Widersinnig: Starre Strompreise trotz volatiler Erzeugung
Warum kein "Waschmaschinentarif"?
Holzminden (ots)
Mit einer provokanten These sticht Rudolf Sonnemann, Vorsitzender der Geschäftsführung des Mittelständlers STIEBEL ELTRON, aus der derzeitigen Strompreisdiskussion hervor: "Strom muss bezahlbar bleiben, das ist klar. Was ich nicht verstehe, ist, dass angesichts der zunehmenden volatilen Erzeugung über Sonne und Wind und des damit einhergehenden temporären Überangebots an Strom keine variablen Tarifsysteme angeboten werden. Zeitweise ist Strom an der Börse spottbillig, aber dieses Angebot kommt beim Endkunden nicht an. Das muss anders werden. Darauf zielen auch die entsprechenden Regelungen im Energiewirtschaftsgesetz ab, passiert ist in der Realität aber noch nichts."
Sonnemann führt das niedersächsische Haus- und Wärmetechnikunternehmen, das sich seit fast 40 Jahren auf die Produktion von Geräten zur Nutzung erneuerbarer Energien spezialisiert hat und mit 1.500 Mitarbeitern am Stammsitz in Holzminden, 2.000 Beschäftigten in Deutschland und 3.000 weltweit einen jährlichen Umsatz von fast 500 Millionen Euro erwirtschaftet, seit 1999. Der Vordenker für Umwelttechnologien fordert, dass die Politik unverzüglich handelt und naheliegende Potenziale nutzt: "Warum schreibt man den Versorgungsunternehmen nicht zwingend vor, zum Beispiel einen 'Waschmaschinentarif' - so möchte ich ihn mal nennen - anzubieten oder reizt diesen über den Wegfall der Stromsteuer gezielt an? Geräte, ob Wärmepumpe, Waschmaschine oder Trockner, werden eingeschaltet, wenn eine entsprechende Information vom Energielieferanten übermittelt wurde - vielleicht auch per Internet - dass genau jetzt ein Überangebot an Strom vorhanden und diese Energie, beispielsweis aus Wind- oder Sonnenkraft, zu einem deutlich reduzierten Strompreis zu bekommen ist. Ich bin mir sicher, dass es jede Menge Privathaushalte gibt, die diesen Tarif nutzen würden! Das Ausland will den Überschussstrom auch nicht mehr haben und zudem bezahlt der Endkunde auch für diesen verbilligten Exportstrom in Deutschland die EEG-Umlage. Ein neues Strommarktdesign muss eine variable Tarifgestaltung zwingend beinhalten."
Als "widersinnig" bezeichnet Rudolf Sonnemann die derzeit gängige Praxis in Sachen Stromhandel. "Die Energiewende ist beschlossen, hat längst begonnen. Und die Akzeptanz in der Bevölkerung für die Nutzung erneuerbarer Energien ist groß. Der deutsche Strommix wird immer grüner, das Image von Strom wird zu Recht immer positiver. Die Zeiten, als Strom umweltpolitisch verteufelt wurde, sind zu Ende, Strom ist im Gebäudebereich die Leitenergie der Zukunft. Schon jetzt beträgt der Anteil des regenerativ erzeugten Stroms im Netz rund 23 Prozent." Durch die massiven Veränderungen auf Erzeugerseite in den letzten Jahren sei der erneuerbare Strom heute schon zu extrem geringen Kosten an der Börse zu bekommen: "Die Schwankungen bei der Erzeugung finden fast zeitgleich einen Widerhall an den Strombörsen, teilweise ist der Strom für unter einem Cent die Kilowattstunde zu bekommen. Auf diese veränderte Erzeugersituation müssen Politik und Strommarkt gemeinsam eine adäquate Antwort finden."
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