter Nachteil. Geht's noch? Deutschland wird vor allem von Beamten und Berufspolitikern regiert. Millionäre und erfolgreiche Unternehmer zieht es nämlich nicht in die Politik. Warum auch? Ein vergleichsweise niedriges Einkommen, die hohe Arbeitsbelastung, starke Fremdbestimmtheit, die dauererregte öffentliche Meinung und die unsichere Zukunftsperspektive in einem Amt, das bei jeder Wahl wieder zur Disposition steht: Man kann sich schönere Arten vorstellen, sein Geld zu verdienen. Friedrich Merz bringt den wirtschaftlichen Sachverstand mit, der in Berlin fehlt. Das kann der SPD nicht gefallen. Prompt ätzen SPD-Granden gegen ihn, der Tenor: Den "Millionär aus der Finanzindustrie" (SPD-Mann Ralf Stegner), den Aufsichtsratsvorsitzenden, der "Kasse macht" und "zwei Privatflugzeuge" hat (SPD-Frau Manuela Schwesig) muss man verhindern. Im Hintergrund schwingt eine Überzeugung mit, die sich erschreckenderweise immer mehr zum gesellschaftlichen Konsens zu entwickeln scheint: Geld ist verdächtig, Erben ist böse und wer Leistungsanreize durch Hartz IV fordert, der verachtet Menschen. Dabei hat das Land den Durchblick in Finanz- und Wirtschaftsfragen gerade bitter nötig. Im Handelsstreit mit US-Präsident Donald Trump etwa, bei der Kontrolle von Banken, die sich verzocken und unter den staatlichen Schutzschirm flüchten, auch gegen ein sinkendes Wirtschaftswachstum im eigenen Land werden ein gütiges Herz und soziale Kompetenz nicht viel ausrichten. Die Finanzkrise 2008 war ein gutes Beispiel dafür, wie wichtig nicht die Distanz, sondern die Nähe und der detaillierte Einblick in die Geldwelt sind. Politiker ließen sich die Dinge damals treuherzig von Bankchefs wie Josef Ackermann erklären. Später brauchten sie lange, bis sie die hochkomplizierten Cum-Ex-Steuertricks durchschauten. Friedrich Merz dürfte da weniger blauäugig sein. Dass jetzt gegen den deutschen Ableger von BlackRock, den weltweit größten Vermögensverwalter, und gegen die Bank HSBC Deutschland wegen des Verdachts von Cum-Ex-Geschäften ermittelt wird, das würde man dem Multi-Funktionär Friedrich Merz gern ans Bein binden. Was kaum thematisiert wird: Die fraglichen Fälle bewegen sich alle in einer Zeit, lange bevor Merz seine Aufsichtsratsmandate übernommen hat. Der 63-Jährige ist ein Selfmademan. Der Sohn aus einer konservativen sauerländischen Beamten- und Juristenfamilie hat es bis zum Richter gebracht und verdient heute eine Million Euro brutto, das heißt: Seine Steuern decken ungefähr die jährlichen Zuwendungen an 250 Hartz-IV-Bezieher ab. Deutschland gibt mit vollen Händen. Die Sozialausgaben klettern über die Supermarke von einer Billion Euro im Jahr. Die bestürzend hohe Summe wird sang- und klanglos hingenommen, wohl im Bewusstsein, dass man sich das Geld für diese Mammutaufgabe ja leicht holen kann: beim Mittelstand, bei Angestellten und bei Unternehmern, denen der Staat beherzt die Taschen leert. Aber statt Rahmenbedingungen zu schaffen, die es ermöglichen, gutes Geld zu verdienen und damit auch satt Steuern zu zahlen, wird darüber diskutiert, ob man Friedrich Merz nun dem Mittelstand zurechnen oder ihn zur Oberschicht zählen muss - eine sinnfreie Debatte. Sie sendet vor allem ein Signal: Halt' dich als Millionär lieber fern von der Politik.
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