Kniffliger Job für Baerbock
Die alte Regierung genehmigte Waffenlieferungen an Krisenstaaten. Die Außenministerin will der Praxis zu Recht einen Riegel vorschieben. Von Reinhard Zweigler
Regensburg (ots)
Die unbefleckte Empfängnis gibt es wohl nur in der Bibel. Die seit nicht einmal vier Wochen im Amt befindliche neue Ampel-Regierung muss auch einige unrühmliche Flecken der großen Koalition übernehmen. Wohl oder übel. Dass die Merkel-Scholz-Koalition offenbar noch nach der Bundeswahl am 26. September Rüstungsgeschäfte mit dem kriselnden und autoritär regierten Ägypten in Milliardenhöhe abgeschlossen hat, ist eine schwere Hypothek für die Ampel. Vor allem für die neue Bundesaußenministerin Annalena Baerbock, die nun mit diesem fragwürdigen Erbe umgehen muss. Wie glaubwürdig kann die Außenamtschefin denn auf internationalem Parkett für Rüstungskontrolle und Abrüstung auftreten, wenn ihr die anderen Staaten vorwerfen können, wie kräftig die deutschen Rüstungsexporte in die Höhe geschossen sind?
Für die Ministerin Baerbock ist die Lage besonders knifflig. Denn einerseits legen die aus der Friedensbewegung kommen Bündnis-Grünen besonders hohe politisch-moralische Ansprüche an ihr Regierungshandeln. Den gleichsam ehernen Grundsätzen von Frieden, Freiheit, Menschenrechten, Demokratie und Nachhaltigkeit laufen ins Kraut schießende Waffenexporte eigentlich diametral entgegen. Die Betonung liegt hier auf dem Wörtchen eigentlich. Denn andererseits kann sich auch deutsche, mithin grün administrierte Außenpolitik nicht von der vertrackten Wirklichkeit abkoppeln. Auch Baerbock ist gewissermaßen qua Amt zu einem Balanceakt verpflichtet. Manchmal sogar zu einem Eiertanz.
Für die kurz vor Toresschluss abgesegneten Rüstungsexporte der alten Regierung kann die grüne Ministerin nicht zur Verantwortung gezogen werden. Der damalige Vizekanzler und Finanzminister Olaf Scholz, heute der die Richtlinien vorgebende Kanzler auch für die Außenpolitik, dagegen schon. Doch die Ampel-Koalitionäre werden den Teufel tun, den Regierungschef heute für Entscheidungen des alten Sicherheitskabinetts zu piesacken. Und die Union, unter deren Wirtschaftsminister Peter Altmaier die Verträge durchgewunken wurden, wird schon gar nicht selbstbeschmutzende Vergangenheitsbewältigung betreiben. Um so wichtiger ist es nun, dass die deutsche Rüstungsexportpolitik strenger kontrolliert, klaren Regeln unterworfen und vor allem transparenter gemacht wird. Dies ist nicht nur der Anspruch der Grünen und ihrer Minister-Novizin, sondern der gesamten Ampel-Koalition. Ein Gesetz, dass diesen Ansprüchen aus dem Koalitionsvertrag gerecht wird, muss Baerbock so bald wie möglich vorlegen. Die Gretchenfrage dabei wird sein, ob es mit den bisher üblichen einsamen Entscheidungen des geheim tagenden Sicherheitskabinettes ein Ende haben wird oder nicht. Bislang fanden Rüstungsexporte in dieser grauen Blase ministerieller Entscheidungsträger statt. Die Öffentlichkeit, zumeist auch der die Regierung kontrollierende Bundestag, wurden erst mit erheblicher zeitlicher Verspätung unterrichtet. Akten und Beweggründe, warum bestimmte Waffen und Rüstungsgüter ausgerechnet in Krisenländer wie Ägypten oder in das in den blutigen Konflikt in Jemen verwickelte Saudi Arabien geliefert werden, bleiben unter Verschluss.
Baerbock, die Ampel-Regierung insgesamt, können nun zeigen, wie ernst es ihnen mit ihren moralischen Versprechen in der Rüstungsexportpolitik ist. Dass andere Waffenexporteure, vor allem die USA, aber auch Frankreich, Russland und China, ebenfalls kräftig am Export von Kriegsgerät verdienen, darf nicht zur Bemäntelung eines deutschen Weiter so dienen. Gerade in Pandemie-Zeiten, wo das Geld weltweit eigentlich dringend im Gesundheitsbereich und für die Bewältigung der Corona-Schäden benötigt wird, sind Rüstungsgeschäfte besonders unsinnig, gefährlich und unmoralisch.
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