ITB-Mediengipfel: Vertrauen ist Grundvoraussetzung für die Touristikpresse, um weiterhin gekauft und gelesen zu werden
Hamburg (ots)
Die Touristikpresse in Deutschland steht am Scheideweg. Künftig werden die Leser noch mehr Wert auf vertrauenswürdige Informationen rund um den Urlaub legen. Ansonsten werden Magazine und Tageszeitungen beim Leser an Relevanz verlieren. Die vielen Empfehlungsseiten im Netz erschweren außerdem zunehmend das Geschäft mit den Anzeigen, so das Fazit des ersten ITB-Mediengipfels. Die dpa-Tochter news aktuell, der Medienbeobachter Landau Media und die Agentur Wilde & Partner Public Relations hatten gemeinsam mit der Messe Berlin zur Podiumsdiskussion "Wie wir uns in Zukunft informieren - Machen Blogs, Facebook & Co die Touristikpresse überflüssig?" im Rahmen des ITB-Kongresses eingeladen. Knapp 300 Tourismusexperten besuchten die Diskussionsveranstaltung am vergangenen Freitag in Berlin.
Eröffnet wurde der ITB-Mediengipfel vom ehemaligen Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Wolfgang Clement, der deutlich machte, dass sich die Medienbranche in einem elementaren Wandel befinde. "Die Zukunft der Informationsversorgung liegt im Internet. Wir erleben heute die umfassendste Änderung der Medienlandschaft seit der Erfindung des Buchdrucks." Clement prophezeite, dass die direkte Kommunikation zwischen PR und Endkonsumenten zunehme - und das vermehrt zu Lasten der klassischen Medien. Der ehemalige Chefredakteur der Hamburger Morgenpost sparte darüber hinaus nicht mit Kritik an den Machern der Verlage: "Ihre Marken sind noch nicht angekommen im Web. Sie haben nicht gelernt, im Ernstfall miteinander zu kooperieren."
Kritisch mit den etablierten Medien ging auch Internetunternehmer und Gründer Benjamin Jost von der TrustYou GmbH um. "Die Touristikpresse braucht neue Geschäftsmodelle. Man muss Synergien schaffen zwischen den Experten in den Redaktionen und User Generated Content", forderte der Geschäftsführer der Suchmaschine trustyou.com, die systematisch die Empfehlungswebsites zu Hotels und Reiseveranstaltern durchforstet. Jost unterstrich die große Bedeutung von Empfehlungen im Netz, deren Wirksamkeit er deutlich höher einschätzt als Anzeigen oder journalistische Beiträge.
Dass die reine Katalog-Information heute nicht mehr ausreiche, Kunden von einer Destination zu überzeugen, meinte auch Tobias Jüngert, Bereichsleiter Unternehmenskommunikation bei der REWE Touristik GmbH. "Es ist höchste Zeit, die eigene Social-Media-Präsenz professionell zu messen." Allerdings müssten die Unternehmen sicherstellen, dass die so gewonnen Informationen auch sinnvoll für die Kommunikation mit den Kunden eingesetzt werden. Insgesamt müsse sich die Branche bei der Kommunikation auf neue Wege einstellen.
Als ausgewiesener Verfechter des Internetjournalismus prognostizierte Romanus Otte als General Manager WELT ONLINE, dass es trotz aller Direktkommunikation einen "an Marken gebundenen, professionellen Journalismus in Print und Online" parallel weiterhin geben werde und verwies darauf, dass der Bereich Touristik und Reise sowohl bei Inhalt aber auch Anzeigen nach wie vor stabil sei. Otte unterstrich, dass Vertrauen immer die Voraussetzung dafür sei, gekauft oder gelesen zu werden, und mahnte bei Empfehlungsseiten im Netz grundsätzlich zur Vorsicht: "Nutzer von Bewertungsportalen haben Medienkompetenz, Relevanz und Authentizität des Angebotes einzuschätzen."
Dass die Leser qualitativ hochwertigen Reisejournalismus zu schätzen wissen, davon ist Michael Ramstetter überzeugt. Der Chefredakteur der ADAC Motorwelt und des ADAC Reisemagazins setzt auf vor Ort selbst recherchierte Inhalte und aufwändige Bilder. Dabei unterstrich Ramstetter die Unabhängigkeit seiner Autoren: "Wir zahlen alle unsere Reisen für Recherchen selber." Ramstetter, der gleichzeitig auch Kommunikationschef des ADAC ist, ist überzeugt, dass Print weiterhin Zukunft hat: "Wir werden kein Sterben der Zeitungen und Zeitschriften erleben." Er wies außerdem darauf hin, dass die ADAC-Mitglieder weiterhin ihre Karten und Reisetipps, so genannte Tool Sets, weiterhin mehrheitlich in gedruckter Form bevorzugen.
Über den ITB-Mediengipfel: Der ITB-Mediengipfel ist eine gemeinsame Initiative der dpa-Tochter news aktuell, des Medienbeobachters Landau Media und der Agentur Wilde & Partner Public Relations in Zusammenarbeit mit der ITB Berlin. Die Veranstaltung fand 2010 zum ersten Mal statt und wurde moderiert vom Hajo Schumacher, Publizist und Autor. "Wie wir uns in Zukunft informieren - Machen Blogs, Facebook & Co die Touristikpresse überflüssig?" lautete der Titel der Premiere. Die Veranstaltung auf dem ITB Berlin Kongress richtete sich an Journalisten, Medien- und Verlagsvertreter sowie an die Verantwortlichen der Kommunikation und des Marketings von Reiseveranstaltern, der Online-Reiseindustrie, Luftfahrt und Hotellerie sowie von Tourismusorganisationen gleichermaßen.
Die Initiatoren des ITB-Mediengipfels: www.newsaktuell.de www.landaumedia.de www.wilde.de
ITB-Kongress: www.itb-kongress.de
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