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Mittelbayerische Zeitung: Die Kuschel-Koalition
CSU und Freie Wähler packen Koalitionsziel um Koalitionsziel an. Die zwei Parteien harmonieren gut - auch aus politischem Kalkül. Von Christine Schröpf

Regensburg (ots)

Ein Jahr ist die Bayern-Koalition im Amt und hat bereits vieles angeschoben. Manchmal mit etwas viel Tamtam. Geschenkt: Auch klappern gehört in der Politik zum Handwerk. Die Schwerpunkte sind jedenfalls richtig gesetzt: Im Zentrum stehen Zukunftsinvestitionen, eine bessere Sozialpolitik und - getrieben durch Bienen-Volksbegehren und Grünen-Hype - ein paar zusätzliche Akzente im Naturschutz. Die immer noch üppigen Steuereinnahmen erlauben, dass CSU und Freie Wähler das Geld dabei mit vollen Händen ausgeben können. Mag die Fülle kostspieliger Ideen skeptisch machen, die einzelnen Maßnahmen tun das nicht: Es ist gut, Familien in vielfältiger Weise unter die Arme zu greifen - vom Familiengeld bis zur Kostenerstattung für die Kinderbetreuung. Die "Bayern-Rente" für Pflegebedürftige verschafft Betroffenen zumindest etwas finanziellen Spielraum. Gleiches gilt für das Begleitgesetz zum Artenschutz, das die schwierige Lage vieler Landwirte abfedert. Und was spricht ernsthaft dagegen, ein CSU-Prestigeprojekte wie den schuldenfreien Haushalt bis 2030 einzukassieren, wenn dafür ein zwei Milliarden schweres Hightech-Investitionspaket herausspringt? Dieses Projekt ist mindestens genauso zukunftsweisend, sofern die Koalition konsequent der Maßgabe folgt, das Geld nicht mit der Gießkanne übers Land zu verteilen, sondern gezielt an die besten Forschergruppen zu geben. Die sehr guten Oberpfälzer Hochschulen, die beim Verteilen der größten Stücke bedauerlicherweise leer ausgingen, werden mit Argusaugen verfolgen, dass diese Regel wirklich befolgt wird. Soviel zu zentralen Inhalten, nun zu den Hauptakteuren: Ministerpräsident Markus Söder und sein Vize Hubert Aiwanger agieren trotz unterschiedlichem Amtsverständnis - der eine bevorzugt es staatsmännisch, der andere geländegängig - in erstaunlicher Harmonie. Dass Aiwanger den Jahrestag der Koalition fernab mit einer Wirtschaftsdelegation in China verbringt, ist kein Indiz, dass es nicht rund läuft. Selbst Aiwangers gründlich misslungener Messer-Spruch ("Bayern und Deutschland wären sicherer, wenn jeder anständige Mann ... ein Messer in der Tasche haben dürfte"), quittierte Söder nur mit vergleichsweise sanftem Spott. Der CSU-Chef unterlässt fast alles, was nur den Anschein erwecken könnte, er wolle die Freien Wähler an die Wand drücken. Anderes wäre ohnehin sehr kurzfristig gedacht, wird die CSU doch wohl auch nach der Landtagswahl 2023 auf einen Koalitionspartner angewiesen sein. Auch Aiwanger ist auf Samtpfoten unterwegs, hat seine Angriffslust auf die Grünen umgelenkt. CSU und Freie Wähler funken bei vielen Themen auf ähnlicher Wellenlänge. Bei doch einmal heikleren Feldern haben die Koalitionäre bisher nichts groß nach draußen dringen lassen. Beim Akzeptieren des Bienen-Volksbegehrens, auf dem Söder bestand, schluckte Aiwanger Ärger hinunter. Die CSU steckte weg, dass das Polizeiaufgabengesetz demnächst per Empfehlung der von der Koalition eingesetzten Experten-Kommission zurechtgestutzt wird. Zwei Konfliktpunkt sind aber ungelöst: Der Stopp umstrittener Polder an der Donau - unter anderem im Landkreis Regensburg - steht zwar im Koalitionsvertrag, wird aber bis 2020 neu geprüft. Aiwangers Glaubwürdigkeit in der Region hängt davon ab, ob sein Nein Bestand hat. In der Stromtrassenfrage, die im Kommunalwahlkampf speziell in der Oberpfalz Zündstoff birgt, gerät dagegen die CSU in Erklärungsnot. Denn die Söder-Partei nimmt die im Bund beschlossene Trasse im Interesse der bayerischen Versorgungssicherheit hin - wenn auch nicht gern. Die Freien Wählern schüren dagegen bis heute Hoffnungen auf ein Stromtrassen-Aus. Doch für ein Sprengen der Koalition reicht das bei weitem nicht aus, mag die Opposition noch so sehr darauf hoffen.

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