Maut-Debakel mit teurem Nachspiel Für Minister Scheuer kommt es mit den Schadenersatzforderungen knüppeldick.
Regensburg (ots)
Ob der Autoliebhaber Andreas Scheuer in den Weihnachtsferien entspannt mit seinem BMW 325ix durch die niederbayerische Heimat cruisen wird, ist nicht bekannt. Aber das liegt nicht am Oldtimer, der einst Franz Josef Strauß gehörte, sondern an den Nachwehen der geplatzten Pkw-Maut. Bis vor kurzem konnte der CSU-Verkehrsminister noch seelenruhig darauf verweisen, dass die Betreiberfirmen des Mautsystems, zwei österreichische Unternehmen, überhaupt keine Entschädigungsforderungen an den deutschen Staat gestellt hätten. Doch das ist anders, seit die Betreiber jetzt Ansprüche von über einer halben Milliarde Euro geltend machten. Was es für den flotten Minister gefährlich und für den deutschen Steuerzahler teuer machen könnte, ist die Forderung der Österreicher auf Ersatz für sämtliche entgangenen Gewinne für die gesamte Laufzeit des Maut-Vertrages. Die Forderung ist politisch und haushälterisch Dynamit. Sie ist allerdings zugleich juristisch höchst strittig. Und bekanntlich ist man auf hoher See und vor Gericht mutterseelenallein. Sollten sich Verkehrsministerium und Maut-Betreiber nicht in dem vertraglich vereinbarten Schiedsverfahren verständigen können, droht ein jahrelanger Rechtsstreit. Nur mal zum Vergleich, der Streit mit dem Lkw-Mautbetreiber Toll Collect währte rund 13 Jahre und ging mit einem Vergleich zu Ende. Der Bund bekam im Sommer 2018 schließlich über drei Milliarden Euro zugesprochen. Und Toll Collect wurde in Bundeseigentum überführt. Im Fall der Pkw-Maut liegen die Dinge freilich anders. Überraschend kommt die Millionen-Forderung aus Austria allerdings keineswegs. Ein solches Vorgehen ist man schon den Gesellschaftern gegenüber schuldig. Belastend für Scheuer ist dagegen schon, dass sich die Betreiber auf eine Klausel berufen können, wonach sie bei Vertragsbeendigung durch den Bund den entgangenen Gewinn für die Vertragslaufzeit geltend machen können. Dass sich Scheuer und seine hoch bezahlten Juristen offenbar auf einen solchen Passus eingelassen haben, könnte den Minister die Karriere kosten. Da hilft auch die Vertrauensbekundung der Kanzlerin an den im Kreuzfeuer von Opposition und Medien stehenden Minister nichts. Allerdings geht es beim Maut-Debakel nicht nur und nicht einmal in erster Linie um den Kopf des Ministers. Auch die im Streit stehende Millionen-Forderung der Mautbetreiber - so ärgerlich sie ist - ist nicht das schwerwiegendste Problem. Mit Blick auf den Verkehrsetat wiegen die Einnahmeausfälle durch die geplatzte Maut - im Bürokratensprech Infrastrukturabgabe - viel schwerer. Unter dem Strich sollte die "Ausländer-Maut" viele Milliarden Euro in den Verkehrshaushalt spülen. Daraus wird nun nichts. Im Gegenteil drohen dem Bund Entschädigungszahlungen in unbekannter Höhe. Vermutlich allerdings weit weniger als die hochgegriffene halbe Milliarde, die die Österreicher eintreiben wollen. Dass die vermurkste Pkw-Maut allerdings überhaupt ins Werk gesetzt wurde, hat nicht mit dem unglücklich agierenden Verkehrsminister Andreas Scheuer zu tun, sondern mit einem reichlich populistischen Wahlkampfschlager der CSU vor einigen Jahren, die laut für eine "Ausländer-Maut" trommelte. Ja selbst die SPD Bayerns hatte eine ähnliche Forderung bereits vor über zehn Jahren erhoben. Und es ist ja wirklich nicht zu verstehen, warum etwa deutsche Autofahrer vor der Fahrt in die benachbarte Alpenrepublik brav "Pickerl" kaufen müssen, die österreichischen Freunde jedoch kostenlos unsere Autobahnen nutzen dürfen. Statt nationaler Flickschusterei wird es Zeit für eine europaweite Maut-Regelung.
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