Gysi: Ökosteuer ist unsozial - Neonazis in Ostdeutschland deutlich gewaltbereiter
Berlin (ots)
"Die Ökosteuer ist unsozial, da sie vor allem die sozial Schwachen mit am härtesten trifft", sagte der PDS-Fraktionsvorsitzende Gregor Gysi gegenüber PHOENIX. Die Ökosteuer sei nicht ökonomisch und nicht sozial, sie verfehle damit das eigentliche Ziel. Er kritisierte die Steuerreform, da die Besserverdienenden zu stark begünstigt würden. "Jetzt stellt sich heraus, was die PDS schon von vornherein gesagt hat, dass Familien mit Kindern benachteiligt sind", erklärte Gysi. "Was ich überhaupt nicht akzeptiere, ist die Schlechterstellung von kleinen und mittleren Unternehmen bei den Veräußerungserlösen, und die durch nichts zu rechtfertigende Besserstellung der großen Aktiengesellschaften."
Gysi geht mit der Bundesregierung konform, was die Konsolidierung des Haushalts betrifft. "Der Schuldenabbau ist mit das Wichtigste, was die Regierung macht." Der Bund sei in einem Maße verschuldet, dass ein riesiger Umverteilungsprozess eingesetzt habe, "die Gläubiger werden immer reicher und das führt zu zunehmender sozialer Ungerechtigkeit und im übrigen wird der Staat immer handlungsunfähiger."
Der Rassismus habe laut Gysi zwei unterschiedliche Ausprägungen in Deutschland. Die Neonazis in Ostdeutschland seien deutlich gewaltbereiter als die Rechtsradikalen in Westdeutschland. "Die Hemmschwelle zu Gewalttaten ist im Osten viel geringer." Gysi vermutet, dass bei einem größeren Teil der Bevölkerung Vorbehalte gegen Schwarze, Juden, Obdachlose, Arme bestünden, als das allgemein angenommen werde. Gysi stellte weiter fest, dass "ein Grund für den Zulauf der rechtsextremistischen Gruppen in Ostdeutschland die Wende sei, durch die die alte Wertestruktur weggefallen und die neue nicht akzeptiert worden sei." Seiner Meinung nach ist die Jugend orientierungslos und vertraut den eigenen Eltern nicht mehr, da sie die politische Wende selbstverständlich mittragen. "Die Jugend akzeptiert gar keine Werte mehr und fühlt sich belogen und betrogen." Auch die Eltern hätten es nicht mehr im Griff, wo die jungen Menschen dann landeten. Hier wirke laut Gysi die DDR-Geschichte nach, als der Staat autoritär und hierarchisch organisiert gewesen sei. Das habe Folgen im Denken bis heute. In den Nazi-Gruppen könne "man kann sich in einer Art von Generalopposition fühlen, das kommt bei einigen leider an", erläuterte er.
Hinsichtlich seiner weiteren politischen Zukunft stellte Gysi gegenüber PHOENIX-Moderator Alexander von Sobeck seine Kandidatur für das Amt des Regierenden Bürgermeisters von Berlin in Aussicht. Er möchte auch nach Ende seiner Amtszeit als Fraktionsvorsitzender im kommenden Jahr weiter politisch aktiv bleiben, aber nicht mehr so eng an Gremienbeschlüsse und Fraktionsabsprachen gebunden sein. Er freue sich auf die größere Freiheit bei seinen politischen Äußerungen und Auftritten in Zukunft und habe vor, politisch möglicherweise noch aktiver zu werden. "Deshalb denke ich etwas Publizistisches, das würde mir wahrscheinlich liegen".
Das 15-minütige Gespräch wird heute abend um 18.15 Uhr bei PHOENIX ausgestrahlt.
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