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Mittelbayerische Zeitung: Forschungsnation im Selbstzweifel
Der Wissenschaftsstandort Deutschland ist besser als sein Ruf. Bild und Selbstbild passen da nicht ganz zusammen. Leitartikel von Angelika Sauerer

Regensburg (ots)

Deutschland gilt als das Land der Dichter und Denker, der Erfinder und Ingenieure, gleichwohl geriert es sich gerne auch als das Land der Zweifler - vor allem an sich selbst. Im weltweiten Vergleich heißt es in Bezug auf die hiesige Lehre und Forschung beinahe gebetsmühlenartig, man laufe Gefahr, abgehängt zu werden. Die Leistungen der Schülerinnen und Schüler würden schlechter, ebenso die der Studierenden. Auf diese Weise, so der Tenor, könne man mit dem Forschungsriesen USA und dem aufstrebenden China nicht mehr mithalten. Es gibt keinen Grund (mehr) für diese Schwarzmalerei, im Gegenteil. Vor kurzem erst attestierte das in London erscheinende Magazin Times Higher Education (THE) der deutschen Universitätslandschaft beste Noten. Im weltweiten Ranking platzierte sich Deutschland mit der Anzahl der nominierten Hochschulen sowohl unter den Top 100 als auch unter den Top 200 auf Platz drei - hinter den USA und Großbritannien - und weit vor China (Platz sieben). Während der Trend für das Vereinigte Königreich nach unten zeige, gehe es für Deutschlands Unis steil nach oben, so die Autoren der Studie. Waren 2016 nur drei deutsche Unis in den Top 200 zu finden, sind es 2018 stattliche 23. Man ist damit England dicht auf den Fersen, vor allem unter den Top 100, wo Deutschland mit zehn (vorneweg die Münchner Institutionen LMU und TU, ferner Heidelberg) und die Briten mit zwölf Hochschulen vertreten sind. Und das alles noch vor dem Brexit. "Wird Deutschland Europas Forschungsnation No. 1?" fragte denn auch die "Zeit" angesichts dieser sprunghaften Steigerung. Die Regensburger Hochschulen werden im THE-Ranking nicht genannt. Allerdings ist auch das kein Grund für Schwarzmalerei. Geht man nach dem renommierten Hochschulforscher Hans de Wit (Boston College), dann ist Deutschlands Hochschulsystem ohnehin weniger wegen seiner Leuchttürme als vielmehr aufgrund der Breite und der Praxisnähe herausragend. Und wenn wir schon bei Nähe sind: Auch die räumliche spielt hier eine Rolle. Eine Uni, eine Hochschule gleich um die Ecke zu haben, trägt dazu bei, Talente in der Region zu halten. Wenn man so will, dann sind die Regensburger Universität und die Ostbayerische Technische Hochschule mit Standorten in Regensburg, Amberg und Weiden nicht nur Standortfaktoren für Unternehmen, die hier ihren Bedarf an hochqualifizierten Mitarbeitern decken können. Sondern auch für kluge Köpfe, die nah der Heimat bleiben wollen. Der Erfolg der deutschen Hochschullandschaft kommt nicht von ungefähr. Er wurde gesät durch ein Umdenken, den Wettbewerb um die besten Ideen und die besten Köpfe, kurzum: um Exzellenz. Und er wurde gedüngt durch eine starke Aufstockung der Mittel. Lag der Etat des Bundesforschungsministeriums 1997 noch bei 7,2 Milliarden Euro, beläuft er sich 2018 auf 18,3 Milliarden. Zudem warben die Hochschulen verstärkt Forschungsgelder ein. Der Anteil der Drittmittel stieg 2005 bis 2015 von 17,6 auf 23 Prozent. Jeder Cent davon war gut angelegt. Im Haushalt für 2020 stagniert das Budget erstmals. Das ist nicht gut. Umso wichtiger sind zusätzliche Investitionen wie das Innovationsprogramm für den Wissenschaftsstandort Bayern, das Ministerpräsident Markus Söder von einer auf geplante zwei Milliarden Euro erhöht hat. Das Geld soll in Bau- und Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen fließen, eine Mittelstandsoffensive auf den Weg bringen und den Bereich Künstliche Intelligenz fördern. Die neue Fakultät für Informatik und Data Science, die in den nächsten zwei Jahren an der Universität Regensburg entstehen soll, ist ein Kandidat dafür. Vielleicht hat die Angst, abgehängt zu werden, dazu geführt, dass die deutschen Hochschulen besser dastehen denn je. Andererseits könnte man nun unverstellt und ohne Selbstzweifel auch ein bisschen stolz auf das Erreichte blicken. Den Erfolg weiter zu steigern, ist schließlich auch ein Antrieb.

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