PHOENIX-Programmhinweis für Sonntag, 26.März 2000
Themenschwerpunkt Russlandwahl
Berlin (ots)
Von 18.00 Uhr an setzt PHOENIX einen Themenschwerpunkt aus aktueller Berichterstattung, Hintergrundberichten und Dokumentationen zu Russland und dem Ausgang der Präsidentschaftswahl.
18.40 Uhr Am Ende aller Straßen - Der Norden Russlands
Der Norden Russlands mit seinen riesigen Taigawäldern ist kaum erschlossen. Nur per Hubschrauber, Schiff und Boot gelang es Autor Jürgen Voigt, zusammen mit einer kleinen Crew, die Onega-Halbinsel und das Kuloi-Plateau an den Ufern des Weißen Meeres zu besuchen. Mehr als 300000 Hektar groß ist die Onega-Halbinsel, die sich wie ein Handtuch in das Weiße Meer vorstreckt. Der Flug über die schier unermessliche Weite der fast menschenleeren Taigawälder aus Lärchen, Kiefern, Fichten und Tannen, über Hunderte von Seen, Flüssen und über ausgedehnte Moore vermittelt eine Ahnung davon, wie unberührt dieser Naturraum ist. Ähnliches gibt es im übrigen Europa nicht mehr. In den Wäldern leben noch Bär und Luchs, Wolf, Ren und zahllose Vogelarten. Das Team konnte vom Ufer aus nur ein Stück weit in die undurchdringlichen Wälder vorstoßen. Außerdem besuchte es einige der wenigen kleinen Dörfer an den Küsten der Halbinsel. Die Menschen sind sehr arm, ärmer noch seit dem Verfall der russischen Wirtschaft. Doch halten sie sich tapfer mit dem Anbau von Kartoffeln, Kohl und Lauch auf kleinsten Flächen und mit dem, was der Wald ihnen gibt: Beeren, Pilze und Holz. Sogar ihre Lieder haben sie noch nicht verloren. Jahrtausendalt ist die Kultur an den Küsten der Onega-Halbinsel. Das beweisen Steinzeichnungen und rätselhafte Steinlabyrinthe. Alte Holzkirchen und das berühmte Solowetzki-Kloster (das in der Stalinzeit als Straflager missbraucht wurde) erwachen zu neuem religiösen Leben.
Auch das "Weißmeer-Kuloi-Plateau", ein hundert Meter hoch gelegenes Kalkplateau nordöstlich von Archangelsk, beeindruckt mit einer reichen, ursprünglichen Vegetation, die von den Taigawäldern über Waldtundra bis Tundra reicht. Hier gelang es dem Team, geführt vom ortskundigen Fischinspektor, per Boot auf reißenden Flüssen tiefer in die Wildnis vorzudringen. Unter uralten Bäumen und hohen Felsufern geht die Fahrt zu seltenen Flechten und wildlebenden Rentieren. Doch auch diese ursprünglichen Wälder sind, vor allem auf der Onega-Halbinsel, bedroht - durch planmäßigen Holzeinschlag für die Export nach Deutschland und Israel. Die russische Regierung plant, die beiden Regionen als Nationalparks zu deklarieren. Die Menschen in den Dörfern jedoch fürchten, dadurch den freien Zugang zu den Wäldern, ihrer Lebensgrundlage, zu verlieren. So will der Bericht auch zum Nachdenken darüber anregen, ob ein solcher Schutz der Natur möglich ist in einem Land, dessen Wirtschaft am Boden liegt. Film von Jürgen Voigt
19.10 Uhr Blut und Eisen Der unaufhaltsame Aufstieg des Wladimir Putin
Das Szenario ist verblüffend: Fast zeitgleich mit dem Überfall auf die russische Provinz Dagestan durch tschetschenische Rebellen beginnt der politische Aufstieg des bis dahin allenfalls Insidern bekannten russischen Geheimdienstchefs Putin. Und kaum hat Jelzin ihn nicht nur zum russischen Ministerpräsidenten ernannt, sondern ihn auch als seinen Nachfolger ins Gespräch gebracht, eskaliert der Konflikt im Kaukasus und führt schließlich zum Einmarsch der russischen Truppen in Tschetschenien. Der zweite, noch blutigere und brutalere Tschetschenienkrieg hat begonnen. Putins Kurs aus Blut und Eisen gegen die Tschetschenen macht ihn erst richtig populär. Als innerhalb von zwei Wochen in Moskau und zwei anderen Städten durch Attentäter Wohnhäuser in die Luft fliegen und fast 400 Menschen dabei umkommen, ist die "Erklärung" schnell zur Hand - tschetschenische Terrorkommandos sollen dahinter stecken. Letzte Beweise werden nie geliefert, aber die Angst vor neuen Attentaten schürt die Kriegsstimmung in der Bevölkerung und macht Putin mit seinem eisernen Kurs noch populärer. Am 31.12. tritt Jelzin überraschend zurück und Putin wird amtierender russischer Präsident. Niemand zweifelt daran, dass er - auf Grund des Tschetschenienkrieges - auch tatsächlich zum russischen Präsidenten gewählt wird. War ds alles ein innerhalb der Kremlmauern entworfener "Plan X"?
Thomas Roth und Ina Ruck zeichnen dieses verblüffende Szenario nach, das Schritt um Schritt Wirklichkeit wurde. Im Fortgang des Films (und des Krieges) entwickelt sich ein Portrait des kommenden russischen Präsidenten, das ständig mit der brutalen Realität des Krieges konfrontiert wird. Ist es das, was uns künftig aus dem größten Land dieser Erde erwartet?
Dokumentation von Thomas Roth und Ina Ruck
20.20 Uhr Russland wohin? Das schwere Erbe
Nach dem überraschenden Rücktritt von Boris Jelzin am Silvesterabend 1999 steht Vladimir Putin als Interimspräsident an der Spitze des Landes. Und er hat die besten Chancen, die Wahl zu gewinnen, obwohl er noch vor einem dreiviertel Jahr fast völlig unbekannt war. Ist Putin nur eine Marionette des Jelzin-Clans oder der neue starke Mann im Kreml? Fest steht: Sollte er gewählt werden, tritt er ein schweres Erbe an. In seiner Amtszeit hat Boris Jelzin die Politik des Landes nachhaltig geprägt, hat in vielen Bereichen Fakten geschaffen, mit denen sein Nachfolger leben muss. Politik, Wirtschaft und Kriminalität scheinen in Russland untrennbar miteinander verbunden. Mächtige Unternehmer wie Boris Beresovskij oder Sergej Michailov, der als einer der führenden Mafiabosse gilt, sprechen offen über ihre Zukunftsvisionen für Russland und ihre Unterstützung für Putin. Die Rechnung scheint aufzugehen. Die Korruptionsvorwürfe erreichten im vergangenen Jahr bereits Jelzin und seine Familie. Inzwischen hat Putin ihnen einen Freibrief ausgestellt, so dass sie bis ans Lebensende vor Ermittlungen sicher sind. Und da ist der Krieg in Tschetschenien, den Putin bis zum bitteren Ende führen wird. Er ist ein wichtiger Baustein für seinen Weg an die Macht. Noch steht die Bevölkerung hinter ihm, der Krieg ist für sie auch ein Symbol für die neue Stärke Russlands, für ein neues Selbstbewusstsein gegenüber dem Westen. Die politischen Gegner Putins sind durch den Silvester-Coup geschwächt. Durch den vorgezogenen Wahltermin bleibt ihnen kaum noch Zeit für den Wahlkampf. Der demokratische Präsidentschaftskandidat Grigorij Javlinski warnt verbittert vor einer kommenden Diktatur des Kreml-Clans. Und die politischen Analytiker beißen sich an Putin die Zähne aus. Die Dokumentation beleuchtet die politische Situation in Russland und begleitet die Vorbereitungen zur Präsidentschaftswahl.
Dokumentation von Christian Schulz
Rückfragen: PHOENIX Kommunikation, Telefon 0221-220-8477, Fax 0221-220-8089
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