Sterile Spiele/Olympia neigt sich dem Ende zu. Der Funke sprang selten über. Deutschland hat seine goldene Nische gefunden. Ansonsten gefällt es sich in der Rolle des ewigen Mahners. Von Heinz Gläser
Regensburg (ots)
So richtig erwärmen mochte sich für das Spektakel auf Eis und Kunstschnee kaum jemand. Der Funke der Begeisterung sprang allzu selten über. Denn bisweilen hatte man aus der Ferne den Eindruck, diese Winterspiele, die am Sonntag zu Ende gehen, würden in einer Eiswüste auf einem fremden Planeten ausgetragen. So entrückt ist Olympia den Menschen hierzulande mittlerweile, dass sie ihre Aufmerksamkeit lieber vordringlicheren Dingen schenken. All das ist Peking schwerlich zum Vorwurf zu machen. Die Bedingungen der Pandemie diktierten sterile Spiele mit einem Minimum an Zuschauern - zumal in einem Land, in dem es dem Wintersport an Tradition gebricht. Zum Thema Menschenrechte, zur Instrumentalisierung der fünf Ringe für staatliche Propagandazwecke ist alles gesagt. Vielleicht noch eines: Das Ereignis wäre München und dem Voralpenland bei der Vergabe im Juli 2015 in Kuala Lumpur höchstwahrscheinlich in den Schoß gefallen, hätten die Verantwortlichen seinerzeit die Mehrheit der Bevölkerung auf ihre Seite gebracht. Wer auch immer jetzt auf den angeblich Diktatoren-hörigen Deutschen Thomas Bach an der Spitze des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) eindrischt, möge dies bedenken. Stichwort Prügelknabe: Das IOC reiht sich ein in die Riege der großen internationalen und nationalen Sportorganisationen, deren Ruf als völlig ruiniert gelten darf. Zu offensichtlich ist das von der unbändigen Gier getriebene Streben der Funktionäre, ständig neue, lukrative Märkte zu erobern. Die Seilschaften, die sich zu diesem Zweck bilden, sind schon längst identifiziert. Auf Peking folgt im kommenden Winter die Fußball-Weltmeisterschaft im Wüstenstaat Katar. Hätte ein Satiriker solche Absurditäten früher mal vorhergesagt, man hätte ihn wohl kopfschüttelnd von der Bühne gejagt. Zu weit hergeholt, dieser Gag. Reduziert man den Blick auf Peking aufs rein Sportliche, was schwerfällt, und die deutsche Bilanz, ist die Medaillenausbeute erneut respektabel. Beim zweiten Hinsehen fällt indes auf, dass die Breite der Leistungen schwindet. In olympischen Kernsportarten wie Ski alpin und Eiskunstlauf droht man den Anschluss zur Weltspitze endgültig zu verlieren. Das trifft im Biathlon-verrückten Deutschland selbst auf die Skijäger zu, die einst - noch gar nicht so lange her - Garanten für eine Flut an Edelmetall waren. Aktuell reicht es nur noch zu Achtungs- und Überraschungserfolgen. Den Nordischen Kombinierern, deren Markenzeichen früher die donnernde Dominanz war, ergeht es ganz ähnlich. In den hippen Trendsportarten wie in der Halfpipe sind die Athletinnen und Athleten des Deutschen Ski-Verbandes (DSV) derweil fast schon Exoten. Dabei sein ist alles, weil die Luft nach oben einfach zu dünn ist. Bleibt die Domäne im Eiskanal. Er ist eine sprudelnde Goldquelle, hübscht die Bilanz auf und bemäntelt sonstige Defizite. Die Bobfahrer, Rodler und Skeletonis sind eine Medaillenbank. Netter Nebeneffekt: Die an sich zweifelnde Hightech-Nation Deutschland kann allemal noch sportliches Gerät konzipieren und fertigen, das die überschaubare Konkurrenz auf der Bahn alt aussehen lässt. Leichtathleten fragen sich oftmals zu Recht, warum sie sich gegen Rivalen aus Samoa, von den Amerikanischen Jungferninseln und überhaupt gegen Gegner aus aller Herren Länder behaupten müssen, während die Starterfelder im Wintersport geografisch und klimatisch bedingt arg ausgedünnt sind Deutschland hat seine goldene Nische gefunden. Ansonsten gefällt es sich in der Rolle des Mahners, fordert eine Rückbesinnung auf die olympischen Ideale ein und verharrt im Schmollwinkel. Sehr konstruktiv ist das nicht. Wer ständig nur herumkrittelt, macht sich irgendwann unglaubwürdig. Die Idee eines olympischen Wintermärchens vor der Haustür bleibt bestechend. Sie ist nur leider der Mehrheit der Bevölkerung derzeit nicht vermittelbar.
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