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Mittelbayerische Zeitung: Nur noch kurz die Welt retten
Großspurig als Weltwirtschaftsforum angekündigt, entpuppen sich die jährlichen Elitentreffen in Davos als Shows voller Sonntagsreden. Von Reinhard Zweigler

Regensburg (ots)

Nur noch kurz die Welt retten, sang Tim Bendzko vor ein paar Jahren. Das jährliche Elitentreffen von Wirtschaft und Politik im schweizerischen Luxusort Davos nennt sich zwar großspurig Weltwirtschaftsforum, doch eine Verbesserung für die von Handelskrisen, Steuerbetrügereien, gnadenlosem Konkurrenzkampf und weitgehender Ignoranz gegenüber den verheerenden Klimaveränderungen geprägte Weltwirtschaft ist von Davos eher nicht zu erwarten. Und das liegt weniger daran, dass die hochkarätigen Teilnehmer nicht die Finger in die zahlreichen globalen Wunde legten, sondern in der Folgenlosigkeit ihrer salbungsvollen Reden. Auch Angela Merkel hat gestern in Davos die Verantwortung der Industrieländer für die drohende Erderwärmung beschworen. Zum wievielten Male eigentlich? Dass es die Regierung der einstigen Klima-Kanzlerin aus Deutschland allerdings wirklich ernst nimmt, ist fraglich. Beim geplanten Ausstieg aus der Braunkohleverstromung etwa, der technisch und finanziell durchaus relativ rasch machbar wäre, kuscht die Berliner GroKo vor der alten Energiewirtschaft. Die Ziele zur Reduktion von Treibhausgasen bis 2020 wurden krachend verfehlt. Da hilft es auch nichts, wenn Merkel nun beteuert, die Klimaziele des Jahres 2030 zu schaffen. Das schlechte Beispiel, das der Exportweltmeister Deutschland bietet, animiert auch andere Länder nicht zu mehr Engagement im Klimaschutz. Darüber hätte Merkel in Davos trefflich reden können. Hat sie aber nicht. Ein Problem der Davoser Treffen ist zudem, dass dort zahlreiche Verantwortliche für die ziemlich ungerechte Weltwirtschaftsordnung zusammen kommen. Dass ein paar Superreiche weltweit immer reicher werden, aber die Armen immer ärmer, mit allen Konsequenzen etwa für Flüchtlingsbewegungen, wird in Davos kaum thematisiert. Daran ändert auch nichts, dass der durchschnittliche Wohlstand der Weltbevölkerung in den letzten Jahren gestiegen ist. Aber was bedeuten schon Durchschnittswerte. Im Durchschnitt war der Dorfteich einen Meter tief, trotzdem ist die Kuh ertrunken. Durch Steuerflucht großer Konzerne entgehen alleine den Ländern Afrikas jährlich schätzungsweise 100 Milliarden Euro. Hinzu kommen korrupte Eliten in den Staaten selbst, die lieber in die eigene Tasche wirtschaften, als ihre Länder voranzubringen. Das der schwarze, eigentlich unermesslich reiche Kontinent inzwischen sozusagen der "Hotspot" für Armut, Hunger und Elend auf der einen, aber auch für Flüchtlingsströme auf der anderen Seite geworden ist, darf vor diesem Hintergrund niemanden verwundern. Sinnvoller als die von Tausenden Polizisten geschützten Klassentreffen der Großkopfeten in Davos wäre es allemal, eine Art Weltwirtschaftsrat unter dem Dach der Uno einzurichten. Oder die immer mehr an Bedeutung verlierende Welthandelsorganisation (WTO) unter das Dach der Weltorganisation zu stellen, was deren Bedeutung und Durchschlagskraft erhöhen könnte. Freilich würde dies politische Egomanen wie etwa den Twitter-Präsidenten der USA Donald Trump oder Despoten im Präsidentenamt nicht davon abhalten, Beschlüsse dieser internationalen Organisationen mit Füßen zu treten, wenn es ihnen gerade passt. Sie und ihre Wirtschaften könnten sich dennoch nicht auf Dauer dem Einfluss dieser Organisationen entziehen. Es geht derzeit in der globalen Wirtschaft schlicht um die Gretchenfrage, ob sich die Vertreter von Amerika, Russland, Türkei, China oder Brasilien first gegen die auf Ausgleich, Kompromiss setzenden Multilateralisten durchsetzen. Der Ausgang ist offen. Davos hat diese Frage mit schönen Appellen umschifft. Die Rettung der Welt wurde in Davos wieder mal verschoben.

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