Wieder Atomtransporte nach Frankreich
Bundesregierung verabschiedet
sich von "nationaler Verantwortung"
Berlin (ots)
Zu Beginn der nächsten Woche werden die Betreiber deutscher Atomkraftwerke erstmals seit drei Jahren wieder abgebrannte Brennelemente nach Frankreich transportieren. Montag oder Dienstag sollen rund 30 Tonnen hochradioaktiver Atommüll aus den Kraftwerken Philippsburg (Baden-Würtemberg), Biblis (Hessen) und Grafenrheinfeld (Bayern) in die Wiederaufarbeitungsanlage La Hague geliefert werden. Damit passiert jetzt genau das, wovor Umweltorganisationen und tausende Demonstranten wochenlang gewarnt haben, erklärte Greenpeace heute auf einer Pressekonferenz in Berlin. Der Castor-Transport vergangene Woche in das niedersächsische Zwischenlager Gorleben war der Dammbruch für eine Flut neuer Atommüll-Lieferungen nach Frankreich.
Obwohl SPD und Grüne immer wieder erklären, man dürfe den Franzosen keinen Atommüll "vor die Haustür werfen", hat die Bundesregierung allein für 2001 über 40 neue Atomtransporte nach La Hague genehmigt. "Die Bundesregierung behandelt Frankreich weiter als Atomklo Deutschlands," sagt Veit Bürger, Energieexperte von Greenpeace. "Die nationale Verantwortung für deutschen Atommüll, mit der Rot-Grün den Gorleben-Transport rechtfertigen wollte, ist eine hohle Phrase. Mit der Beteuerung, man wolle die Franzosen nicht mit unserem Müll belasten, belügen SPD und Grüne die Öffentlichkeit."
Mit den neuen Transporten akzeptieren SPD und Grüne außerdem bewußt einen Rechtsbruch, den sie früher selbst kritisiert haben. Als beide Parteien noch in der Opposition waren, hatten sie in mehreren Gutachten nachgewiesen, dass die Wiederaufarbeitung keine schadlose Verwertung und damit ein Verstoß gegen das deutsche Atomgesetz ist. Allein in La Hague leitet die Betreiberfirma Cogema pro Tag 1,4 Millionen Liter radioaktive Abwässer in das Meer. In dieser Umgebung erkranken dreimal mehr Kinder an Blutkrebs als im Landesdurchschnitt.
Bei der Wiederaufarbeitung soll aus abgebrannten Brennstäben noch unverbrauchter Kernbrennstoff zur Wiederverwendung abgetrennt werden. Dazu werden die Brennstäbe zerkleinert und in Säure aufgelöst, wobei Uran und Plutonium abgetrennt werden. Das Uran aber ist zu unrein, um wiederverwendet zu werden, während das ursprünglich für Brutreaktoren (Schnelle Brüter) gedachte Plutonium heutzutage nur in Bruchteilen in sogenannten Mischoxid-Brennstäben wieder verwendet wird. Durch die Abfälle und die verstrahlten Materialien von der Chemikalie bis zum Arbeitsanzug wird bei der Wiederaufarbeitung die Menge des Atommülls, der aufwendig gelagert werden muss, nicht weniger, sondern mehr. "Trotzdem nimmt die Bundesregierung dies alles in Kauf," so Veit Bürger.
Radioaktive Flüssigkeiten werden einfach über Pipelines ins Meer geleitet und radioaktive Abluft wird über Schornsteine in die Umwelt "entsorgt". Das Ergebnis sind höhere Krebsraten unter der Bevölkerung, verstrahlte Meerestiere, radioaktive Ablagerungen am Meeresboden und eine radioaktive Belastung des Meerwassers bis in weit entfernte Seegebiete.
Achtung Redaktionen: Für Rückfragen wenden Sie sich bitte an Veit Bürger, Tel: 0171-8780-820 oder Stefan Schurig Tel: 0171-8780-837. Internet: www.greenpeace.de/castor. Greenpeace Pressestelle presse@greenpeace.de www.greenpeace.de
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