PHOENIX-PROGRAMMHINWEIS - THEMA: Geschichtsabend, Samstag, 22. März 2008, 20.15 Uhr bis 0.10 Uhr
Bonn (ots)
In fünf Dokumentationen nimmt sich PHOENIX an diesem Abend dem Thema Antisemitismus damals und heute an, zeigt Opfer dieser Zeit, aber auch von Schuld geprägte Nachfahren einstiger Nazi-Verbrecher.
20.15 Uhr Die Pianistin von Theresienstadt
Alice Sommer hat fast das ganze 20. Jahrhundert erlebt - sie ist 1903 geboren. Im deutsch-jüdischen Elternhaus in Prag verkehrten Schriftsteller, Wissenschaftler, Musiker und Schauspieler. Alice lernte mehrere Sprachen, studierte Musik und war zu Beginn der 30er Jahre eine bekannte Pianistin. Als die deutschen Truppen 1938 die Tschechoslowakei besetzten, begann auch hier die Verfolgung der Juden. 1942 wurde ihre Mutter deportiert, 1943 traf es Alice Sommer selbst. Mit ihrem Mann und dem 1937 geborenen Sohn Raphael wurde sie ins Konzentrationslager Theresienstadt abtransportiert. Sie wurde die "Pianistin von Theresienstadt", die in gelegentlichen Konzerten den Mithäftlingen Mut machen - und ihren kleinen Sohn vor den abgründigen Schrecken des Lagers bewahren wollte. Wenn sie über ihr Leben und ihr Schicksal spricht, tut sie es heiter und gelassen, voller Vitalität und Lebensfreude - sie findet: "Das Leben ist schön - trotz allem". Alice Sommer ist jetzt 104 Jahre alt.
Dokumentation von Inga Wolfram (2005)
21.00 Uhr Die Juden - Geschichte eines Volkes 6-teilige Reihe. 5. Teil: Heimatsuche
Als Verfolgungen und Pogrome den deutschen Juden, den Aschkenasim, das Leben schwer machen, wandern viele nach Tschechien oder Polen aus. Zunächst sind sie dort willkommen, leben lange Zeit in Frieden und entwickeln eine eigene, einzigartige Kultur. Doch auch hier werden sie wieder Opfer von Verfolgungen und müssen fliehen. Amsterdam wird zum neuen jüdischen Zentrum in Westeuropa - bis in die Neuzeit. In Berlin beginnt, was für Juden in aller Welt bis heute Bedeutung hat: die jüdische Aufklärung und mit ihr die Emanzipation der Juden. Viele hoffen nun endlich auf Integration in die bürgerliche Gesellschaft.
Dokumentation von Sabine Klauser und Nina Koshofer (2007)
21.30 Uhr Die Juden - Geschichte eines Volkes 6-teilige Reihe. 6. Teil: Überleben
Die Integration der Juden in die bürgerliche Gesellschaft scheitert. Bleiben oder Auswandern wird zur Schicksalsfrage des Judentums Ende des 19. Jahrhunderts - nicht nur in Deutschland. Die letzte Folge erzählt von den Pogromen in Russland, die zur Massenauswanderung in die USA führen, und von der Geburt des Zionismus.
Dokumentation von Sabine Klauser und Nina Koshofer (2007)
22.00 Uhr Das braune Erbe Der Antifaschismus der DDR
Antifaschismus in der DDR - was ist Mythos, was war Realität? Eine konsequente Verfolgung der Täter des nationalsozialistischen Regimes durch den SED-Staat wurde als eines der politisch wichtigsten Ziele propagiert. Kriegsverbrecherprozesse wie gegen den "Schlächter von Oradur", Heinz Barth, wurden medienwirksam inszeniert oder mündeten wie beim SS-Mann Josef Blösche in Todesurteilen. Doch die Wirklichkeit sah auch anders aus. Altnazis wurden zum Teil in den neuen Staat integriert bzw. gezwungen, als inoffizielle Mitarbeiter für das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) zu arbeiten. Ebenso sammelte das Ministerium Daten und Akten über Altnazis, die im Westteil Deutschlands lebten, um sie mit ihrer Vergangenheit erpressbar zu machen. Der moralische Anspruch, der nach dem Zweiten Weltkrieg bezüglich der Aufarbeitung des NS-Regimes in der DDR propagiert wurde und in dem Begriff "Antifaschismus" Niederschlag fand, blieb weit hinter der politischen Realität zurück.
Dokumentation von Tom Franke und Andreas K. Richter (2007)
22.45 Uhr 2 oder 3 Dinge, die ich von ihm weiß
Er habe den Film über seinen Vater erst machen können, als seine Mutter und Ehefrau des verurteilten Kriegsverbrechers nicht mehr lebte, bekennt Malte Ludin zu Beginn seiner Dokumentation. Sie hatte die Legende gepflegt, der Vater sei ein Held gewesen, dem Unrecht geschehen sei. Seine Schwestern wollen am sorgsam gehüteten Bild des fröhlichen, liebevollen und doch politisch ahnungslosen Vater festhalten, ungeachtet aller Dokumente oder Briefe und Fotos, die sie selbst in Holzkisten im Keller hüten - allesamt Zeugnisse eines von Beginn an überzeugten Nazis und Hauptverantwortlichen für die Deportation der slowakischen Juden. Malte Ludin scheut sich nicht, den Zuschauer mitten hineinzuziehen in das Drama seiner Familie und seine Tränen, Trauer und Erschütterung offen preiszugeben. Das wird auch in einer der bewegentsten Szenen von der Begegnung mit einem Opfer des Vaters deutlich. Malte Ludin hat dabei zunächst verschwiegen, wessen Sohn er ist. Gerade die Offenheit, mit der der Filmemacher seinen Zorn und seine Ungeduld vor der Kamera preisgibt, macht die emotionalen Verwicklungen und Verstrickungen deutlich, die erklären können, warum in dieser Familie über sechs Jahrzehnte lang die Verbrechen des Vaters nicht gesehen oder gar geleugnet wurden.
Dokumentation von Malte Ludin (2007)
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