BLOGPOST: Wenn Kommunikation Leben rettet
Wer den Notruf 112 in Deutschland wählt, erhält innerhalb von wenigen Minuten Hilfe durch die Feuerwehr. Die Leitstellen der rund 25.000 Feuerwehrstützpunkte sind rund um die Uhr erreichbar. Dabei spielt Kommunikation eine entscheidende Rolle - und kann sogar über Leben und Tod entscheiden. Drei Pressesprecher bei deutschen Feuerwehren erklären, worauf es ankommt.
Unfälle, Brände oder medizinische Notfälle: Die deutsche Feuerwehr rückt in jedem Jahr millionenfach aus, um Hilfe zu leisten. Für die Öffentlichkeit, Medien oder auch die Nachbarn bedeutet das Sirenengeheul vor allem eins: Ungewissheit. Was ist passiert? Wer ist betroffen? Wie entwickelt sich die Lage weiter? In kaum einer anderen Situation kommt es deshalb so stark auf die richtige und sachgemäße Kommunikationsarbeit an.
Erster Ansprechpartner für Medien und Politik sind die Kommunikationsstellen der Feuerwehren. "Wir sind im Grunde das Sprachrohr für die Außenwelt bezüglich aller Fragen an die Feuerwehr Hamburg", erklärt Jan Ole Unger, Pressesprecher der Feuerwehr Hamburg. Das gilt auch für freiwillige Feuerwehren, die etwa 95 Prozent des Feuerwehrwesens in Deutschland ausmachen. "Sobald Einsätze mit hohem Interesse der Öffentlichkeit anfallen, steigt auch das mediale Interesse", sagt Ella Wegemann, Pressesprecherin bei der Freiwilligen Feuerwehr der Stadt Lohmar. Von Auskünften an Presse- und Medienvertreter über das Erstellen von Pressemitteilungen bis hin zum Schreiben für die Homepage: Der Job eines Pressesprechers bei der Feuerwehr ist ähnlich wie in anderen Bereichen. Aber: "Das besondere an diesem Aufgabenbereich ist die Vielfältigkeit und dass selten ein Tag so aussieht, wie man es vorher geplant hat", meint Stefan Zimdars, Pressesprecher der Feuerwehr Bremerhaven.
Dabei gibt es in der Arbeit für das Blaulicht einiges zu beachten: Die fachliche und sehr komplexe Tätigkeit der Feuerwehr muss so in Worte gekleidet werden, dass sie für alle Menschen verständlich wird. Auch der Schutz von betroffenen Personen spielt dabei eine Rolle. "Aus diesem Grund besteht bei uns beispielsweise die Regel, dass während eines laufenden Einsatzes auf dem Social-Media-Account der Feuerwehr keine Bilder vom Einsatz veröffentlicht werden", erklärt Ella Wegemann. Überhaupt ist Datenschutz ein großes Thema: In aller Regel werden keine personenbezogenen Daten der Betroffenen herausgegeben, beispielsweise die Hausnummer oder ein bestimmtes Stockwerk bei einem Hausbrand.
Eine besondere Herausforderung stellt die Arbeit der Pressestellen in akuten Krisenfällen wie Hochwasser oder Großbränden dar. Die Öffentlichkeit ist angespannt, Medien möchten möglichst schnell berichten. Bei größeren Einsätzen sind deshalb meist die Pressesprecher der Feuerwehren vor Ort, geben Interviews und beantworten die wichtigsten Fragen. Doch nicht selten verändern sich Gefahren- und Ausgangslage abrupt. Die herausgegebenen Informationen können deshalb immer nur eine Bestandsaufnahme sein. Die Feuerwehr Hamburg achtet in diesen Fällen beispielsweise besonders darauf, dass Informationen mit dem Beisatz "Stand jetzt" herausgegeben werden. "Pressemeldungen über ots sind unsere Wahrheit und unser schriftlicher O-Ton", erklärt Jan Ole Unger.
Wenn Kommunikation Leben rettet
Ein Wort, das man in der Blaulicht-Szene selten hört, ist Stillstand. Das gilt auch für die Arbeit von Pressestellen. Dabei hat sich in den letzten Jahren vor allem die Geschwindigkeit der Kommunikation verändert. Die Berichterstattung wird schneller, Medien fragen häufiger Interviews und Reportagen an. "Tageszeitungen benötigten vor ein paar Jahren noch Informationen für den nächsten Tag. Mittlerweile haben nahezu alle Tageszeitungen auch einen eigenen Internetauftritt und sind in den sozialen Medien aktiv", sagt Stefan Zimdars von der Feuerwehr Bremerhaven. "Bei manchen Medien sind Schlagzeilen und Klickzahlen deutlich wichtiger als handfeste und gute journalistische Recherche", fügt Jan Ole Unger hinzu. Die Pressearbeit bei Feuerwehren wandelt sich grundsätzlich, nicht zuletzt durch die digitale Medien. "Einige Bürgerinnen und Bürger haben mittlerweile die Erwartung, dass eine Berufsfeuerwehr in den sozialen Medien aktiv sein muss", so Stefan Zimdars. Kein leichter Job bei Themen, die sich viel mit persönlichen Schicksalen und Notfalleinsätzen beschäftigen.
Die neuen Medien bieten aber auch Chancen: In keinem Bereich spielt die schnelle Kommunikation von Informationen eine größere Rolle. Eindrucksvoll gezeigt hat dies die Hamburger Feuerwehr beim Sturmtief Xavier. Im Oktober 2017 fegten die Orkanböen über Deutschland, entwurzelten Bäume und hinterließen Verwüstung. Innerhalb von nur 40 Minuten gingen bei der Feuerwehr Hamburg zehn Meldungen zu sogenannten THY-Einsätzen ein (THY bezeichnet die Technische Hilfeleistung mit Menschenleben in Gefahr).
Die Pressestelle kommunizierte unter anderem auf Twitter und warnte die Bürger davor, sich im Freien aufzuhalten. Der Tweet wurde von vielen Usern aufgegriffen, geteilt und sogar in andere Sprachen übersetzt. "Das hat sich wie eine Lawine entwickelt und wurde im Netz von Usern ins Polnische oder Holländische übersetzt und von uns retweetet", erklärt Jan Ole Unger von der Feuerwehr Hamburg.
Zwischen Gospel und Bauchschmerzen
Die Arbeit in der Pressestelle einer Feuerwehr ist mitunter auch manchmal komisch. Die Skurrilität des Lebens holt die Mitarbeiter unverhofft ein, so zum Beispiel Jan Ole Unger in einem Rettungswagen auf dem Weg ins Krankenhaus. Eine hochschwangere Frau und ihre Schwester begannen auf der Fahrt zwischen einsetzenden Wehen, Aufregung und viel Geschrei plötzlich damit, einen Gospel zu singen.
Auch Stefan Zimdars von der Feuerwehr Bremerhaven kann von solchen Einsätzen berichten. So rief beispielsweise eine Person mit starken Bauchschmerzen und Schwindelgefühlen eines Tages den Rettungsdienst. "Noch bevor wir mit dem Rettungswagen eintrafen, befand sich die Person bereits auf der Toilette. Nachdem der Toilettengang beendet war, wurde der Rettungsdienst nicht mehr benötigt", so Zimdars.
Auch die Leichtigkeit und der Humor des Internets finden im Blaulicht einen Platz. Das zeigte die Feuerwehr Hamburg jüngst mit einem Tweet zu der sogenannten Bottle Cap Challenge. Erzwingen lassen sich solche Aktionen aber nicht, sagt Jan Ole Unger: "Man muss viel mit Gefühl agieren, nicht jeder versteht alles auch so, wie man es sagen möchte. Lieber eine Meldung weniger posten und sich im Klaren sein, welche Mütze man gerade auf hat und in welcher Funktion man postet."
Dieser Beitrag ist ein Original-Post aus dem news aktuell Blog:
https://treibstoff.newsaktuell.de/wenn-kommunikation-leben-rettet/
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