IZA-Direktor Zimmermann: Neue Freizügigkeit für Arbeitnehmer hat fast ausschließlich Vorteile/ Kommt zu spät
Bonn (ots)
Bonn, 4. Mai 2011 - Prof. Klaus Zimmermann, Direktor des Bonner Instituts zur Zukunft der Arbeit (IZA), sieht die seit dem 1. Mai geltende Freizügigkeit für Arbeitnehmer aus acht osteuropäischen Staaten positiv. "Es hat fast ausschließlich Vorteile", sagte er im PHOENIX-Interview. "Es geht darum, zusammenzuwachsen und einen größeren europäischen Wirtschaftsraum zu schaffen, der allen mehr Wohlstand und Arbeit bringt. Dazu ist es nötig, dass die Arbeitskräfte dort sind, wo sie am dringendsten gebraucht werden. Deswegen brauchen wir Freizügigkeit."
Zimmermann betonte, dass von dem neuen Gesetz die deutschen Unternehmen profitieren, die dringend Fachkräfte brauchen. Zudem biete die neue Regelung Chancen für Menschen, die dringend Güter oder Dienstleistungen benötigten, welche bislang nicht oder nicht in entsprechender Qualität verfügbar gewesen seien. Dies beträfe vor allem haushaltsnahe Dienstleistungen, Pflege und Handwerk. Aber es würden auch Ingenieure, Techniker und IT-Spezialisten gesucht. "Es wäre schön, wir hätten mehr davon." Nachteile könne es für Geringerqualifizierte geben, gab Zimmermann zu. "Aber die Wahrscheinlichkeit dafür ist eher klein." Denn in diesen Bereichen seien schon illegale Fachkräfte oder Zuwanderer da. "Wir gehen eher davon aus, dass die Fachkräfte, die qualifiziert sind, gar nicht kommen, und sich die anderen bestenfalls legalisieren."
Vorurteilen, dass neue Zuwanderer die Sozialsysteme belasten könnten, tritt Zimmermann entgegen. Diese seien "völlig unberechtigt". Erfahrungen aus England und Schweden zeigten, dass zum Beispiel die wanderungswilligen Polen und andere Osteuropäer arbeiten wollten. Wer keine Arbeit findet, geht woanders hin.
Zimmermann ist überzeugt, dass man die Freizügigkeit zeitgleich mit Großbritannien oder Schweden hätte einführen müssen. "Wir sind viel zu spät dran. Wir hätten vor sieben Jahren damit beginnen sollen. Das ist meine feste Überzeugung."
Der IZA-Direktor rechnet damit, dass pro Jahr bis zu 150.000 Menschen aufgrund des neuen Gesetzes nach Deutschland einwandern könnten. "Es ist insgesamt nicht mit dramatischen Zuflüssen zu rechnen." Nach Zimmermanns Ansicht muss Deutschland noch mehr tun, um sich als Aufnahmeland für Fachkräfte interessant zu machen.
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