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Die Flucht nach vorne Neue Corona-Fälle im Weißen Haus werfen neue Fragen auf: US-Präsident Donald Trump wird im Wahlkampf erneut von der Realität eingeholt. Von Thomas Spang

Regensburg (ots)

Covid, Covid, Covid, Covid, Covid, Covid - sechsmal hintereinander sprach der amerikanische Präsident Donald Trump frustriert den Namen der Erkrankung aus, die ihm politisch zum Verhängnis zu werden droht. Der US-Präsident möchte wenige Tage vor der Wahl lieber über andere Dinge sprechen. Dinge, wie den Scheinskandal um den Sohn seines demokratischen Herausforderer Joe Bidens, Hunter Biden. Trump würde gerne über Fracking sprechen oder Amy Coney Barrett, die neue Richterin am Supreme Court, die Trump in nur einem Monat als seine Kandidatin durchgebracht hatte. Oder darüber, wie großartig Amerika unter seiner Führung geworden ist. Doch immer wieder holt Trump die tödliche Realität einer Pandemie ein, die er erst ignoriert, dann verharmlost und zu keinem Zeitpunkt selber ernst genommen hat. Dafür steht seine eigene Infektion und die hartnäckige Weigerung, Maske zu tragen und Abstand zu halten. Während ihm die meisten der mehr als 20 000 Lügen seiner Amtszeit nicht schadeten, krachen Donald Trumps Märchen über das magische Verschwinden des Erregers vor eine Betonmauer der Realität. Die mehr als 8,7 Millionen Infizierten sind so echt wie die über 225 000 Toten und die 12,6 Millionen Arbeitslosen. Wie die Amerikaner auch sehr genau wissen, dass sie mit der Pandemie nicht "über den Berg" sind, sondern sich vor ihren Augen zu einer gewaltigen dritten Infektionswelle aufbaut. Trump ist nicht für den Virus verantwortlich, aber für den Umgang mit der Krise. Da der Meister der Ablenkung sein eigenes Versagen nicht mehr kaschieren kann, tritt er nun die Flucht nach vorn an. Er kapituliert vor der außer Kontrolle geratenen Pandemie und lässt dem Virus freien Lauf. Sein Stabschef Mark Meadows schockte die Amerikaner nun mit dem Eingeständnis, nicht einmal mehr den Versuch zu unternehmen, den Erregers einzudämmen, solange es keinen Impfstoff gibt. Das Eingeständnis rutschte Meadows fast nebenbei heraus. "Wir werden die Pandemie nicht kontrollieren", verteidigte der Stabschef ihm Weißen Haus den Versuch, die neuen Covid-19-Infektionen im engsten Kreis des Vizepräsidenten zu verstecken. Ohne das Wort "Herden-Immunität" zu gebrauchen, räumte er damit ein, was sich abzeichnete, seit Scott Atlas die beiden Top-Infektiologen Anthony S. Fauci und Deborah L. Birx im Weißen Haus zur Seite drängte. Der Radiologe, der seit zehn Jahren nicht mehr praktiziert und kein Experte für Infektionskrankheiten ist, gehört zu der kleinen Minderheit an Medizinern, die dem potenziell tödlichen Virus freien Lauf lassen will. Diesem Glauben hängt auch Marc Short an, der den Mitarbeiterstab von Vizepräsident Pence führt und das Risiko der Pandemie für "übertrieben" hält. Am Wochenende wurde nun Short selbst positiv getestet. Das Weiße Haus setzt also eher auf eine Behandlung von Erkrankten als auf Maßnahmen gegen eine Ausbreitung des Virus zu vertrauen. Indem Donald Trump somit seinem Volk einem gefährlichen Experiment aussetzt, dem viele Tausend Menschen zum Opfer fallen könnten, vernachlässigt der Präsident seine oberste Pflicht: Für die Sicherheit seiner Bürger zu sorgen. Damit wird Trump noch mehr Frauen und ältere Wähler verlieren, deren Stimmen er dringend für seine Wiederwahl bräuchte. Der zur Schau gestellte Machismo des Präsidenten kommt bei seinen ergebenen Anhängern an, entspricht aber nicht der Stimmung in der Bevölkerung. Der verlorene Job, die geschlossenen Schulen oder der leere Platz am Tisch, den ein verstorbenes Familienmitglied hinterlassen hat, ist das, was den Alltag und die Entscheidung am Wahltag beeinflussen wird. Wenn Trump am 3. November verliert, liegt die Erklärung auf der Hand: Covid, Covid, Covid, Covid, Covid, Covid.

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