Schönwetter-PR in Krisenzeiten schadet Investor Relations
München (ots)
"Investor Relations in Krisenzeiten" lautete das Thema des jüngsten media coffees der dpa-Tochter news aktuell. Investor Relations-Fachleute, Anlegervertreter und Journalisten diskutierten gestern (29. November) vor rund 150 Gästen im Münchener Literaturhaus. Ein Fazit der Veranstaltung: "Schönwetter-PR" in Krisenzeiten schadet Investor Relations.
Moderator Roland Freund, Geschäftsführer von GLOBUS Infografik, eröffnete die Diskussion mit vier zentralen Fragen an die Experten: Wodurch zeichnen sich gute Investor Relations in Krisenzeiten aus? Welche Rolle spielen die Akteure des Finanzmarktes? Welche Aufgaben und Pflichten kommen auf Unternehmen in Zeiten der Krise zu und wie wird es weiter gehen?
Krise sei nicht gleich Krise, stellte Frank Ostermair, Director der Haubrok Investor Relations GmbH, klar. Unternehmenskrisen, Branchenkrisen oder allgemeine Marktkrise: Jede Krise erfordere entsprechend angepasste Investor Relations. In jedem Fall gelte aber, so Ostermair weiter, "die Hausaufgaben müssen gemacht sein". Investor Relations seien in erster Linie Kommunikation, und diese stehe und falle mit den Personen, die sie leisten. Auch das richtige Timing sei hier ausschlaggebend. Gerüchte verbreiteten sich im Internetzeitalter mit hoher Geschwindigkeit und könnten "tödlich sein". Schnelle und umfassende Kommunikation sei heute noch wichtiger als sie es vor zwei bis drei Jahren gewesen sei.
Gereon Kruse, stellvertretender Chefredakteur des Fachblattes Börse Online, kritisierte, dass viele Unternehmen versuchten, die Medien in ihrer Multiplikatorenfunktion zu missbrauchen. So seien "schlechte Meldungen oft in unnötig aufgebauschten Ad-hoc-Mitteilungen versteckt". Selbstkritisch schloss er jedoch an, die Medien hätten sich auch bereitwillig in diese Rolle gefügt. Ausschlaggebend für gute IR sei jedoch, dass sie immer "ehrlich und kontinuierlich" erfolge, in guten wie auch in wirtschaftlich schlechten Zeiten.
Aus Unternehmenssicht schloss sich Peter Rau, Finanzvorstand der IXOS SOFTWARE AG, der Kritik an. Nach anfänglich positiven Entwicklungen am Neuen Markt habe seitens aller Marktteilnehmer eine regelrechte Gier eingesetzt. Das sei nur vor dem Hintergrund des anfänglich laschen Regelwerks in diesem Marktsegment erklärbar. "Die Qualitätsstandards", so Rau, "wurden innerhalb eines Jahres minimalisiert und in der letzten Hypephase war fast alles börsentauglich. Das Investmentbanking hatte Gordon Gecko im Auge." In den USA sei eine ähnliche Entwicklung aufgrund der strengen Gesetzgebung undenkbar.
Harald Petersen, Vorstand der Schutzgemeinschaft der Kleinaktionäre, sah neben dem Gesetzgeber auch die Unternehmen deutlich in der Pflicht. Den Firmen müsse das Risiko ihres Handelns, auch in Form einer persönlichen Haftbarkeit bei vorsätzlicher Falschinformation der Anleger, deutlich gemacht werden. Petersen forderte eine Gesetzesinitiative. Freiwillige Selbstkontrollen würden nicht ausreichen. Ein Vorbild sah Petersen in den strengen Finanzmarktgesetzen der USA.
Schlechte und unprofessionelle Investor Relations seien jedoch keine Domäne der kleinen Unternehmen und Start Ups, gab Thomas Radinger, Senior Fondsmanager der Activest Investmentgesellschaft, zu bedenken. So hätten auch Firmen wie Daimler Benz noch Anfang der neunziger Jahre "IR im Blindfug betrieben".
Eine Professionalisierung der IR-Bereiche sei eine wichtige Aufgabe für Unternehmen, erklärte Jochen Gutzy Geschäftsführer der Copayon IR GmbH. In der gesamten IR-Branche fänden derzeit notwendige Strukturanpassungen statt. Diese Phase der Konsolidierung müsse genutzt werden, um Ausbildung, Leistungstranzparenz und schließlich auch die Evaluierung von IR zu verbessern.
Ziel von Investor Relations müsse immer sein, bei Anlegern und Medien das Vertrauen in die Finanzmarktkommunikation wieder herzustellen, fasste Peter Rau von der IXOS SOFTWARE AG die Standpunkte der Medienvertreter, IR Spezialisten und Anlegervertreter zusammen. "Schönwetter-PR" sei dabei schädlich.
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