Zurück in die Heimat, schnellstens Während einige Bundeswehr-Auslandseinsätze verlängert werden, fehlt der Bundesregierung der Mumm, die fragwürdige Mali-Mission zu beenden. Von Reinhard Zweigler
Regensburg (ots)
Es klingt zynisch, aber eigentlich müsste man Wladimir Putin im Westen dankbar sein. Spätestens als der Kremlchef just wenige Tage nach dem Ende der Olympischen Winterspiele von Sotschi im Februar 2014 die ukrainische Krim durch prorussische Verbände völkerrechtswidrig annektieren ließ, fielen auch die letzten Illusionen über die Friedfertigkeit des postsowjetischen Russland. In den westlichen Staaten, allen voran Deutschland, war die Bedrohung aus dem Osten seit dem Ende des Kalten Krieges als nur noch relativ gering betrachtet worden. Eine blauäugige Fehleinschätzung. Der eskalierende Ukraine-Russland-Konflikt zeigt, wie wichtig und abschreckend eine schlagkräftige Armee ist.
In Deutschland wurde, offenbar noch unter dem Eindruck des gewaltlosen Falls des Eisernen Vorhangs, die Bundeswehr besonders heftig abgespeckt. Hunderttausende Soldaten wurden entlassen, der Wehretat wurde kräftig zusammengestrichen. Das Wort vom "Steinbruch der Nation" machte die Runde. Es gab fatale Fehlentwicklungen, bei der Beschaffung von Rüstungsgütern, Waffen, Flugzeugen, Schiffen, digitaler Technik - und vor allem beim Personal, die bis heute nachwirken. Obendrein wurde die - freilich löchrige - Wehrpflicht unter dem oberfränkischen Gute-Laune-Minister Karl-Theodor zu Guttenberg beinahe im Handstreich ausgesetzt.
Doch die Welt um uns herum ist nicht voller Friedensengel, sondern es brodeln vielmehr zahlreiche kleinere bis größere Konflikte und brutal große Kriege, von Afghanistan, Syrien bis in den Sudan oder Mali. Sich aus all dem rauszuhalten, wie es jahrzehntelang in der deutschen Politik möglich und üblich war, geht schon lange nicht mehr. Auch die Verteidigungspolitik steuert seit einigen Jahren um. Allerdings geschieht das, angesichts der Herausforderungen noch nicht kraftvoll genug. Der Wehretat dürfte in diesem Jahr zwar über 50 Milliarden Euro klettern. Damit ist Berlin jedoch vom Zwei-Prozent-Ziel der Nato, gemessen am Bruttoinlandsprodukt, noch sehr weit entfernt.
Gestern nun gab das Ampel-Kabinett grünes Licht für die Verlängerung von zwei Auslandseinsätzen. Die noch notwendige Zustimmung des Bundestages gilt als sicher. Dabei stehen sowohl die Seeraumüberwachung im Mittelmeer durch Schiffe der deutschen Marine als auch die Uno-Mission im Südsudan kaum im Fokus der Öffentlichkeit. Derzeit gibt es allein elf Missionen im Ausland, an denen deutsche Soldaten und Soldatinnen beteiligt sind, oft unter Einsatz ihres Lebens. Über 100 Todesopfer waren bisher zu beklagen. Noch mehr kehren verwundet und traumatisiert zurück.
Doch in der Corona-geplagten Heimat werden die gefährlichen Einsätze weitgehend mit freundlich-routinemäßigem Desinteresse begleitet, wenn überhaupt. Aber das haben die Soldatinnen und Soldaten, die von der Politik auf gefährliche militärische Missionen geschickt werden, nicht verdient. Eine Kultur der Würdigung ihres Einsatzes, immerhin für Frieden und Stabilität in Krisenregionen, steckt in Deutschland noch in den Kinderschuhen.
Und beim derzeit größten, gefährlichsten und zugleich fragwürdigsten Auslandseinsatz der Bundeswehr in Mali fehlt der Ampel-Regierung offenbar der Mumm, die beiden Missionen in der ehemaligen französischen Kolonie möglichst rasch zu beenden. Zumal sich in der malischen Hauptstadt Bamako eine Militärclique an die Macht geputscht hat, die nichts Gutes für das bettelarme und von Korruption sowie Drogen- und Menschenschmuggel geprägte Land verspricht.
So bitter es für Mali ist, doch unter diesen Bedingungen können deutsche Soldaten und Soldatinnen im Wüstenstaat ihre Stabilisierungs-Mission nicht erfüllen. Sie sollten in die Heimat zurückgeholt werden. So schnell wie möglich.
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