3sat: Für "nano" ist "Zeit": dreiteilige Reihe zum November-BDW-Thema / Von Dienstag, 26., bis Donnerstag, 28. November 2002, jeweils 18.30 Uhr
Mainz (ots)
"Keine Zeit" - beliebte Phrase einer hektischen Welt. Doch die Zeit ist doch einfach da. Für jeden. Gleich schnell. Sie geht voran ... Oder etwa nicht? Das 3sat-Zukunftsmagazin "nano" erkundet in der dreiteiligen Reihe "Zeit" drei wissenschaftliche Aspekte der Zeit.
Ohne Zeit wäre alles nichts. Aber Zeit kann manchmal auch Qual bedeuten - beim Warten. Manchmal hat man sogar das Gefühl, man bekomme die Zeit geklaut. Geht denn das? Physikalisch sicher nicht, hier ist die Soziologie gefragt. Aber auch wenn jeder seine Zeit für sich behalten kann - sie ist nicht für jeden gleich lang. Des Menschen Zeit ist relativ. Jeder Mensch hat ein subjektives Zeitempfinden. Und was ist, wenn die Zeit just in diesem Moment in einer zeitverkehrten Insel einfach mal rückwärts läuft? Niemand würde je bis ans Ende dieses Textes gelangen ...
Wenn die Zeit rückwärts läuft - Dienstag, 26. November: Unermüdlich scheint die Zeit von der Vergangenheit in die Zukunft zu fließen. Doch dieser stetige, scheinbar auch ohne sein Wahrgenommenwerden existierende Fluss der Zeit ist vielleicht nur eine Illusion - jedenfalls ist er aber ein Problem. Denn die fundamentalen Naturgesetze sind, so sagen die Wissenschaftler, zeitsymmetrisch: Sie enthalten oder bevorzugen also keine Richtung, der Weg von der Vergangenheit in die Zukunft ist nicht zwingend. Vermutlich steckt der Ursprung des Zeitpfeils bereits im Urknall, und das Universum läuft seitdem wie eine Uhr ab - doch wie wurde sie aufgezogen? Manche Forscher nehmen an, dass sich die Zeit sogar einmal umkehren wird. Und vielleicht lauern "zeitverkehrte Inseln" bereits in unserer Nähe. Die kühnste These der Kosmologen: Wenn das Universum kollabiert, könnte sich der Pfeil der Zeit umdrehen! "Alles auf Anfang", sagen Regisseure am Set ...
Der Puls der Zeit - Mittwoch, 27. November: Wie es in der Musik verschiedene Geschwindigkeiten gibt, so gibt es sie auch im menschlichen Leben. Diese Lebensgeschwindigkeit, der Takt, in dem Menschen ihre Arbeit und Freizeit bewältigen, ist von Mensch zu Mensch verschieden. Während der eine das innere Gaspedal gewohnheitsmäßig bis zum Anschlag durchtritt, hat der andere die Langsamkeit für sich entdeckt. Und wie jeder Mensch sein eigenes Tempo lebt, so ist auch jeder Kulturkreis anders "getaktet". Nicht nur unter mediterraner Sonne gehen die Uhren anders, auch die österreichischen und norddeutschen gehen beispielsweise nicht im Gleichtakt. Wissenschaftler aus aller Welt versuchen nun, eine "Landkarte der Zeit" zu erstellen. Mit dabei: Verhaltensforscher aus Österreich.
Das Warten - Donnerstag, 28. November: Warten ist schrecklich. Jeder kennt das: Wenn man auf etwas wartet, dann will und will die Zeit einfach nicht vergehen. Die Gedanken kreisen nur darum, dass man endlich "dran" ist oder dass "es" endlich passiert. Noch schlimmer ist es, wenn man warten MUSS, also durch äußere Umstände oder andere Menschen dazu gezwungen wird. Frust und Aggressionen brechen sich Bahn: auf den Urheber des Wartens, die Gesellschaft im Allgemeinen, auf den zunehmenden Werteverfall im Besonderen (Disziplin!) und vor allem auf die blöden Cellofanhüllen, die sich immer so schlecht von der Zigarettenschachteln fuddel lassen - Fragen nach dem Sinn des Ganzen werden gestellt, während man wartet.
Die Situation des Wartens offenbart Machtgefüge in Gesellschaften: Die einen warten, die anderen lassen warten. Zum Beispiel auf Ämtern, beim Arzt, vor der Diskothek - vor allem eben in solchen so genannten "machtstrukturierten Räumen". Das Perfide daran: Es bildet sich keine Gemeinschaft der Wartenden, obwohl doch viele zur selben Zeit gemeinsam das Gleiche tun. Warten isoliert. Ein Magdeburger Professor hat die "Soziologie des Wartens" zwei Jahre lang untersucht und die Ergebnisse in einer Studie zusammengefasst. Fazit: Alle tun es, weil sie müssen, aber alle hassen es und versuchen, es möglichst zu vermeiden. Dennoch: Das Warten wird es auch in Zukunft und trotz aller ausgefeilter Ämter-Logistik und Organisation immer geben.
Das Thema wurde in redaktioneller Zusammenarbeit mit "Bild der Wissenschaft" (BDW) recherchiert. BDW berichtet in seiner Dezember-Ausgabe.
Am 26. und 27.11. moderiert Stefan Schulze-Hausmann und am 28.11. Ingolf Baur.
Redaktionshinweis: Die weiteren Themen dieser "nano"-Ausgabe erhalten Sie jeweils am Vortag über News Aktuell oder bei der Presse und Öffentlichkeitsarbeit 3sat.
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