PHOENIX Programmhinweis Samstag, 7. Oktober 2000
Bonn (ots)
Mein Ausland 12.00 Uhr Aufbruch an der Ostsee Von der Hanse in die Europäische Union
ZDF-Korrespondent Dietmar Barsig hat im Baltikum viel erlebt. Im Winter '91 die Schüsse sowjetischer Truppen auf die Unabhängigkeitsbewegungen in Litauen und Lettland. Im Sommer '91 den Zusammenbruch der Sowjetunion und die wundersame Wiederauferstehung dreier Staaten am Rande der Ostsee.
Er berichtete über die mühsame Schleifung des kommunistischen Systems und den schmerzhaften Aufbau einer neuen Gesellschaft. Heute klopfen Estland, Litauen und Lettland heftig an die Türen von NATO und Europäischer Union. Nicht zu Unrecht gelten die Esten in Brüssel als Musterknaben unter den Bewerbern.
Reportage aus dem Baltikum von Dietmar Barsig
Menschen 13.30 Uhr Traumjäger Alp-Träume und Weideglück - Karrierefrauen auf der Alm
Immer mehr junge deutsche Stadtfrauen begeistern sich für den Knochenjob mit Heidi-Image. Einen Sommer leben sie wie die Bergbäuerinnen vor 100 Jahren, schuften 15 Stunden täglich, abgeschnitten von jeglichem Komfort. Zum Beispiel: Konstanze aus Kiel. Die erfolgreiche Zahnärztin hat ihren Job an der Uni-Klinik gekündigt, einen Monat, bevor sie Beamtin auf Lebenszeit geworden wäre. Marion aus München hat ihrer Bank den Rücken gekehrt. Ihr Beruf als EDV-Spezialistin füllte sie nicht mehr aus. Die Angst, etwas im Leben zu verpassen, treibt beide dazu, als Sennerinnen auf Almen in Deutschland und der Schweiz zu arbeiten. Der Sommer wird zu einem Kampf mit Vieh, Natur und sich selbst. Schon vor Sonnenaufgang beginnt der Arbeitstag. Auf unwegsamen Gelände muss das Jungvieh gezählt werden. Morgens und abends wird gemolken, anschließend gekäst. Auch in den Bergen gibt es Alltag - Regeln, Zwänge, Grenzen.
Dokumentation von Jean Boué und Mathias Göpfert
Auslandsreportage 18.45 Uhr Der Henker Donald H. und sein todbringender Beruf
Es gibt kaum ein berühmteres Gefängnis in den USA als die Parchman Farm im Mississippi-Delta, verewigt in Hunderten von Blues Songs und vielen Spielfilmen. Diese Strafanstalt hat noch immer Häftlinge in gestreiften Anzügen, die bewacht von schwer bewaffneten Wächtern dort arbeiten. Und seit der Wiedereinführung der Todesstrafe im Jahr 1977 gibt es dort eine Hinrichtungszelle, Arbeitsplatz für den State Executioner, den Henker.
Die Personen, die diesen Beruf ausüben, werden überall in den USA geheim gehalten.
Der New Yorker Filmemacherin Marianne Trench ist es gelungen, den bisherigen Henker aus der Parchman-Farm kurz nach seiner Frühpensionierung ausfindig zu machen. Er erklärte sich bereit, an einem filmischen Porträt mitzuwirken.
Donald, so heißt er, war sich nach einer wenig glücklichen Kindheit sicher, dass der Beruf des Gefängniswärters genau das Richtige für ihn sein würde, ganz besonders in der als Hölle bekannten Parchman Farm. Er machte in kurzer Zeit eine steile Karriere, bekam schließlich auf dem Gefängnisgrundstück ein Haus, in das er mit seiner Frau einzog. Und dann kam die höchste Beförderung. Donald wurde State Executioner. Die Todeszelle wurde zum Mittelpunkt von Donalds Leben. Sie lag nicht weit von seinem Haus entfernt. Einer seiner beiden Söhne, die auf der Parchman Farm aufwuchsen, hatte ein Zimmer mit Ausblick auf den Todestrackt. Spielgefährten in der Kindheit waren Schwerverbrecher auf dem Gefängnisgelände.
Donalds erste Exekution, die zugleich die erste in Mississippi nach Wiedereinführung der Todesstrafe war, verlief anders, als er es sich vorgestellt hatte. Der Verurteilte starb erst nach langen Qualen in der Gaskammer. Danach begann Donald mit großer Akribie, die Gaskammer zu perfektionieren. Er experimentierte mit Tieren, um einen leichteren Weg des verordneten Sterbens zu finden. Aber das gelang nie. "Ich habe mir diesen Menschen angesehen, und ich wusste, dass ich in ein paar Minuten die Ursache für seinen Tod sein würde. Das ist ein Höllengefühl, und ich weiß überhaupt nicht, wie ich das beschreiben soll. " Heute ist Donald 44 Jahre alt und wegen schwerer Depressionen für den Rest seines Lebens arbeitsunfähig erklärt...
Dokumentation von Marianne Trench
Mein Ausland 20.15 Uhr Vom Hafen des Friedens zur Serengeti Tansania ist im Aufwind
Tansania ist heute eine Ausnahme in Afrika. Abseits von Kriegen, Krisen und Hungersnöten ist Tansania ein Land im Aufwind: die Wirtschaft kommt allmählich wieder auf die Beine, die politische Lage ist stabil, der Tourismus boomt. Sogar mit seiner deutsch-kolonialen Vergangenheit hat das Land sich einigermaßen versöhnt. Das alte deutsche Krankenhaus in Daressalam ("Hafen des Friedens"), an dem einmal Robert Koch forschte, ist gerade restauriert worden, Bagamoyo, die erste Hauptstadt in "Deutsch-Ostafrika" zieht wieder Besucher an und in dem Städtchen Kondoa erinnert sich der letzte überlebende Askari an seine Rolle in der deutschen Schutztruppe. Weiße Südafrikaner, die politischen Erzfeinde des jungen, unabhängigen Tansania, sind heute als Investoren willkommen. Und die Serengeti, der Inbegriff des afrikanischen Nationalparks, zieht heute mehr Touristen an als je zuvor.
Film von Hans-Josef Dreckmann (2000)
23.15 Uhr Nach dem Fall Auf den Spuren einer verschwundenen Grenze
Die Berliner Mauer ist verschwunden - oberflächlich betrachtet, beinahe spurlos. Der ehemalige Todesstreifen ist zur größten Baustelle Europas geworden.
Der Film erzählt die Geschichte vom Verschwinden eines Bauwerks, das unser Jahrhundert auf groteske Weise geprägt hat. Erzählt wird diese Geschichte aus verschiedenen Perspektiven, als subjektive Suche nach den Überresten der Mauer in der Stadt und in den Köpfen der Menschen. Da ist zum Beispiel der amerikanische Historiker Brian Ladd, der - auf den Spuren der Geister der Vergangenheit - Berlin mit dem Fahrrad erkundet und sich seine eigenen Gedanken über die deutsche Geschichte und das Verdrängen macht. Oder die Psychotherapeutin Annette Simon, die die unsichtbaren Reste der Mauer zwischen den Menschen erforscht. Oder Winfried Prem, der bayerische Abrissunternehmer, der seinen Lebenstraum erfüllt sieht, nachdem er zwei Drittel des fast 160 Kilometer langen Betonwalls "durch seinen Brecher gejagt" hat.
Englische Homöopathen pulverisieren die Mauer und machen aus ihr ein Allheilmittel gegen Depressionen, Panik, Persönlichkeitsspaltung und Asthma. Ein ehemaliger Stasihauptmann trägt seine Uniform heute als Filmkostüm zu Markte. Manfred Fischer, Pfarrer in der Bernauer Straße, hat das letzte Mauerstück dort mit leidenschaftlichem Einsatz gegen Abriss und Mauerspechte verteidigt - heute ist es die offizielle Mauergedenkstätte, die Gertrud Kielberg, Anwohnerin und Rentnerin, wiederum viel zu klein und in ihrer Gestaltung geradezu "entsetzlich" findet.
Eine der wichtigsten Perspektiven ist die Kamera, die das heutige Berlin in lyrischen und poetischen Bildern einfängt. Es ist eine traumwandlerische und musikalische Reise auf den Spuren der verschwundenen Grenze.
Dokumentarfilm von Frauke Sandig und Eric Black
Rückfragen: Tel: 0228/9548-193
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