Öffentlich-rechtlicher Rundfunk und Verleger weiter uneins
Hamburg (ots)
Jetzt liegt es in der Hand der Politik zu entscheiden, auf welcher Basis öffentlich-rechtlicher Rundfunk und Verlage zukünftig im Internet zusammenarbeiten dürfen. So lautete eine zentrale Forderung beim media coffee "Im Sog des Internets - Was bleibt übrig von Print, TV und Radio?" am Dienstagabend in Hamburg. Mehr als 400 Pressesprecher, PR-Fachleute und Journalisten besuchten die Auftaktveranstaltung der diesjährigen Diskussionsreihe der dpa-Tochter news aktuell. Meinolf Ellers, Geschäftsführer der dpa-infocom, moderierte die Veranstaltung.
Menso Heyl, Chefredakteur beim Hamburger Abendblatt, unterstrich, dass seine Redaktion im Onlinebereich bereits mit dem Medium Fernsehen zusammenarbeitet: "Wir kooperieren bei den Bewegtbildern momentan mit Hamburg 1, einem kleinen privaten Player." Heyl würde es jedoch begrüßen, wenn in Zukunft auch eine Zusammenarbeit mit dem NDR möglich wäre. "Ich wünschte, wir könnten mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk mehr zusammen machen, ohne aber dabei unseren jetzigen Partner zu verdrängen. Allerdings geht das ja aus den verschiedenen Gründen noch nicht."
Fried von Bismarck, Verlagsleiter SPIEGEL, äußerte sich kritisch über die Pläne der Rundfunkanstalten, ihr Internet-Angebot auszubauen. "Ich halte es für ein Unding, dass die durch Gebühren finanzierten Rundfunkanbieter sagen, sie dürften im Netz alles machen, was zum Beispiel auch die Verlage tun." Es sei allerdings die Aufgabe der Politik, und nicht die der Sender, eine Antwort auf diese Fragestellung zu finden. Die allgemeine Entwicklung hin zu Online habe starke wirtschaftliche Auswirkungen: "Auch beim Spiegel wird man sich auf sinkende Auflagen und Anzeigenerlöse einstellen müssen." Derzeit seien die durch Print generierten Umsätze aber weiterhin ausschlaggebend. "An den Umsätzen bei Online müssen wir noch lange stricken, um die Erlöse zu erreichen, die wir im Printgeschäft erzielen", so von Bismarck weiter.
Dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk mit aller Kraft ins Internet strebt, daran ließ Joachim Knuth, Programmdirektor Hörfunk beim NDR, keinen Zweifel : "Wir wollen mit unseren Qualitätsinhalten wie Filme und Audios ins Web. Diese müssen wir aber mit Wort und Bild verknüpfen." In diesem Zusammenhang unterstrich er, dass das Internet eine völlig neue Form der Medienrezeption hervorruft. Außerdem verwies Knuth darauf, dass die traditionellen Medien weiter existieren und die Medienmarken auch in Zukunft eine wichtige Rolle spielen werden: "Die Marke ist von eminenter Wichtigkeit - sie steht für Wiedererkennung und ruft ein bestimmtes Mediennutzungsverhalten hervor", so Knuth.
Wolfgang Blau, Chefredakteur bei ZEIT online, unterstrich, dass es auch zukünftig einen starken öffentlich-rechtlichen Rundfunk in der deutschen Medienlandschaft geben muss. "Ich war lange im Ausland und bin dort zu einem Befürworter des öffentlich-rechtlichen Rundfunks geworden, wie wir ihn in Deutschland haben." In diesem Kontext wies Blau darauf hin, dass die wirklichen Konkurrenten für die Verlage letztendlich nicht die öffentlich-rechtlichen Sender seien, sondern vielmehr Blogs oder reichweitenstarke Plattformen wie youtube. Eine pessimistische Zukunftsprognose gab er für die deutschen Tageszeitungen ab: "Im internationalen Vergleich gibt es hierzulande zu viele Tageszeitungen. Vieler dieser Zeitungen werden in Zukunft wahrscheinlich nur noch im wöchentlichen Rhythmus erscheinen."
Dass ganze Generationen bereits heute nicht mehr über das Printmedium erreicht werden könnten, betonte Steffen Klusmann, Chefredakteur bei der Financial Times Deutschland. Gleichzeitig ging er auf die Rolle des Qualitätsjournalismus im Web-Zeitalter ein: "Mir ist wichtig, dass wir auch in Zukunft einen qualitativ hochwertigen Journalismus bieten können. Ob dieser nun in Print oder im Internet stattfindet, ist letztendlich egal." Klusmann warnte allerdings vor amerikanischen Verhältnissen, wo bereits große Teile der etablierten Wirtschaftspresse verschenkt werden müssen, weil niemand mehr bereit sei, dafür zu bezahlen.
Videobeitrag über die media coffee-Veranstaltung in Hamburg: http://www.youtube.com/watch?v=ujrJpHprrKM
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