Der große Durchbruch im Onlinejournalismus lässt weiter auf sich warten
Hamburg (ots)
Das Jahr 2007 hat bisher nicht den großen Durchbruch im Onlinejournalismus gebracht, so das Fazit eines media coffees der dpa-Tochter news aktuell am gestrigen Dienstag in Berlin. Knapp 150 Pressesprecher, PR-Fachleute und Journalisten diskutierten im Deutschen Architektur Zentrum über das Thema "Von der Edelfeder zum Contentlieferanten? - Printmedien im Wandel". Moderiert wurde die Veranstaltung von Christian Jakubetz von der Deutschen Journalistenschule.
Die Diskutanten stellten übereinstimmend fest, dass aus ihrer Sicht der vielfach prophezeite Durchbruch des Onlinejournalismus im Jahr 2007 noch nicht stattgefunden hat und dies auch nicht mehr zu erwarten sei. "Wir sind immer noch in einer Phase, in der vieles ausprobiert werden muss", meinte Medienjournalist und Blogautor Stefan Niggemeier. Er zeigte sich insbesondere enttäuscht von der qualitativen Entwicklung des Video-Journalismus im Internet.
Ähnlich argumentierte stern.de-Chefredakteur Frank Thomsen. "Wir sind momentan noch in einer Versuchsphase, einer Amateurphase im Onlinejournalismus." Trotzdem beurteilte er die Zukunft des Journalismus im Internet als außerordentlich positiv. "Wir werden in den nächsten Jahren eine dramatische Professionalisierung im Onlinejournalismus haben", erwartet Thomsen.
Mahnende Worte für die Zeitungsbranche fand Dr. Ursula Weidenfeld aus der Chefredaktion des Tagesspiegel. "Es gibt für die Tageszeitung noch viel Potenzial. Wenn wir das nicht aktivieren, dann sind wir selber Schuld. Es wird in nächster Zeit zwar noch zu einer Marktbereinigung kommen. Aber ich bin davon überzeugt, dass es auch in Zukunft Tageszeitungen geben wird." Außerdem forderte sie alle Journalisten auf, offen für technische Innovationen zu sein. "Man hat schon ab und zu das Gefühl, wenn jemand die Vierzig überschritten hat, dann will der nichts mehr lernen - und das ist falsch!"
Dass Onlineredaktionen beim Journalistennachwuchs zunehmend als attraktive Arbeitgeber wahrgenommen werden, berichtete Holger Stark, Leiter des Spiegel-Büros in Berlin. "Es kommt heute vor, dass Angebote, in die Printredaktion zu wechseln, abgelehnt werden." Außerdem kündigte Stark ein neues Projekt bei Spiegel Online an. "Wir planen ein zeitgeschichtliches Portal, in dem sehr persönliche Informationen von den Nutzern bereitgestellt werden können."
Die Diskutanten thematisierten außerdem die Frage, welchen Einfluss Blogs, Podcasts und Bürgerjournalismus auf die deutschen Tageszeitungen haben. Reiner Metzger, Mitglied der Chefredaktion der taz, machte klar, dass neue Technologien aus seiner Sicht nicht gleichzeitig zu einer Vereinfachung der Arbeitsprozesse in den Redaktionen führen. "Blogs einzurichten ist zum Beispiel eine einfache Angelegenheit. Das war sehr schnell projektiert und umgesetzt. Die technischen Anforderungen werden aber ungleich größer, wenn man das gesamte Weltgeschehen darstellen will - in Text, Bild, Video. Das ist auch 2007 nicht einfacher geworden." Aber er stellte auch klar, so aufgeschlossen die taz gegenüber Innovationen im Internet auch sei: "Bürgerjournalismus ist kein Journalismus."
Verwundert über die Gelassenheit, mit der die Vertreter der Zeitungen mit der Frage nach ihren Perspektiven umgingen, zeigte sich am Ende der Diskussion Stefan Niggemeier. Er malte ein düsteres Bild über die Zukunft der gedruckten Zeitung. "Eigentlich müsste die Panik bei den Zeitungsmachern heute schon viel weiter verbreitet sein. Ich bin da pessimistisch. Wenn jemand als junger Mensch keine Zeitung liest, dann fängt er auch mit dreißig nicht mehr damit an."
Mit dem gestrigen media coffee fand die Diskussionsreihe "Von der Edelfeder zum Contentlieferanten? - Printmedien im Wandel" ihr vorläufiges Ende. Insgesamt mehr als 1.200 Vertreter der Kommunikationsbranche besuchten die Veranstaltungen der dpa-Tochter news aktuell in den fünf deutschen Großstädten Hamburg, Köln, München, Frankfurt und Berlin. Details zu den Diskussionen und weitere Beiträge bietet das Branchen-Blog www.mediacoffee.de.
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