JLL Büro-Immobilienuhr Q2 2023: Nachfrage bleibt träge, aber Mietwachstum nimmt Fahrt auf
Frankfurt (ots)
- Der Europäische Büromietindex des Immobilienberatungsunternehmens JLL steigt im zweiten Quartal 2023 um 1,5 Prozent gegenüber dem Vorquartal und 6,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
- Der Flächenumsatz im zweiten Quartal beläuft sich auf knapp zwei Millionen Quadratmeter, damit rund 27 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum und 15 Prozent unter dem Fünfjahresdurchschnitt im zweiten Quartal.
- Die europäische Büroleerstandsquote bleibt im zweiten Quartal konstant bei 7,6 Prozent.
- Die Fertigstellungen beliefen sich im zweiten Quartal 2023 auf insgesamt 1,1 Millionen Quadratmeter. Dabei entfiel die Hälfte der neuen Büroflächen auf London, Berlin und München.
Die in den USA am Ende des ersten Quartals aufgetretene Bankenkrise erlosch ohne nennenswerte Ansteckungseffekte auf Europa und dem restlichen Finanzsystem. Obwohl sich regionale Banken in den USA noch nicht aus ihrer Krise befreit haben, hat die Geldpolitik in Europa dazu geführt, dass das Geschäft hier wie gewohnt weitergeht - obwohl die makroökonomische Lage alles andere als gewöhnlich ist.
Die Inflation blieb im zweiten Quartal in vielen Ländern relativ hoch, ging aber auch weiter zurück und fiel im Juni in der Eurozone auf 5,5 Prozent und 7,9 Prozent im Vereinigten Königreich. Dies war auf Rückgänge bei Energie- und Rohstoffpreisen sowie auf reduzierte Kosten und Störungen in den Lieferketten zurückzuführen. "Die Bedenken hinsichtlich einer steigenden Kerninflation, die die Gesamtinflation in vielen Ländern übertroffen hat, nahmen im Laufe des Quartals ab, da die Kerninflation ihren Höhepunkt erreichte und ebenfalls wieder leicht zurückging", sagt Hela Hinrichs, Senior Director EMEA Research & Strategy.
Die wichtigsten Zentralbanken haben die Geldpolitik weiter gestrafft, um den Inflationsdruck besser in den Griff zu bekommen. Die EZB erhöhte im Laufe des Quartals zwei Mal ihren Leitzins um jeweils 25 Basispunkte, die Bank von England in zwei Runden um insgesamt 75 Basispunkte. Die Finanzmärkte rechnen weiterhin mit zusätzlichen Zinserhöhungen beider Zentralbanken, wobei dies bei der Bank von England stärker ausgeprägt ist. In den meisten Ländern in Mittel- und Osteuropa, die als erste Maßnahmen ergriffen hatten, blieben die Zinsen unverändert, während viele nordische Länder die Geldpolitik weiterhin strafften.
"Die Prognosen für das BIP-Wachstum im Jahr 2023 wurden im Laufe des Quartals größtenteils nach oben korrigiert, mit Ausnahme von Deutschland, wo eine Revision der historischen Daten sowohl die Wirtschaft in eine technische Rezession brachte als auch die Jahresprognose herabsetzte", erläutert Hinrichs. Auf dem gesamten Kontinent bleiben die Arbeitsmärkte solide und die Arbeitslosigkeit ist niedrig. Die Bedingungen haben sich etwas entspannt, was zu einem Rückgang der offenen Stellen geführt hat. Dennoch liegen sie noch über den langfristigen Durchschnittswerten. Das Verbrauchervertrauen setzte seine Erholung fort, während das Geschäftsvertrauen etwas schwächer wurde, jetzt auch im Dienstleistungssektor, der bisher besser als die Segmente Produktion und Bauwesen abgeschnitten hatte.
Für die nahe Zukunft wird erwartet, dass die Inflation in den meisten Volkswirtschaften weiter zurückgeht, die Zinsen ihren Höhepunkt erreichen und dann stabil bleiben, was für eine Vorhersehbarkeit der Preise und Finanzierungskosten sorgen wird Die Arbeitsmärkte werden stabil bleiben, wenn das Vertrauen zurückkehrt und die Wachstumsraten des BIP nach einem schwachen ersten Halbjahr wieder steigen.
Mietwachstum in zentralen Lagen und für hochwertige Büroflächen
Nachdem sich das Mietwachstum sich im ersten Quartal 2023 abgebremst hatte, hat der europäische Büromietindex im zweiten Quartal wieder an Tempo zugelegt (plus 1,5 Prozent gegenüber dem Vorquartal). Diese quartalsweise Veränderung liegt über dem Zehnjahresdurchschnitt von 0,9 Prozent.
Belegungs- und Mietkennzahlen schneiden bei hochwertigen Büros weiterhin besser ab als bei Flächen geringerer Qualität und in schlechteren Lagen. Kernstandorte in Europa werden voraussichtlich weiterhin ein positives Mietwachstum verzeichnen, wenn auch im niedrigen einstelligen Prozentbereich. Bei Topbüros, insbesondere bei Net-Zero-Carbon-Konzepten, ist mit einem starken zweistelligen Wachstum zu rechnen, da Unternehmen hier nur ein sehr begrenztes Angebot haben. "Ältere Gebäude in Nebenlagen werden weiterhin mit den größten Herausforderungen konfrontiert sein, da ihre Marktgängigkeit zunehmend infrage gestellt wird", warnt Hela Hinrichs.
Mietsteigerungen wurden in neun von 23 Indexmärkten beobachtet, darunter München (plus 7,9 Prozent gegenüber dem Vorquartal), Amsterdam (plus 5,0 Prozent), Utrecht (plus 3,5 Prozent), Lyon (plus 2,9 Prozent), Berlin (plus 2,4 Prozent), Paris (plus 2,2 Prozent) und Budapest (plus 2,0 Prozent). In den anderen Märkten gab es keine Veränderungen.
Flächenumsatz geht zurück und Mietentscheidungen verzögern sich weiter
Das zweite Quartal 2023 war von einer verhaltenen Büronachfrage geprägt. Mit knapp zwei Millionen Quadratmetern lag der Umsatz um 27 Prozent unter dem Wert des Vorjahresquartals und war der schwächste seit dem dritten Quartal 2020. Im ersten Halbjahr 2023 fiel der Flächenumsatz um 24 Prozent gegenüber dem entsprechenden Vorjahreszeitraum. Unternehmen zögern weiterhin, Entscheidungen zu treffen, was zu langen Verhandlungszeiten führt. "Der Fokus liegt entweder auf dem Verkleinern von Büroflächen in hochwertigen, nachhaltigen und zentral gelegenen Gebäuden oder auf der Neuverhandlung bestehender Mietverträge zur Kostensenkung. In einigen Fällen zwingt die Knappheit von hochwertigen Büroräumen im Stadtzentrum Mieter dazu, Räume in alternativen Teilmärkten zu suchen", beobachtet Hinrichs.
Regional verzeichneten sowohl Westeuropa (minus 28 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum) als auch Mittel- und Osteuropa (minus 15 Prozent) eine gedämpfte Quartalsnachfrage.
In Paris, dem größten Büromarkt Europas, betrug der Flächenumsatz im zweiten Quartal 421.000 m², wodurch sich das bisherige Jahresvolumen auf 816.200 m² summiert. Damit liegt das Vermietungsergebnis 19 Prozent unter dem Wert des Vorjahrs und 21 Prozent unter dem zehnjährigen Quartalsdurchschnitt, während die Zahl der Transaktionen nur um acht Prozent gegenüber dem Vorjahr und um zwei Prozent gegenüber dem Zehnjahresschnitt zurückging. "Diese Zahlen bestätigen, dass hybrides Arbeiten zu einem etablierten Bestandteil der Immobilienlandschaft wird und dass große Unternehmen dazu tendieren, ihre Flächen zu reduzieren. Das Segment kleiner Flächen ( unter 1.000 m²) erwies sich als am widerstandsfähigsten und ging leicht um sechs Prozent zurück, kehrte jedoch zum langfristigen Durchschnitt von 1.319 Transaktionen zurück", analysiert Hela Hinrichs. Das Segment großer Flächen war mit einem Rückgang der Transaktionen um 30 Prozent auf 21 Abschlüsse am stärksten betroffen. Es besteht immer noch eine klare Polarisierung zwischen dem Stadtzentrum und den Vororten. In Letzteren verlagern Unternehmen ihren Fokus auf besser gelegene Gebäude mit höherer Qualität.
Auch in Central London blieb die Vermietungsaktivität gedämpft. Der Flächenumsatz belief sich im zweiten Quartal auf 189.000 m². Dies war 22 Prozent niedriger als im entsprechenden Vorjahreszeitraum und 20 Prozent unter dem Zehnjahresschnitt des zweiten Quartals. Der bisherige Jahresumsatz belief sich auf insgesamt 382.000 m² und lag damit 18 Prozent unter dem Vorjahreszeitraum und 15 Prozent unter dem langfristigen Durchschnitt des ersten Halbjahres.
Der größte Anteil der Aktivität im zweiten Quartal entfiel in London auf den Dienstleistungssektor mit 29 Prozent des Quartalsvolumens. Dies wurde hauptsächlich von den Teilsektoren Einzelhandel & Freizeit, Versicherung und Büroservicebetreibern getrieben. Die Branchen professionelle Dienstleistungen und Banken & Finanzen blieben aktiv und machten 24 Prozent beziehungsweise 20 Prozent des gesamten Quartalsumsatzes aus. Die Nachfrage nach Büroflächen war insbesondere in neugebauten und renovierten Gebäuden stark. Dies dürfte den Markt weiter polarisieren, da sich die Aktivitäten auf die besten Flächen konzentrieren.
Wirtschaftliche Unsicherheit und eine hartnäckig hohe Inflation in Deutschland belasten weiterhin die Nachfrage, da dies direkte Auswirkungen auf die Unternehmensfinanzierung und das allgemeine Marktsentiment hat. Die Vermietungsaktivität auf dem deutschen Büromarkt hat im zweiten Quartal nachgelassen, wobei in den fünf größten Märkten insgesamt knapp 500.000 m² erreicht wurden. Dies entspricht einem Rückgang von 35 Prozent gegenüber dem gleichen Zeitraum des Vorjahres. "Während viele Portfolioumschichtungen eine gewisse Verminderung der Flächenanmietung beinhalten, scheint die Nachfrage sich aber zu stabilisieren, bedingt durch eine stetige Rückkehr zum Büro", ordnet Hinrichs die aktuellen Entwicklungen ein.
London, Berlin und München verbuchen die Hälfte des Neubaus aller europaweiten Metropolen
Der Büroleerstand in Europa lag im zweiten Quartal 2023 stabil bei 7,6 Prozent und im Einklang mit langfristigen Durchschnittswerten. Die Angebotssituation hochwertiger und moderner Flächen bleibt weiterhin knapp. Dies wird durch Planungsverschiebungen und Bauverzögerungen verstärkt, die durch das anspruchsvolle Finanzierungsumfeld bedingt sind. Starke Anstiege beim Leerstand wurden in Den Haag, Utrecht und Rotterdam verzeichnet. Zu den Indexmärkten, die einen Rückgang des verfügbaren Angebots verzeichneten, gehören Mailand, Luxemburg, Amsterdam und Budapest. Nach JLL-Daten beliefen sich die Fertigstellungen im zweiten Quartal 2023 auf insgesamt 1,1 Millionen m². London (210.000 m²), Berlin (165.000 m²) und München (162.000 m²) machten dabei die Hälfte der im zweiten Quartal 2023 fertiggestellten Bürofläche aus.
"Angesichts steigender Bau- und Finanzierungskosten, Arbeitskräftemangels und geringem Investorenvertrauen verschieben viele Projektentwickler Entscheidungen über den Beginn neuer Büroprojekte, insbesondere spekulativer Neubauten. Die aktuellen wirtschaftlichen Herausforderungen verlangsamen auch die Baufertigstellung von Projekten, was den Angebotsengpass bei hochwertigen Büros verschärft", bilanziert Hela Hinrichs.
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