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Ränkespiele im Fußball
Der von Krisen und Skandalen gebeutelte DFB wählt einen neuen Präsidenten. Die beiden Kandidaten verkörpern das Dilemma, in dem der Verband steckt. Von Heinz Gläser

Regensburg (ots)

Der Mann ist um seine Aufgabe wahrlich nicht zu beneiden. Gewiss, sie verspricht Prestige, Einfluss, ein Höchstmaß an öffentlicher Wahrnehmung. Aber sie verheißt auch jede Menge Ungemach. Gesucht wird jemand, der tiefe Gräben zuschüttet, verfeindete Lager versöhnt, diverse Skandale der Vergangenheit aufarbeitet. Gesucht wird einer, der auf dem glatten Parkett der internationalen Sportpolitik genauso trittsicher ist wie im dampfigen Hinterzimmer eines Vereinsheims. Gesucht wird: ein neuer Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), der sich seit Jahren als heillos zerstrittener Haufen präsentiert und als Biotop verquerer Eitelkeiten der Funktionäre sein Image nachhaltig oder sogar irreparabel ramponiert hat. Wenn an diesem Freitag in Bonn mehr als 250 Delegierte den Nachfolger des glücklosen und an seiner naiv anmutenden Jovialität gescheiterten Fritz Keller an der DFB-Spitze küren, spricht sehr wenig für einen gelungenen Neuanfang. Denn schon im Vorfeld brachen sich die alten Konflikte Bahn. Aus einer spektakulären Verbrüderung der ehemaligen Verbandsfürsten Theo Zwanziger, Reinhard Grindel und Keller resultierte ein donnernder Appell an die Versammlung, endlich das "System Rainer Koch" zu sprengen. Doch genau dies ist wohl eher ausgeschlossen. Dabei fußt die starke Position des langjährigen DFB-"Vizes" und machtbewussten Strippenziehers aus Bayern beileibe nicht auf einer ungeheuren Beliebtheit im Fußballvolk. Vielmehr genießt der versierte Netzwerker breiten Rückhalt, weil er sich als kompromissloser Interessenvertreter des Amateurlagers inszeniert, mithin als Galionsfigur jener, dies sich im Milliardengeschäft Fußball chronisch übergangen fühlen. Koch ist der Mann der Basis, das ist sein Pfund, mit dem sich im 7,1 Millionen Mitglieder zählenden Sportfachverband bestens wuchern lässt. Die beiden Kandidaten Bernd Neuendorf und Peter Peters verkörpern das Dilemma, in dem der DFB steckt. Der Verband hält mühsam beisammen, was bei Lichte besehen längst nicht mehr zusammengehört. Zu groß sind die Interessengegensätze zwischen Amateuren und Profis. Dieses permanente Spannungsfeld - hier die Niederungen der Bolzplätze, dort die Beletage der Bundesliga - überfordert selbst den geschmeidigsten Funktionär. Hinzu kommt das Aushängeschild Nationalmannschaft, das sich unter der Ägide des Managers Oliver Bierhoff zusehends vom DFB abnabelte und wie ein eigenständiger Geschäftszweig agierte. Der ehemalige nordrhein-westfälische Staatssekretär Neuendorf geht als Kandidat des mächtigen Amateurlagers und damit als klarer Favorit ins Rennen. Ihm fehlt der Stallgeruch, aber das gereicht ihm in diesem Fall zum großen Vorteil. Denn er ist unbelastet von den Ränkespielen und Intrigen der Vergangenheit. Dass die Deutsche Fußball-Liga (DFL) als Interessenvertretung der Profiklubs derweil lediglich den früheren Schalker Finanzchef Peter Peters als Kandidat aufzubieten vermag, spricht Bände. Hinter Schwergewichten wie Uli Hoeneß, Rudi Völler oder auch Philipp Lahm würde sich das Fußballvolk vermutlich gerne versammeln, aber die winken mit Blick auf das Chaos im Verband ab. Peters versuchte in den vergangenen Wochen, sein Profil mit forschen Ansagen zu schärfen. Er geißelte ein "Klima der Angst" im Verband, diskreditierte seinen Gegenspieler Neuendorf als einen Kandidaten von Kochs Gnaden. Das Image des blassen Funktionärs haftet Peters dennoch an wie Baumharz den Fingerkuppen. Endlich für Ruhe im kriselnden Verband zu sorgen, wird die vordringlichste Aufgabe des neuen Präsidenten sein. Etwas mehr Bescheidenheit im Gegensatz zu seinen sendungsbewussten Vorgängern kann da nicht schaden. Gelingt es nicht, die Lager zu versöhnen, manövriert sich der DFB immer weiter ins Abseits. Und dort gibt es im Fußball bekanntlich nichts zu gewinnen.

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