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Mittelbayerische Zeitung: Mammut-Haushalt mit Risiken
Noch kennt Bayern keine echten Geldnöte. Doch sind neue Sozialleistungen wirklich auf Dauer finanzierbar? Leitartikel von Christine Schröpf

Regensburg (ots)

Die 4,2 Milliarden Euro Überschuss aus dem Jahr 2018, die Regierungschef Markus Söder dank emsiger Berechnungen seines Finanzministers Albert Füracker pünktlich zur Haushaltsdebatte des Landtags vermelden konnte, kommen zur perfekten Zeit. Das stärkste Argument der Opposition gegen die Spendierfreudigkeit der schwarz-orangen Koalition war damit entkräftet. Kritiker ging gegen den Strich, dass für die Finanzierung diverser Wahlversprechen die Entnahme von 3,6 Milliarden Euro aus den Rücklagen geplant war. Dieser Vorwurf hat sich nun erübrigt. Der größte bayerische Haushalt aller Zeiten kann ohne Plündern der Reserven gestemmt werden. Zusätzliche Spielräume verschaffen weiter sprudelnde Steuereinnahmen. Bayern hat sich dabei vom Bund abgekoppelt. In der GroKo wird gerade der Rotstift angesetzt. Bayern kann dagegen neue Sozialleistungen aufs Gleis setzen oder Bauernproteste um das Bienenvolksbegehren mit Fördertöpfen leiser werden lassen. Dabei gilt offenkundig die Devise: Mehr ist mehr. Das Familiengeld, das die CSU noch in Alleinregierung einführte, wird nun vom nahezu kostenlosen Kindergarten flankiert, auf den Koalitionspartner Hubert Aiwanger Wert legte. Kostenpunkt im Doppel-Etat: knapp 2,4 Milliarden Euro. Das Pflegegeld schlägt mit 748 Millionen Euro zu Buche. Die Begleitkosten des Bienenvolksbegehrens nehmen sich mit 50 bis 75 Millionen Euro pro Jahr da fast schon bescheiden aus. Wenn auch nur auf den ersten Blick. Über eine Zeit von zehn Jahren summiert es sich auch auf eine halbe bis dreiviertel Milliarde. CSU und Freie Wähler haben sich beim Erfüllen von Wahlversprechen wechselseitig übertrumpft: Trotzdem ist keine der Maßnahmen falsch. Es mag unterschiedliche Auffassungen geben, ob das Familiengeld, der nahezu kostenlose Kindergarten und ab 2020 dann auch noch die beitragsfreie Kindergrippe wirklich gleichzeitig notwendig sind und das auch noch ungeachtet jedweder Einkommensgrenzen. Doch jeder Euro, der zu Familien fließt, ist im Grunde immer sehr gut investiert. Auch bei Landwirten, die beim Klimaschutz eine tragende Rolle erfüllen sollen, sind zusätzliche Mittel gut aufgehoben. Der Knackpunkt liegt anderswo: Was passiert, wenn auch im Freistaat die Finanzen einmal knapper werden und Wohltaten zur Disposition stehen? Die aktuell 4,2 Milliarden Euro Überschuss sind auch für bayerische Verhältnisse ein absoluter Ausnahmefall. Eine im Vergleich zu anderen Bundesländern rosige Lage darf zudem nicht den falschen Eindruck erwecken, Söder und Füracker könnten sich wie einst Dagobert Duck im eigenen Geldspeicher zwischen den Moneten räkeln. Auch der Freistaat hat Schulden - derzeit sind es inklusive der Altlasten aus dem Debakel um die Landesbank vor gut zehn Jahren 27 Milliarden Euro. Das ist kein echtes Problem, aber eben auch kein Pappenstiel. Füracker gibt gemäß seines Naturells und seiner Arbeitsplatzbeschreibung den vorsichtigen Bremser. Für ihn zählt angesichts doppelter Begehrlichkeiten aus Reihen der CSU und der Freien Wähler, was wirklich notwendig ist und nicht, was alles wünschenswert wäre. Wie sehr Söder und Aiwanger das zulassen, wird sich demnächst bei den Detailverhandlungen zum Bienenvolksbegehren zeigen. In Spendierhosen zu schlüpfen, ist allerdings keine Domäne der Regierungsparteien. Auch Grüne und SPD fällt dazu einiges ein. Stichwort: noch mehr Geld für den Öffentlichen Personennahverkehr, für barrierefreie Bahnhöfe, für digitale Bildung. Und, und, und. Grundvoraussetzung für das Finanzieren möglichst vieler Wünsche ist allerdings dauerhaftes Wachstum, mit all seinen auch negativen Begleiterscheinungen. In diesem Punkt zeigen sich zwischen Regierung und Opposition dann doch eklatante Unterschiede. Die Grünen stellten in der Haushaltsdebatte erneut den klassischen Wachstumsbegriff in Frage. In der Konsequenz hätte übrigens auch das Kollateraleffekte - nur eben halt andere.

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