Schafft der Bürovermietungsmarkt ein neues Rekordvolumen? - Hohe Nachfrage und sinkender Leerstand
Frankfurt (ots)
Der ungewöhnlich lange und stabile Konjunkturaufschwung hält auch zum Ende des dritten Quartals an. In der aktuellen Konjunkturprognose der führenden Forschungsinstitute wurde für 2017 ein Wachstum von 1,9 % vorausgesagt, auch für 2018 gab es eine Korrektur nach oben, von 1,8 % auf 2 %. Neben dem traditionell starken Export trägt auch die Binnenkonjunktur maßgeblich zu diesem Aufschwung bei. Diese positiven Konjunkturdaten werden auch nicht durch den Rückgang im aktuellen ifo-Index getrübt. Der leichte Dämpfer in der September-Umfrage ändert nichts an dem überdurchschnittlich hohen Niveau des Index' sowohl bei den Unternehmenserwartungen als auch bei der aktuellen Lagebewertung.
Ob diese etwas verhaltenere Einschätzung der Unternehmen die Furcht vor einer konjunkturellen Überhitzung widerspiegelt, ist schwer zu beurteilen. Fakt bleibt aber, dass Deutschland nicht nur stark vom Welthandel und von den niedrigen Zinsen profitiert, sondern sich auch in punkto Wettbewerbsfähigkeit behaupten kann und so als Standort für Unternehmen nach wie vor einen guten Ruf genießt. In der jüngsten vom Weltwirtschaftsforum veröffentlichten Rangliste der wettbewerbsfähigsten Länder der Welt steht Deutschland 2017 wie im Vorjahr auf Platz fünf. Besonders gut schneidet Deutschland auf den Feldern Innovation, Technologiebereitschaft, Infrastruktur, Kartellrecht, Bildungsqualität und Konzern-Forschungsausgaben ab. "Wir beobachten, dass für Unternehmen neben der reinen Kostenbetrachtung solche Themen immer wichtiger werden. Das gilt auf globaler Ebene genauso wie auf regionaler oder lokaler Ebene in Deutschland selbst. Gepusht durch den fortschreitenden Mangel an Fachkräften müssen die Unternehmen innovative und technologiebasierte Angebote schaffen, um letztendlich auch wettbewerbsfähig zu bleiben", betont Timo Tschammler, CEO JLL Germany.
Hohe Nutzernachfrage mit anhaltender Expansion
"Die hohe Beschäftigungsquote in Deutschland mit einem weiter wachsenden Dienstleistungssektor ist nach wie vor die Basis für eine hohe Nutzernachfrage mit anhaltender Expansion", so Tschammler. Und weiter: " 'Neue' Nutzertypen einer dynamischen Start-up-Szene positionieren sich und deren Erwartungen an eine Bürofläche in Bezug auf Preis, Nutzen und Flexibilität stoßen mehr und mehr auch in andere Branchen vor. Nicht zuletzt deshalb hat sich Coworking in den deutschen Büroimmobilienhochburgen zu einem bedeutenden Trend entwickelt. Viele nationale und internationale Coworking-Anbieter treten sehr expansiv am Markt auf und bieten bei rückläufigem Angebot neuer und hochwertiger Büroflächen alternative Arbeitsorte für Unternehmen. Allerdings: nicht für alle und nicht für jeden Nutzer kommen solche Modelle in Frage. Der deutsche Büromarkt steht insofern vor der Herausforderung, sehr genau nutzerspezifisch Bürokonzepte anzubieten und zu entwickeln. Scheinbar erfüllen zahlreiche Bestandsobjekte diese Anforderungen nicht in vollem Umfang, denn umzugswillige Nutzer weichen vermehrt auf Projektentwicklungen aus."
Bestes Dreivierteljahresergebnis - Frankfurt mit höchstem Umsatzzuwachs
Mit 2,94 Mio. m², entsprechend einem leichten Plus von 2 %, bewegt sich das Umsatzvolumen in den Big 7 (Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Köln, München und Stuttgart) im Dreivierteljahreszeitraum auf dem Niveau des Vorjahres. Es ist das beste Dreivierteljahr in der Büroimmobilien-Umsatzstatistik. Ob das vierte Quartal die außergewöhnlich hohen Volumina des Vergleichszeitraumes im Vorjahr erzielen kann, ist noch nicht entschieden. Davon hängt auch ab, ob 2017 an das Rekordergebnis des Vorjahres (3,98 Mio. m²) heranreichen kann.
In der Städtebetrachtung zeigen sich einige Unterschiede und Auffälligkeiten. Während in Köln und Stuttgart die Volumina um jeweils rund 17 % gesunken sind - allerdings überwiegend geprägt durch den Mangel an zur Verfügung stehenden Flächen - hat der Umsatz in Frankfurt kräftig um 21 % auf über 415.000 m² zugelegt. Selbst nahezu ohne Brexit-Deals macht sich die boomende Wirtschaft immer deutlicher auch auf dem Frankfurter Vermietungsmarkt bemerkbar. "Es stehen bis Ende des Jahres noch einige Großdeals - ohne Brexit-Bezug - aus, so dass wir für die Bankenmetropole ein sehr dynamisches Schlussquartal erwarten", so Helge Scheunemann, Head of Research JLL Germany.
Eine andere Stadt bleibt aber in Bezug auf das absolute Volumen das Maß aller Umsatzdinge. Zum dritten Mal in Folge steht Berlin im Neunmonatszeitraum mit knapp 707.000 m² vor München mit 603.000 m². Hamburg mit einem Plus von 6% liegt auf Platz 3 vor der hessischen Immobilienhochburg sowie Düsseldorf, Köln und der schwäbischen Metropole.
Die großen Vertragsabschlüsse jenseits der 10.000 m² haben ihre positive Entwicklung fortgesetzt bzw. sogar noch verstärkt. Summierten sich zum Halbjahr insgesamt 16 Deals dieser Größenordnung auf knapp 375.000 m², so sind allein im dritten Quartal noch einmal 13 Abschlüsse mit einem Gesamtvolumen von 232.000 m² hinzugekommen. Damit steigt der Anteil am Gesamtvolumen nochmals leicht auf über 21 % des gesamten Jahresumsatzes an.
Leerstandsquote durchbricht die 5%-Marke - Stuttgart leidet richtig
"Nichts Neues an der Angebotsfront. Zu wenig Neubau, zu wenig qualitativ hochwertiger Leerstand. Auf diese einfache Formel lässt sich dieses Kapitel auch zum Ende des dritten Quartals bringen. Die Büroflächenpipeline steigt zwar wieder an und auch der Anteil spekulativer Entwicklungen nimmt wieder zu, dennoch bleiben aber gerade innenstadtnahe Büro-Projekte im scharfen Wettbewerb mit den von den Städten und Gemeinden favorisierten Wohnimmobilien" betont Scheunemann.
Der Büroflächenleerstand ist in allen Big 7- Märkten auch in den Monaten Juli bis Ende September weiter gesunken und liegt nun bei 4,56 Mio. m². Dies entspricht einer Leerstandsquote von nur noch 4,9 %. Das Angebot von kurzfristigen Anmietungsoptionen für Unternehmen hat sich innerhalb der letzten 12 Monate um rund 770.000 m² reduziert. Der offensichtlichste Flächenmangel zeigt sich nach wie vor in Stuttgart. Am Neckar haben sich die Leerstände im 12-Monatszeitraum um weitere 27 % reduziert, die Leerstandsquote ist unter die 3 %-Marke gefallen. Da auch das Angebot an Neubauflächen weiter abgenommen hat (nur knapp 33.000 m² neue oder umfassend sanierte Flächen kamen in den ersten neun Monaten auf den Markt), haben umzugswilligen Unternehmen oftmals keine Alternative, als in ihren Bestandflächen zu bleiben. Dies ist dann letztendlich auch der Grund für das rückläufige Umsatzergebnis in Stuttgart, da solche Vertragsverlängerungen nicht mit in die Statistik einfließen. Die gute Umsatzentwicklung hat auch in Frankfurt zu einem deutlichen Rückgang der Leerstandsflächen geführt. Mit einer Quote von 8,2 % liegt die hessische Immobilienhochburg zwar immer noch an der Spitze der Big 7, dennoch hat sich das Volumen innerhalb eines Jahres um rund 200.000 m² bzw. 18 % reduziert.
40% weniger Fertigstellungen in den Big 7
Über alle sieben Hochburgen hinweg wurden zwischen Januar und Ende September etwas über 500.000 m² Bürofläche fertiggestellt, ein Minus von fast 40 % gegenüber dem Vergleichszeitraum in 2016. Außer in Düsseldorf, wo sich das Neubauvolumen in den vergangenen 12 Monaten verdoppelt hat, und einem stabilen Niveau in Hamburg, zeigen die Fertigstellungsvolumina in den übrigen fünf Städten nach unten. Für das Schlussquartal zeigt die Pipeline aktuell noch knapp 452.000 m², 24 % davon stehen den Mietern aktuell noch zur Verfügung, die restlichen Flächen sind bereits vorvermietet oder an Eigennutzer vergeben. Damit würde sich das gesamte Fertigstellungsvolumen 2017 auf rund 960.000 m² summieren. Auch das läge dann immer noch etwa 200.000 m² unter dem Vorjahresergebnis. "Vor diesem Hintergrund wird sich an dem Angebotsengpass an guten, modernen und top ausgestatteten Büroflächen zumindest in diesem Jahr nichts mehr ändern, die Märkte bleiben in allen Städten eng oder leergefegt", meint Scheunemann. Das könnte nächstes Jahr anders aussehen: nach aktuellem Stand stehen 2018 deutlich mehr Flächen in der Pipeline der Projektentwickler. Knapp 1,3 Mio. m² Neubauflächen könnten entstehen. Über die Hälfte der Neubauflächen sind aber bereits schon wieder vorvermietet oder werden von Eigennutzern errichtet.
Mietsteigerungen setzen sich fort
Die Büromieten steigen weiter moderat an. Dabei stehen nicht mehr nur die Spitzenlagen im Fokus, teilweise übertreffen die Mietsteigerungen in anderen Teilmärkten innerhalb der Metropolen (z.B. Mediaspree in Berlin) die der innerstädtisch zentralen Lagen. "Auch ein Zeichen dafür, dass sich neue und hochwertige Bürokonzepte nicht mehr ausschließlich auf Innenstädte konzentrieren. Wichtig für eine nachhaltig zu erzielende Miete sind neben der Ausstattung nach wie vor die Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln und eine gute Infrastruktur in Bezug auf Versorgung und Gastronomie", so Scheunemann.
Im Vergleich zum zweiten Quartal 2017 haben die Spitzenmieten in Berlin, Frankfurt und München in den Monaten Juli bis Ende September nochmals leicht angezogen. In Frankfurt und München jeweils um 50 Cent und in Berlin sogar um einen Euro. Für die anderen vier Hochburgen haben sich die Werte auf ihrem jeweiligen Stand eingependelt. In der 12-Monats-Betrachtung konnten die Berliner Spitzenmieten um mehr als 9 % zulegen, in Stuttgart ging es um knapp 5 % rauf, Hamburg und München verzeichneten ein Plus von jeweils 4 %. Keine Veränderung gab es in Köln und Düsseldorf. In beiden Rheinstädten verharrte die Spitzenmiete auf ihrem Vorjahresniveau. Der JLL-Spitzenmietpreisindex für die Big 7 hat nach den ersten neun Monaten 191,1 Punkte erreicht und damit den höchsten Wert seit dem ersten Quartal 2002. Für den Dreivierteljahreszeitraum 2017 ergibt sich damit ein Plus von 2,3 %.
"Insgesamt rechnen wir bis Ende des Jahres mit einem weiteren Anstieg der Mieten. Der Leerstandsabbau sorgt für anhaltenden Druck, in der Folge sollte über alle Hochburgen hinweg bis Jahresende ein weiterer Anstieg um 4,1 % gegenüber 2016 zu notieren sein. In der gleichen Größenordnung erwarten wir ein Gesamtjahreswachstum bei den Durchschnittsmieten. Sollte die Konjunktur keinen herben Dämpfer erleben, dürften auch über das Jahresende 2017 hinaus weitere Mietpreissteigerungen zu erwarten sein. Wie stark diese ausfallen werden, hängt in gewisser Weise auch von der Inflation ab, sofern Verträge mit entsprechenden Indexierungen versehen sind", so Tschammler.
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