Putins erbärmlicher Krieg/Der Kremlchef lässt mit dem Angriff auf die Ukraine das Völkerrecht von Panzern überrollen. Der Überfall hat auch für den Westen Konsequenzen. Von Reinhard Zweigler
Regensburg (ots)
Er hat es doch getan. Am frühen Morgen des 24. Februar 2022 ließ Wladimir Putin die russische Armee einen völkerrechtswidrigen, erbärmlichen Angriff auf die souveräne Nachbarrepublik Ukraine beginnen. Das ist einer der schwärzesten Tage seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges. Wahrscheinlich wird man sich an dieses Datum noch in Jahrzehnten erinnern, so wie an den 11. September 2001, als islamistische Terroristen Anschläge in den USA verübten. Putin hat all seinen Beteuerungen zum Trotz mitten in Europa einen Krieg begonnen, der durch nichts, aber auch gar nichts gerechtfertigt werden kann. Um seine politischen Großmacht-Ziele mit brutaler Waffengewalt durchzusetzen, nimmt der Aggressor im Kreml unsägliches Leid, Tote, Verwundete, Vertriebene kaltblütig in Kauf. Offenbar will er nicht nur erzwingen, dass die Ukraine niemals Mitglied der Nato wird, sondern auch seinen Machtbereich auf das ehemalige Kernrussland, unter Einschluss der Ukraine und von Belarus, ausdehnen. Putin, der in der Auflösung der Sowjetunion vor über drei Jahrzehnten eine Katastrophe sieht, stellt sich mit seinem Überfall auf den westlichen Nachbarn auf eine Stufe mit blutigen Diktatoren des 20. Jahrhunderts. Stalin und Hitler hatten zu Beginn des Zweiten Weltkriegs keinerlei Skrupel, Polen aufzuteilen und die baltischen Staaten zu überrennen. Nun lässt Putin das Völkerrecht von Panzern überrollen und das Selbstbestimmungsrecht der Ukraine mit Raketen zerstören. Das ist eine schlimme Zäsur nach dem Ende des Kalten Krieges. Und dies wird geopolitisch weitreichende Konsequenzen nach sich ziehen. Nach Putins kruder Lesart sind Kriege zur Umsetzung politischer Ziele mitten in Europa wieder führbar. Das war bis vor wenigen Tagen noch für viele Menschen undenkbar, wahrscheinlich auch in Russland selbst. Und dass sich Putin zur Rechtfertigung des blutigen Militärangriffs ausgerechnet auf die Uno-Charta - das Recht auf Selbstverteidigung nach Artikel 51 - beruft, schlägt dem Fass den Boden aus. Für so viel Frechheit und Zynismus gibt es in der jüngeren Weltgeschichte nur wenige Beispiele. Und plötzlich fügt sich ein Mosaiksteinchen zum anderen. Peking etwa reagierte äußerst zurückhaltend auf den hinterhältigen russischen Angriff. Hat Putin bei seinem Besuch zur Eröffnung der Olympischen Winterspiele etwa den chinesischen Machthaber Xi Jinping ins Benehmen gesetzt? Wurde gar gedealt: Wir holen uns die Ukraine und Peking bekommt freie Hand bei Taiwan? Sowohl Moskau als auch Peking schmieden längst eine Allianz gegen Nato und EU. Der Krieg gegen die Ukraine könnte, so gesehen, ein schreckliches Puzzleteil bei der angestrebten Neuordnung der Welt darstellen. Binnen weniger Tage jedenfalls hat der Moskauer Alleinherrscher sämtliche diplomatischen Bemühungen um Frieden und Entspannung zunichtegemacht. Als Putin mit Scholz oder Macron am langen Verhandlungstisch im Kreml saß, lagen die Pläne für den Militärangriff offenbar längst fertig in der Schublade und waren auf den Militär-Computern abgespeichert. Das Vernebeln, Täuschen, Lügen und Drohen gehört zum Arsenal des einstigen KGB-Majors im Kreml. Die Nato muss angesichts der russischen Invasion gegen die Ukraine nun erstens Geschlossenheit und Verteidigungsbereitschaft beweisen wie noch nie. Das dürfte deutlich höhere Anstrengungen und Verteidigungsausgaben Deutschlands nach sich ziehen. Und mittelfristig müssen wir hierzulande unabhängiger von russischem Gas und Öl werden. Zweitens müssen für Putin und das ihn tragende System wirklich einschneidende Sanktionen ergriffen werden. Bisherige Maßnahmen des Westens haben ihn nicht beeindrucken können.
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