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Der richtige Mann an der Spitze
Von Thomas Spang

Regensburg (ots)

Der neue US-Präsident Joe Biden hat bei der Amtseinführung vor den Stufen des Kapitols ein wichtiges Signal der Einheit und Entschlossenheit gesendet. Amerika lässt sich von den Feinden der Demokratie nicht einschüchtern. Mutig schwor er genau an der Stelle den Eid auf die Verfassung, an der der von Donald Trump fanatisierte Mob am 6. Januar den Kongress stürmte, um die Zertifizierung von Bidens Wahl mit Gewalt zu verhindern.

Der schändliche Versuch ist gescheitert. Der Brandstifter hat in Schimpf und Schande das Weiße Haus verlassen, muss sich nun bei einem zweiten Impeachment verantworten und hat für seine Hetze in den sozialen Medien einen längst überflüssigen Maulkorb verpasst bekommen. Dass er als erster Präsident seit mehr als 150 Jahren nicht an der friedlichen Übergabe der Macht an seinen Nachfolger teilnahm, dürfte kaum jemanden überraschen. Trump hat sich damit selber disqualifiziert. Sein Stellvertreter Mike Pence bewies mehr Größe als der narzisstische Bewunderer von Diktatoren und Autokraten. Washington und die Welt atmen tief durch, dass dieser Albtraum endlich vorüber ist. Das "amerikanische Gemetzel", über das Trump vor vier Jahren bei seiner Amtseinführung sprach, ist unter seiner Führung Wirklichkeit geworden. Die 400 000 Covid-Toten und 25 000 Nationalgardisten stehen als sichtbares Zeichen dafür.

Biden trifft bei seiner Rede zur Amtseinführung den richtigen Ton, um die Seele einer tief verletzten Nation zu heilen. Mit seinem leidenschaftlichen Appell zur Einheit, versucht er wieder die Vereinigten Staaten von Amerika herzustellen. Biden kann den Vorwurf an sich abperlen lassen, zu naiv an die bittere Spaltung der Gesellschaft heranzugehen. Diese ist weder neu, noch unüberwindbar, sondern seit dem amerikanischen Bürgerkrieg manifest. In Variationen brachen die Konflikte während der Reconstruction-Ära, dem Vietnam-Krieg und den Kulturkriegen in den 80er Jahren immer wieder neu auf. Im Unterschied zu seinen Vorgängern, versuchte Tump nicht einmal die Temperatur zu senken, sondern goss Öl ins Feuer. Biden macht das Gegenteil. Dazu gibt es keine Alternative.

Dass Einheit nicht Beliebigkeit bedeutet, stellte Biden mit seinen Personalentscheidungen klar. Die Wahl von Kamala Harris zur Vizepräsidentin, die in der Rolle als erste Frau und Farbige Geschichte schreibt, ist eine klare Absage an die durch Rassismus geprägte Ära Trumps. Biden weiß, dass es ohne direkte Konfrontation mit der Ursünde Amerikas keine Erlösung gibt. Mit 78 Jahren und einer von persönlichen Schicksalsschlägen geprägten Lebensgeschichte bringt der älteste Präsident in der Geschichte des Landes ein tiefes Verständnis für diese Unterströmungen in der Gesellschaft mit. Biden geht es auch um die Wiederherstellung des Strebens nach dem Gemeinwohl und der Wahrheit. Er verspricht, anderen zu dienen. Zusammen geht es besser, als jeder für sich alleine. Biden sorgt sich nicht um die Größe der Menschenmenge, die ihm zujubelt, sondern hat sie aus Sorge um Gesundheit und Sicherheit anderer, bewusst klein gehalten. Biden drängt sich nicht in die Scheinwerfer, sondern zündet Lichter für die vielen Tausend Toten der Pandemie an

Zusammenarbeit statt Alleingänge ist auch das Ziel auf internationaler Bühne, wo Vorgänger Trump das Ansehen der USA mit seiner "America-First"-Politik gründlich ramponiert hat. Bei seiner Amtseinführung sprach der Außenpolitiker im Weißen Haus kaum über den Rest der Welt. Dafür sind die Aufgaben daheim zu dringend. Aber er hat sie nicht vergessen, wie die ersten Amtshandlungen im Oval Office zeigen. Unter anderen traten die USA wieder dem Weltklima-Abkommen bei und machten den Muslim-Bann rückgängig.

Da die Wunden tief sind, wird die Heilung Zeit brauchen. Aber der Prozess hat an diesem Mittwoch begonnen. Joe Biden ist als Versöhner und Tröster der richtige Mann an der Spitze der USA im richtigen Moment. Hoffentlich hat er Erfolg und macht Amerika wieder großartig.

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