BLOGPOST Visuelle PR: Nicht Equipment, sondern Know-how zählt
Der Trend zur visuellen Kommunikation ist ungebrochen. Die sozialen Netzwerke und der mobile Medienkonsum führt dazu, dass inzwischen viel "Fast-Food-Content" produziert wird. Was bedeutet das für die Qualität von Inhalten? TREIBSTOFF sprach mit Sebastian Schneider über den Wandel bei visueller PR und die technischen Möglichkeiten, die heute auch Laien zur Verfügung stehen. Der Bild- und Video-Experte von der Zürcher Agentur PPR Media Relations ist in diesem Jahr wieder Jury-Mitglied beim PR-Bild Award. Seine Meinung: Am Ende zählt nicht das Equipment, sondern die Erfahrung.
TREIBSTOFF: Sie beraten Unternehmen bei der Suche nach Motiven und Konzepten für visuelle PR-Projekte. Wie groß ist der Mehrwert visueller PR gegenüber Text?
SCHNEIDER: Wo waren Sie am 11. September 2001? Diese Frage können wahrscheinlich die meisten Menschen beantworten. Die Situation hat sich bildlich, fast fotografisch, in unser Gedächtnis gebrannt. Ein solches Ereignis mit visueller PR zu vergleichen, mag weit hergeholt erscheinen. Jedoch verdeutlicht es, wie sehr wir von Bildern geprägt sind und wie sehr diese in unserer Erinnerung haften bleiben.
Würden wir uns an Felix Baumgartner erinnern, wenn Red Bull aus seinem Rekordsprung nicht die größte PR-Aktion in der Geschichte der Menschheit gemacht hätte? Die Menschheit konnte live zusehen, wie ein Mensch im Weltall aus einer Kapsel springt, sich Richtung Erde stürzt und dabei zahlreiche Rekorde bricht. Was aber die wenigsten wissen: 2014 hat ein Google-Manager Felix Baumgartners Höhenrekord eingestellt und einige weitere aufgestellt. Wegen der fehlenden visuellen Inszenierung erhielt dieser Sprung kaum eine mediale Präsenz. Das Bild von Felix Baumgartner aber bleibt in Erinnerung. Wir Menschen sind sehr visuell veranlagt und lassen uns von Bildern leiten.
TREIBSTOFF: Denken Sie bei der Konzeption eher an den Journalisten, der das Bild beziehungsweise Video verwerten soll, oder direkt an den Endkonsumenten?
SCHNEIDER: Sowohl als auch. Glücklicherweise ist jeder Journalist ebenfalls Endkonsument - mit dem kleinen Unterschied, dass er entscheidet, was im Medium erscheint. So müssen wir sicherstellen, dass der Journalist auf die Bilder aufmerksam wird. Nur wenn wir es schaffen, den Journalisten emotional zu packen, ist die Wahrscheinlichkeit einer Publikation groß.
Wenn wir Bilder und Videos in der Medienarbeit einsetzen, ist aber nicht nur das Visuelle wichtig. Wir müssen einige technische Kriterien, wie etwa die Auflösung, Abmessung oder Vergabe von Keywords berücksichtigen, damit Journalisten die Bilder finden und sie wissen worum es geht.
TREIBSTOFF: Visuelle PR und vor allem Video-PR gelten als Trends des Jahres, dabei sind die Themen ja alles andere als neu - wie erklären Sie sich das?
SCHNEIDER: Wir stellen fest, dass sich die Budgets der Unternehmen verlagern. Insbesondere im Bereich Video-PR investieren die Marketingabteilungen mehr in die Online-Videoproduktionen. Früher sind viel mehr Mittel in die klassische Fernsehwerbung geflossen. Unternehmen bauen ihre eigenen Video-Units auf und können vieles selber produzieren wie etwa einfache Interviews oder Eventdokumentationen. Dank der rasanten technischen Entwicklung sind Videoproduktionen generell günstiger geworden. Drohnen für 4k-Aufnahmen beispielsweise sind für jedermann erschwinglich.
TREIBSTOFF: Seit Jahren haben vor allem die sozialen Medien Einfluss auf die Gewohnheiten des Medienkonsums. Welchen Einfluss hat diese Entwicklung auf PR-Videos?
SCHNEIDER: Es wird viel mehr Fast-Food-Content produziert. Videos werden immer kürzer und müssen immer knackiger und prägnanter sein. Der Konsument muss schon in den ersten Sekunden abgeholt werden. Zudem werden auf Facebook rund 80 Prozent der Videos ohne Ton angeschaut.
Der Videokonsum auf dem Smartphone bringt einen Wechsel in der Produktion mit sich: Vermehrt werden Videos im Hochformat angefertigt. Da viele User Videos auf ihren Smartphones konsumieren, wird immer mehr im Hochformat produziert, damit die Videos die Bildschirme füllen.
TREIBSTOFF: Heißt der Trend zu den sozialen Netzwerken eigentlich, dass man heutzutage alles selber mit der Handycam machen kann?
SCHNEIDER: Technisch ist das natürlich möglich. Trotzdem plädiere ich dafür, dass Unternehmen Profis ans Werk lassen. Es geht nicht nur darum, ob technische Möglichkeiten vorhanden sind, sondern was daraus gemacht wird. Drücken Sie einem Fotografen eine Handycam in die Hand und Sie werden sehen, dass der Profi bessere Bilder als der Laie macht. Er weiß genau, wie er sich positionieren muss, wie er das Bild gestalten kann oder wie der Bildaufbau seine Wirkung erzielt. Ein Profi zeichnet sich eben nicht durch sein Equipment aus, sondern durch sein Know-how, jahrelange Erfahrung und den tagtäglichen Umgang mit Bildern.
TREIBSTOFF: Wagen Sie einen Ausblick auf die Zukunft der visuellen PR.
SCHNEIDER: Der technische Fortschritt wird uns weitere Möglichkeiten eröffnen: 360°-Livestreaming wird in naher Zukunft ganz einfach umsetzbar werden und sicherlich eine wichtige Rolle in der visuellen PR spielen. Hier wird sich zeigen, wie es Unternehmen schaffen, mit 360°-Videos Geschichten zu erzählen. Denn alleine die Möglichkeit, ein solches Video zu produzieren, bedeutet nicht, dass es erfolgreich sein wird. Storytelling sowie das Schaffen von neuen Erlebnissen wird die visuelle PR weiterhin prägen - egal welche Darstellungsform gewählt wird.
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Dieser Beitrag ist ein Original-Blogpost aus TREIBSTOFF: https://www.newsaktuell.de/academy/sebastian-schneider-visuelle-pr/
Was ist TREIBSTOFF?
TREIBSTOFF ist das Blog der dpa-Tochter news aktuell. Es geht dort um die Themen Kommunikation, Pressearbeit und Social Media. Und manchmal auch um news aktuell selbst. Welche Trends, welche Apps, welche Themen bewegen Kommunikationsfachleute heute? Wie sieht unser Arbeitstag aus? Was ist wichtig für die Karriere? Best Practice, Interviews und Gastbeiträge warten auf PR-Profis und Pressesprecher. Ein Mal pro Quartal gibt es TREIBSTOFF auch als gedrucktes Magazin.