Bischof lässt Gläubige verzweifeln/Rudolf Voderholzer äußert sich missverständlich über Missbrauch. Er gehört zu den Kirchenführern, die dabei scheitern, mit Fehlern umzugehen. Von Christine Strasser
Regensburg (ots)
Manchmal ist es kaum auszuhalten, katholisch zu sein. Gerade ist die Verzweiflung unter Gläubigen groß. Schuld sind die Kirchenführer. Ihr Versagen droht, die katholische Kirche als mittelalterliche Sekte in der Bedeutungslosigkeit verschwinden zu lassen. Und jetzt hat der Bischof von Regensburg auf der Synodalversammlung für Gläubige einen weiteren Grund geliefert, sich für ihre Kirche zu schämen. Rudolf Voderholzer äußerte sich gedankenlos über Missbrauch von Kindern und den Umgang der Kirche damit. Der Bischof hat klargestellt, dass er missverstanden wurde. Er hält die Verharmlosung des sexuellen Missbrauchs für verheerend. Aber allein die Tatsache, dass Voderholzer eine so missverständliche Aussage getroffen hat, ist zum Verzweifeln. Warum überhaupt eine Diskussion darüber vom Zaun brechen, was man berücksichtigen müsse, wenn heute über das Verhalten der Kirche in den 1970er und 1980er Jahre geurteilt wird? Über Missbrauch lässt sich eine ganz klare Aussage treffen. Er ist ein schreckliches Verbrechen. Das war er schon in den 1970er und 1980er Jahren. Das Verhalten der Kirche lässt sich ebenfalls knapp beurteilen. Es war falsch.Fehler muss man zugeben. Erst dann kann man auf Vergebung hoffen. Es ist wie bei der Beichte. Sünden können erst vergeben werden, wenn sie der Beichtende ehrlich bereut. Die Kirche und ihre Vertreter müssen um Vergebung bitten. Ein Bedauern oder eine Entschuldigung reichen nicht. Es muss endlich um die Opfer gehen. Die katholische Kirche hat versagt. Sie hat die Opfer sexualisierter Gewalt allein gelassen, sie nicht ernst genommen und verschwiegen. Sie hat stattdessen Täter geschützt. Seit der Veröffentlichung des Missbrauchsgutachtens im Bistum München und Freising rollt eine Austrittswelle. Das Gutachten zeigte, dass auch der spätere Papst Verbrechen nicht angemessen verfolgt hat. Benedikt XVI. brachte es aber bislang nicht fertig, sich für sein Fehlverhalten zu entschuldigen oder gar um Vergebung zu bitten. Er korrigierte eine falsche Aussage. Sie sei "Folge eines Versehens bei der redaktionellen Bearbeitung seiner Stellungnahme". Von Verteidigern Benedikts wird so getan, als ginge es darum, ob man von einem 94-Jährigen erwarten könne, dass er sich an den Wortlaut einer Sitzung erinnern könne, die Jahrzehnte zurückliegt. Darum geht es nicht. Es geht darum, dass Joseph Ratzinger Erzbischof von München und Freising war, als ein wegen sexuellen Missbrauchs rechtskräftig verurteilter Priester in das Erzbistum übernommen wurde. Der Mann arbeitete wieder als Seelsorger und missbrauchte erneut Kinder. Der emeritierte Papst ist nicht schuld an den Missbrauchstaten. Aber er muss einen Teil der Verantwortung dafür übernehmen, dass sie geschehen konnten. Er war der Erzbischof, der Oberhirte. Wenn er keine Verantwortung tragen will, dann hätte er das Amt nie übernehmen dürfen. Regensburgs Bischof Voderholzer hat eine der lautesten Stimmen im Chor derer, die Benedikt verteidigen. Aber in dieser Sache gibt es nichts zu verteidigen. Benedikt muss Verantwortung übernehmen und um Vergebung bitten. Dann wäre es auch wieder möglich, die Verdienste, die er unumstritten hat, und seine theologischen Leistungen anzuerkennen. Viele Menschen engagieren sich in Ostbayern in katholischen Schulen, Altenheimen, Krankenhäusern, Kirchengemeinden und Suppenküchen für christliche Werte. Für sie ist das Verhalten ihrer Kirchenführer bitter. Es ist nicht verwunderlich, wenn sie gerade verzweifeln. In Psalm 31,19 heißt es zwar: Der Herr ist denen nahe, die verzweifelt sind, und rettet diejenigen, die alle Hoffnung verloren haben. Allein es fehlt der Glaube, dass sich die katholische Kirche verändern will. Dabei wäre es einfach. Eine Bitte um Vergebung würde reichen.
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