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NABU: Bundesregierung muss mehr Entscheidungsfreude in der Umweltpolitik zeigen

Bonn (ots)

Der Naturschutzbund NABU hat in seiner
umweltpolitischen Bilanz des Jahres 2000 von der Bundesregierung mehr
inhaltliche Führungsstärke und Entscheidungsfreude in der
Umweltpolitik gefordert. "Das mit der BSE-Krise offenbar gewordene
Desaster einer verfehlten Agrarpolitik macht deutlich, wohin es
führt, wenn man Politik nicht am Gemeinwohl, sondern an
wirtschaftlichen Einzelinteressen ausrichtet," mahnte NABU-Präsident
Jochen Flasbarth. Das Jahr 2000 werde als Jahr des Offenbarungseides
einer gescheiterten europäischen Agrarpolitik in die Geschichte
eingehen. "Mit Ekelgefühlen sehen die Verbraucher jetzt, welche Sorte
von Landwirtschaft sich die Europäische Union jährlich 80 Milliarden
Mark kosten lässt,", so Flasbarth. Es sei eine Fehleinschätzung der
rot-grünen Bundesregierung gewesen, die Wende in der Agrarpolitik
nicht sofort nach Amtsantritt konsequent angestrebt und betrieben zu
haben. Die Chancen einer Agrarreform seien im Rahmen der
Verhandlungen über die Agenda 2000 auch durch eine zu lasche Haltung
der deutschen Regierung vertan worden. "Die Intervention von
Bundeskanzler Gerhard Schröder in der Frage der Tiermehlverwendung
war das lang ersehnte richtige Signal für das Ende einer
Agrarwirtschaft, die den Steuerzahlen gigantische Milliardenbeträge
abverlangt, Umwelt und Natur belastet und den Verbrauchern riskante
Lebensmittel auftischt," sagte der NABU-Präsident. Darüber hinaus
müsse jetzt ein grundlegender Umbau der Agrarpolitik folgen.
Ein Umschwenken fordert der NABU auch von der deutschen
Umweltpolitik auf europäischer Ebene, hier habe sich die
Bundesrepublik auch in diesem Jahr bei vielen Themen als Bremsbacke
der europäischen Umweltpolitik profiliert. Wie ihre Vorgänger habe es
die rot-grüne Bundesregierung versäumt, gültiges europäisches Recht
endlich vollständig umzusetzen und anzuwenden. Das beginne beim viel
diskutierten Fall der EU-Richtlinien zum Naturschutz
(Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie und EG-Vogelschutzrichtlinie) und
reiche bis zur wenig bekannten sogenannten Konvention von Aarhus, die
Bürgern umfassenden Zugang zu Umweltinformationen und zu den
Gerichten ermöglicht. Diese habe der Umweltminister Trittin zwar als
eine seiner ersten Amtshandlungen unterzeichnet, sie sei aber immer
noch nicht ratifiziert und in deutsches Recht umgesetzt, so der NABU.
"Hängen im Schacht" diagnostizierte Flasbarth bei einer zentralen
Aufgabe dieser Legislaturperiode, der Erneuerung des
Bundesnaturschutzgesetzes. Der Entwurf des Umweltministers befinde
sich seit Juni in der sogenannten Ressortabstimmung. "Das lässt nicht
Gutes vermuten, wenn all die, die schon immer gegen einen kräftigen
Naturschutz waren, so lange auf dem Ganzen herumkauen dürfen", so
Flasbarth. Die Renovierung dieses Gesetzes sei für den NABU eine
wesentliche Säule für die Beurteilung der rot-grünen
Regierungsarbeit. Die Regierung habe zwar immer noch die Chance, sich
um einen breiten gesellschaftlichen Konsens zum Schutz des Naturerbes
und der Artenvielfalt zu bemühen. "Es muss jetzt aber schnell
passieren, modernen Naturschutz als positive Vision für dieses Land
zu entwickeln, bevor er ins heranziehende Wahlkampfgetöse gerät",
forderte Flasbarth.
Als wichtigen Meilenstein der Umweltpolitik bezeichnete Flasbarth
das von der Regierung im Oktober beschlossene Klimaschutzpaket. Damit
folgten den Worten der Vorgängerregierung nun endlich Taten, die auch
auf Erfolge hoffen lassen. "Allerdings sind die bislang vereinbarten
Maßnahmen im Verkehrssektor windelweich und völlig unzureichend",
schränkte Flasbarth ein. Auch ein weiteres Glanzstück rot-grüner
Umweltpolitik büße nach Ansicht des NABU bei genauerer Betrachtung an
Strahlkraft ein: Der viel gefeierte rasante Ausbau der regenerativen
Energieerzeugung um ein Fünftel allein in diesem Jahr habe nicht
einmal ausgereicht, den Zuwachs des gesamten Primärenergieverbrauchs
im gleichen Zeitraum auszugleichen. Pro Kilowattstunde Umweltstrom
seien fast sechs Kilowattstunden fossiler Energie neu hinzugekommen,
vor allem aus Kohlekraftwerken sowie der Stahlproduktion. "So lange
die Ökosteuer nicht bei der Primärenergie ansetzt, fehlt der
wirtschaftliche Anreiz für den dringend nötigen Innovationsschub, um
den Energieverbrauch endlich von der konjunkturellen Entwicklung
abzukoppeln", mahnte Flasbarth. Nur so sei langfristig
durchgreifender Klimaschutz möglich.
Wenn das bisherige Konzept der Ökosteuer auch Mängel habe, so sei
die bisherige Standfestigkeit der Bundesregierung bei diesem Thema
für den NABU-Präsident lobenswert: "Wenn am 1. Januar 2001 wegen
möglicher Benzinpreiserhöhungen wieder ein Schwall heißer Luft aus
dem Oppositionslager kommt, sollte die Regierung Schröder diese
locker wegstecken", forderte Flasbarth. Der Rückgang des
Treibstoffverbrauchs im Jahr 2000 habe zudem die ökologische
Lenkungswirkung der Energiesteuer bewiesen. Für die Zukunft forderte
Flasbarth die Bundesregierung zur Fortentwicklung der ökologischen
Steuerreform auf. Vor allem sei mehr Transparenz notwendig : "Man
kann Soli-Zuschläge auf jeder Lohnabrechnung ausweisen, dann kann man
das auch mit der Ökosteuer-Rückerstattung machen", sagte Flasbarth.
Der Regierung tue sich auch im zweiten Jahr immer noch schwer
damit, moderne ökonomische Instrumente für ihre Politik einzusetzen
und hierfür auch gesellschaftliche Mehrheiten zu organisieren. Dies
zeige sich neben der Ökosteuer vor allem in der Diskussion um
Mehrwegquote und Zwangspfand. Hier habe man sich von Interventionen
aus Spitzenverbänden der Wirtschaft einschüchtern lassen, obwohl alle
Beteiligten längst einen tragfähigen Konsens gefunden hatten. "BDI
und DIHT wollten im Frühjahr keinen Präzedenzfall für echte
Produktverantwortung der Wirtschaft zulassen", erläuterte Flasbarth.
Die Grundidee, den Hersteller über alle Lebenszyklen eines Produktes
hinweg mit in die Verantwortung zu nehmen, werde weltweit als das
zukünftige Instrument einer ökologischen Stoffstrompolitik gesehen.
Deutschland habe sich seit den achtziger Jahren von einem Vorreiter
dieser Idee mittlerweile zu einem der großen Bremsklötze entwickelt.
"Daran hat sich auch unter Rot-Grün bislang leider wenig geändert",
so Flasbarth.
Für Rückfragen: 
NABU-Pressestelle
Tel.: 0228-4036-141.

Original content of: NABU, transmitted by news aktuell

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