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PHOENIX-Erstausstrahlung: "Der Türke im Wunderland - Die zwei Gesichter Hollands", Dienstag, 3. Juni 2008, 20.15 Uhr

Bonn (ots)

"Früher war ich für sie der stinkende Türke. Es war
schlimm, aber ich hatte mich damit abgefunden. Aber seit 9/11 und 
erst recht seit dem Mord an Theo van Gogh, bin ich nur noch der 
Muslim und man meint damit, ich bin gefährlich. Bitte Leute, ich will
wieder der stinkende Türke sein!"
Humorvoll hält der 29-jährige holländisch-türkische 
Fernsehjournalist Ersin Kiris Holland in seiner 14-tägigenen 
Satire-Fernsehsendung einen Spiegel vor. Das Bild des liberalen 
Hollands mit seiner Multi-Kulti-Gesellschaft, das war nur ein Mythos.
Das könne er mit der Geschichte seines jungen Lebens in dem Land, in 
dem er geboren ist, beweisen. Schizophren sei er, sagt er, weil er 
zwischen zwei konträren Welten aufgewachsen ist, ohne sich 
letztendlich einer davon zugehörig zu fühlen. Im Fernsehen das 
Absurde in der holländischen Gesellschaft zu zeigen, sei für ihn 
Therapie.
Ersin ist eines von drei Kindern türkischer Migranten, ehemaliger 
anatolischer Bauern. Er wächst in Den Haag auf und verbringt sein 
Leben in einer Parallelgesellschaft im Türkenviertel. Die Eltern 
sprechen nach mehr als dreißig Jahren Migration noch kein Wort 
Holländisch. Im Ganztags-Kindergarten fühlt er sich von der Mutter 
allein gelassen und zu den katholischen Gebeten vor Essen und 
Mittagsschlaf hingezogen. Bei den Eltern daheim bekommt er Ärger, 
weil er dort vor dem Abendessen, wie gelernt, auch das Kreuzzeichen 
macht. Seine Welt ergibt für ihn keinen Sinn. Den ältesten Bruder 
schicken die Eltern in die Türkei. Er soll nicht in der holländischen
Gesellschaft "verdorben" werden, in der "Heimat" soll aus ihm ein 
richtiger Mensch mit den rechten Werten werden. Nach acht Jahren 
schickt die verzweifelte Verwandtschaft in Ankara den 18-Jährigen 
wieder zurück. Am Flughafen Amsterdam steigt aus dem Flieger ein Punk
aus - und der Glaube Ersins an die angeblich so heile Welt der Türkei
ist erschüttert. Den Punk-Bruder aber findet er cool. Er besucht eine
sogenannte "Schwarze Schule", die Ur-Holländer gehen in die "Weiße 
Schule". So bezeichnet man in Holland Schulen mit und ohne Ausländer.
Ersin fühlt sich an den Rand gedrängt, sucht Zuflucht bei den 
rechtsextremen, türkisch-nationalistischen "Grauen Wölfen". Er macht 
nicht einmal  einen Schulabschluss.
"Mit meiner Biografie sind schon viele Radikalmuslime geworden", sagt
Ersin. Doch er kämpft heute via TV und im eigenen Leben für etwas 
ganz anderes: Für das alte, liberale Bild von Holland, an das er noch
glauben will, nach dem Motto "Lieber stinkender Türke, als 
potenzieller Mörder".
Gegen Rechtspopulisten, wie den Politiker Geert Wilders, der kurz vor
der Veröffentlichung eines neuen Films gegen Muslime und den Koran 
steht - den er in Holland verbieten will - zieht Ersin zu Felde. Denn
sein Land, die Niederlande, wird damit, wie schon bei dem Film 
"Submission" und dem Mord an Theo van Gogh, erneut auf die Probe 
gestellt.
Film von Lourdes Picareta, 2008
Fotos unter: www.ard-foto.de

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