Herbst 2018: Büroimmobilienmarkt der Big 7 geprägt von Angebotsknappheit und steigenden Mietpreisen
Frankfurt (ots)
Ist das Glas nun halb voll oder halb leer? In typisch deutscher Manier würde man eher zur negativen Aussage tendieren. Allerdings ist die Einschätzung der wirtschaftlichen Lage zum Ende des dritten Quartals alles andere als eindeutig. Mal steigt die Stimmung bei den Unternehmen bzw. "ist nicht so stark gesunken wie erwartet", dann machen sich wieder Unsicherheiten breit, die die zukünftige Lage belasten. Und andererseits senden sowohl Arbeitsmarkt als auch der Blick auf die ökonomischen Wachstumsraten eher positive Signale. "Diese Gemengelage aus einem Wechsel von belastenden Entwicklungen wie dem ausufernden Handelsstreit zwischen den USA und China und einer sehr robusten Binnenkonjunktur dürfte uns auch im letzten Quartal des Jahres begleiten", so Timo Tschammler, CEO JLL Germany. Und weiter: "Alles in allem zeigt sich die Konjunktur nach wie vor intakt und abseits der politischen Turbulenzen und Streitigkeiten sind es die in Deutschland wirtschaftenden Unternehmen, die derzeit die viel beschworene Stabilität ausstrahlen. Und gerade im Dienstleistungssektor, im Handel und in der Baubranche stehen die Ampeln weiter auf grün und schieben das Wachstum an."
Die Wirtschaft wird in diesem Jahr voraussichtlich um 1,9% zulegen, für 2019 werden laut Consensus Economics dann 1,7% erwartet. Und die Beschäftigung? Boomt weiter und vor allem der Dienstleistungssektor zeigt sich nach wie vor expansiv. Allein für 2018 wird ein Beschäftigungsplus von rund 350.000 erwartet und 2019 sollen weitere rund 300.000 Stellen geschaffen werden. Bei der Nachfrage der Unternehmen nach zusätzlichen Arbeitskräften nehmen die Rekrutierungsprobleme weiter zu und die Dauer der Stellenbesetzungsprozesse steigt. "In der Konsequenz für die Büroimmobilienmärkte stellen sich damit für Flächen suchende Unternehmen zwei Herausforderungen: Zum einen können Umzugspläne aufgrund des nach wie vor herrschenden Engpasses an verfügbaren Büroflächen nicht oder nur bedingt realisiert werden und zum anderen können geschäftliche Expansionen aufgrund des Fachkräftemangels gegebenenfalls nicht realisiert werden und anvisierte Umzugspläne bleiben zunächst in der Schublade", so Timo Tschammler.
Situation am Büroimmobilienmarkt
"Eine stabil hohe Flächennachfrage der Unternehmen kann aufgrund der Flächenknappheit - in zentralen Lagen herrscht ein eklatanter Flächenmangel - nicht bedient werden. Entsprechend steigen die Mietpreise auf breiter Front. Das in den letzten Jahren geringe Fertigstellungsvolumen hat kaum zur Entspannung beigetragen. Das könnte sich in den nächsten Jahren aufgrund der anziehenden Bautätigkeit ändern. Allerdings: Ob alle geplanten Projektentwicklungen rechtzeitig in Bau gehen, bleibt aufgrund der hohen Auslastung der Bauindustrie fraglich. Eine Stabilität oder gar Entspannung der Mietpreise ist nicht zu erwarten", fasst Timo Tschammler die aktuelle Situation am Büromarkt in den deutschen Immobilienhochburgen zusammen.
Umsatzvolumen bleibt hoch - aber nicht jeder Nachfrager findet Flächen
Die anhaltend positive konjunkturelle Entwicklung mit einhergehender sinkender Arbeitslosigkeit und wachsender Bürobeschäftigung schlägt sich in einer robusten Flächennachfrage nieder. Der Büroflächenumsatz in den sieben Büroimmobilienhochburgen zeigt sich im Dreivierteljahreszeitraum auf hohem Niveau, wenngleich er nicht an das Vorjahresergebnis heranreicht. Insgesamt wurden in den drei Quartalen des laufenden Jahres 2,84 Mio. m² vermietet oder durch Eigennutzer belegt. Dieses Ergebnis entspricht einem Rückgang im Jahresvergleich um knapp 6 %. Bei längerfristiger Betrachtung wird jedoch die gegenwärtige Nachfragestärke offensichtlich: +11 % im 5-Jahresvergleich und +21 % im 10-Jahreszeitvergleich. Ausschlaggebend für den aktuellen Umsatzrückgang sind die Einbußen in vier der sieben Märkte: von Hamburg minus 10 %, über Berlin und Köln (jeweils minus 21%) bis Stuttgart minus 25 %. Umsatz-Spitzenreiter ist einmal mehr München mit 686.000 m² und dem stärksten Wachstum gegenüber dem Vorjahreszeitraum (+14 %). Auf Rang zwei mit einem Umsatzvolumen von 575.000 m² steht Berlin, das allerdings einen Umsatzrückgang von 21 % zu verzeichnen hat. Frankfurt bleibt im Plusbereich.
"Bei den Unternehmen ist eine anhaltende Tendenz zur Expansion zu bemerken. Trotz der generellen Tendenz zur Erhöhung der Flächeneffizienz kommt es durch Personalaufbau und größeren Flächenzuschnitten in Gemeinschaftsbereichen häufig zu größeren Anmietungen als am Altstandort. Entsprechend hoch liegt die Nettoabsorption im laufenden Jahr bei 653.000 m²", so Matthias Barthauer, Research, JLL Germany. Und Timo Tschammler zur Prognose: "Bis Jahresende dürften wir eine weiterhin hohe Flächennachfrage am Büroimmobilienmarkt der Big 7 registrieren. Allerdings wird die limitiert durch das sich stetig verknappende Flächenangebot. Nicht jedes nachfragende Unternehmen kann mit entsprechenden Flächen bedient werden. Insofern gehen wir davon aus, dass das Resultat in 2017 (über 4 Mio. m²) nicht erreicht wird. Der Umsatz auf dem Büromarkt könnte 2018 bis zu 10% unter dem Rekordvolumen des Vorjahres liegen - immerhin noch 7 % über dem 5-Jahresschnitt."
Flexible Office Space-Betreiber weiter aktiv am Markt
Bei anvisierten Umzügen legen Unternehmen großen Wert auf das Büroumfeld, die Ausstattung, attraktive Gemeinschaftsflächen und einen allgemeinen Wohlfühlfaktor für die Beschäftigten. Dies sind ebenfalls Merkmale, die Flexible Office Space-Betreiber mit ihrem Produktangebot hervorheben. Im laufenden Jahr haben die Betreiber von Coworking & Co. rund 170.000 m² Büroflächen in den Big 7 neu angemietet. Das entspricht rund 6 % des Gesamtumsatzes. Spitzenreiter sind Frankfurt und Köln mit jeweils rund 11 %. "Wir sehen eine sehr hohe Nachfrage von Seiten der Betreiber nach innerstädtisch und gut erreichbar gelegenen Büroflächen. Wenn diese Nachfrage befriedigt werden könnte, läge der Umsatzanteil derzeit eher im zweistelligen Prozentbereich", betont Matthias Barthauer.
Die aktuelle Flächenknappheit ist somit Fluch und Segen zugleich für diese Betreiber: Fluch, weil sie selber erhebliche Schwierigkeiten haben, ihre Expansionspläne umzusetzen - Segen, weil "normale" Büronutzer, die ebenfalls die Flächenknappheit spüren, an Flexible Office Space-Standorten kurzfristig ihre Flächenengpässe ausgleichen können. Der Bestand an Flexible Office Space-Standorten wächst derzeit weiter: über 450 solcher Standorte haben geöffnet mit einer Fläche von rund 650.000 m². In den letzten drei Monaten des laufenden Jahres werden noch einmal weitere 25 Standorte mit fast 100.000 m² eröffnen.
Leerstand sinkt weiter - Boden aber bald erreicht
Die Flächenknappheit ist derzeit der zentrale Marktparameter. Er limitiert den Flächenumsatz und sorgt für steigende Mietpreise. Der Büroflächenleerstand in den Big 7 - im laufenden Jahr um 900.000 m² gesunken - liegt Ende September 2018 bei 3,65 Mio. m², entsprechend einer kumulierten Leerstandsquote von 3,9 %. Gegenüber dem Vorquartal ist sie damit um 40 Basispunkte, im 1-Jahresvergleich um 100 Basispunkte zurückgegangen. "Die Flächenknappheit gilt besonders in zentralen Lagen. Für viele Nutzer bedeutet das, entweder die Mietverträge in ihren Altflächen zu verlängern oder, bei unaufschiebbarem Veränderungsdruck, Flächen in Nebenlagen, je nach Größe auch im Umland, zu sondieren. Flexibilität verbunden mit Kompromissfähigkeit ist somit eine Notwendigkeit für Nutzer. Verkehrliche Erreichbarkeit und ein attraktives Umfeld sind dann aber zentrale Standortfaktoren, um bei den Arbeitskräften punkten zu können", so Timo Tschammler.
Nachdem sich in Frankfurt mit 6,6 % das erste Mal seit 2002 die Leerstandsquote relativ deutlich unter der 7% Marke bewegt, zeigt nach neun Monaten nur noch ein Markt unter den Big 7 eine Quote jenseits dieser Marke: Düsseldorf mit 7,1 %. Aber auch hier wird bis Jahresende ein Wert darunter erwartet. Die niedrigste Leerstandsquote schlägt auch weiterhin für Stuttgart zu Buche (2,3 %), gefolgt von Berlin (2,7 %).
"Mit einem erwarteten leichten Rückgang auf 3,8 % für die Big 7 insgesamt dürfte der Boden im aktuellen Zyklus erreicht sein, da durch erhöhte Neubautätigkeit in den folgenden Quartalen steigende Fertigstellungsvolumina abzusehen sind", betont Matthias Barthauer.
Das Neubauvolumen steigt
Insgesamt wurden im laufenden Jahr 556.000 m² Bürofläche realisiert (+ 10 % gegenüber Vergleichszeitraum des Vorjahres). Verfügbar waren zum jeweiligen Zeitpunkt der Fertigstellung lediglich 14 %. Auf Berlin, München und Hamburg entfiel jeweils ein Fertigstellungsvolumen von mehr als 100.000 m². Für die letzten drei Monate werden in den Big 7 noch einmal über 400.000 m² Fertigstellungen erwartet (davon 82 % bereits vormietet) - mit rund 170.000 m² wird das Volumen in München am höchsten sein.
2019 werden nach aktueller Prognose 1,77 Mio. m² neu auf den Markt kommen, im Jahr darauf sogar über 2 Mio. m². Die Bautätigkeit hat also weiter angezogen: Derzeit befinden sich 3,93 Mio. m² Büroflächen im Bau oder in umfassender Sanierung. Gegenüber dem Vorquartal ist das ein Plus um netto 250.000 m². Insgesamt stehen aus heutiger Sicht 44 % der im Bau befindlichen Flächen noch zur Verfügung. "Dies dürfte den Angebotsengpass ein Stück weit beseitigen. Zu beobachten ist allerdings auch, dass sich der Zeitpunkt der Fertigstellungen häufig verschiebt, insbesondere wegen der hohen Auslastung der Bauunternehmen und Handwerker", so Timo Tschammler.
Weiterer Mietpreisanstieg als Konsequenz des Angebotsmangels
"Der Mietpreis als Ergebnis aus Angebot und Nachfrage reagiert auf die aktuelle Marktsituation und kennt derzeit nur eine Richtung: nach oben. Wir sehen im aktuellen Zyklus einen Anstieg des JLL-Spitzenmietpreisindex seit dem Jahr 2010", so Timo Tschammler. Der aktuelle Wert notiert bei 201,85 Punkten und hat damit innerhalb der letzten zwölf Monate um 5,6% zugelegt. Im Vergleich zum Vorquartal legte die Spitzenmiete im dritten Quartal in sechs der sieben Märkte zu (außer Stuttgart) - in Berlin und Köln mit dem höchsten absoluten Betrag von +1,00 Euro/m²/Monat. Für Köln ist es der erste Anstieg der Bürospitzenmiete seit Mitte 2012. Im Jahresvergleich zeigt sich ein Zuwachs zwischen rund 3,8 % in Düsseldorf und Hamburg sowie 12,1 % in Berlin.
Der deutliche Anstieg der Mietpreise gilt nicht nur für die Spitzen-, sondern auch für Nebenlagen. Da auch hier der Leerstand aufgrund der zunehmenden Nachfrage sinkt, die von den zentralen Standorten auf diese Lagen übergeht, bleibt ein Mietpreisanstieg nicht aus. Für Berlin beispielsweise haben in 14 von 15 Teilmärkten die Spitzenmieten im Jahresverlauf angezogen - am stärksten im Teilmarkt Mitte um +40 %. Im Münchener Stadtgebiet ergibt sich ein ähnliches Bild: dort konnten in den ersten neun Monaten für elf von zwölf Teilmärkten steigende Spitzenmieten registriert werden, besonders stark im Teilmarkt Osten. Hier lag das Plus bei 19 %.
Zwischen dem vierten Quartal 2018 und Ende 2019 wird ein weiterer Anstieg der Spitzenmiete in sechs der Big7 erwartet. Nur Düsseldorf dürfte keine Veränderung aufweisen. JLL-Prognosen bewegen sich zwischen + 1,3 % (Frankfurt) und + 3,9 % (München).
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