PROGRAMMHINWEIS Donnerstag, 1. März 2001
Bonn (ots)
Schlaglicht 9.15 Uhr Pendler-Dasein - Am Puls unserer mobilen Gesellschaft? "Was zum Leben übrig bleibt"
Die Reportage von Felicitas Wehnert und Cord Felten beobachtet vier Pendler, die alle täglich im Großraum Stuttgart pendeln. Diese Menschen nehmen für ihre gute Arbeit Fahrzeiten von bis zu vier Stunden täglich in Kauf. Die Reportage zeigt nicht nur den Weg und die Arbeit der vier Pendler, sondern blickt auch in den jeweiligen familiären Alltag hinein. Was bleibt - trotz des sicheren Einkommens - an Freizeit zum Leben übrig? Erstaunlicherweise vermissen die Männer relativ wenig aus und mit ihrer Familie. Die Frauen belastet die mangelnde Anwesenheit mehr.
Im Dienstleistungssektor scheint der Prozess begonnen zu haben, immer mehr Arbeitsplätze zu Heim-Telearbeitsplätzen umzuwandeln. Hingegen braucht die Industrie weiterhin die kurzen logistischen Wege. Im Fall Stuttgart beweist die Autoindustrie, dass sie an diesem Standort festhält, Arbeitsplatzverlegung in die Provinz nicht möglich zu sein scheint.
Film von Felicitas Wehnert und Cord Felten
13.15 Uhr Die Spur der Kinderschänder Dutroux und die toten Zeugen
Es war kein Krimi, der Belgien monatelang in Atem hielt. Am 15. August 1996 hatte die Polizei zwei kleine Mädchen aus dem Kellerverlies eines Hauses bei Charleroi befreit. Ihr Peiniger, der 35jährige Marc Dutroux, wurde gefasst. Er soll jahrelang Kinder für pädophilen Sex und Videoaufnahmen missbraucht und mehrere Mädchen ermordet haben. Eine Serie schrecklicher Verbrechen schien aufgeklärt.
Doch bald zeigte sich, dass Dutroux kein Einzelgänger war. Hinter ihm standen ehrenwerte Mitglieder aus Politik und Gesellschaft. Das ganze Land geriet in Aufruhr, am 20. Oktober zogen 300.000 Menschen protestierend durch die Brüsseler Innenstadt und forderten die Regierung auf, die ganze Affäre offenzulegen. Doch das ist bis heute nicht geschehen. Die Ermittlungen werden verschleppt, ein Prozesstermin gegen Dutroux & Co. Steht bis heute nicht fest. Offenbar wollen Politik und Justiz Gras über die Sache wachsen lassen.
Inzwischen sterben immer mehr Zeugen auf mysteriöse Weise. Wie Piet Eckmann in seiner Dokumentation zeigt, sind bisher mindestens 17 Personen aus dem Umfeld der Ermittlungen ums Leben gekommen: Eine Sozialarbeiterin starb bei einem Autounfall; sie hatte zuvor Todesdrohungen bekommen. Ein Polizeiinformant fiel plötzlich tot um. Eine Frau, die über Dutroux aussagen wollte, wurde erwürgt aufgefunden. Die Bekannte seines Komplizen fand man erhängt. Ein Verdächtiger raste gegen ein Haus und starb. Der Schrotthändler, der Dutroux' Tatfahrzeug zerlegte, wurde vergiftet. Seine Frau verbrannte im Bett. Und der Staatsanwalt, der die Anklage gegen die Kinderschänder formulieren sollte, beging angeblich Selbstmord.
Piet Eckmann hat den Fall Dutroux seit 1996 verfolgt. Er versucht in seiner Dokumentation, die losen Fäden des Netzes zu verknüpfen. Eltern der ermordeten Mädchen, Zeugen und Fahnder stehen ihm Antwort. Das graue Charleroi, die Heimatstadt Dutroux, ist eine unheimliche Kulisse von Verbrechen, Angst und Schweigen.
Wer waren die Zeugen und warum sind sie auf so rätselhafte Weise umgekommen? Ein Komplott auf höchster Ebene - oder doch nur Zufall?
Film von Piet Eckmann
Zeitgeschichte 18.30 Uhr Hitlers Krieger 6-teilige Reihe, Letzter Teil: Canaris - Der Verschwörer
Seine Spionageapparat galt als Hitlers "Wunderwaffe" an der unsichtbaren Front der geheimen Dienste. Durch seine Kontakte zu den Verschwörern gegen das Hitlerregime und seine Ermordung im Konzentrationslager wurde er zu einer Symbolfigur des militärischen Widerstandes: Wilhelm Canaris, Chef des Amtes Ausland/Abwehr war ein Meister der Tarnung und des Doppelspiels. Seine Spione bereiteten diskret und effizient den Weg zu Hitlers Angriffskriegen, während er selbst längt die Beseitigung seines obersten Dienstherrn vorantrieb: Unter seinem Schutz planten die Widerständler Hans Oster und Hans von Dohnanyi den Sturz des verbrecherischen Regimes. Während er unter dem Deckmantel der Agententätigkeit den Weg für die Flucht politisch Erfolgter ins Ausland ebnete, hielt er seine Mitarbeiter zur engen Zusammenarbeit mit der Geheimen Staatspolizei an. Musste er Hitlers Helfer sein, um Hitlers Gegner bleiben zu können?
Nach Pannen in der Spionageabwehr wurde der ohnehin schon verdächtige Wilhelm Canaris Anfang 1944 politisch kaltgestellt und auf einen unbedeutenden Posten abgeschoben. Nach dem Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944 wurde er verhaftet und ins Konzentrationslager Flossenbürg gebracht. Nur wenige Tage vor Kriegsende ermordete ihn ein SS-Kommando.
Mit Aussagen von Freunden und Gegnern des Admirals zeichnet der Film das Porträt einer Persönlichkeit, die hin und her gerissen war zwischen Auflehnung und Anpassung und dabei nie den Entschluss zu offenem Widerstand gefasst hat. Vor der Kamera äußern sich Agenten und Soldaten einer Canaris unterstehenden Kommandotruppe über ihre brisanten Einsätze. Angehörige der deutschen Abwehr und des britischen Geheimdienstes decken neue Kapitel der Spionagegeschichte des Zweiten Weltkriegs auf. Jüdische Flüchtlinge, denen Canaris die Flucht ins neutrale Ausland ermöglichte, erzählen die abenteuerlichen Umstände ihrer Rettung. Private Fotoaufnahmen und Dokumente zeigen den Weg eines Mannes im Zwiespalt zwischen Gehorsam und Moral. Film von Guido Knopp und Christian Deick
Gesellschaft 19.15 Uhr Jugend heute "Am Anfang war es die Hölle" Erziehung hinter Gittern
In der Hamburger Justizvollzugsanstalt Hahnöfersand werden jugendliche Straftäter nicht verwahrt, sondern intensiv betreut. "Ich habe nur Gewalt gelernt und Scheiße gebaut", sagt der 18jährige Marcel, "jetzt will ich mich ändern". Er ist wegen Totschlags zu vier Jahren Freiheitsstrafe verurteilt, die er auch dazu nutzt, endlich wieder zur Schule zu gehen. Viel wichtiger aber: In einem Anti-Aggressivitätstraining lernen er und die anderen Gewalttäter, Konflikte friedlich zu lösen. Und sie müssen sich mit ihren Straftaten auseinandersetzen und lernen, Mitgefühl für ihre Opfer zu entwickeln. "Hier bin ich ruhiger geworden. Ich schlage nicht mehr zu", bilanziert der 19jährige Harald, der demnächst entlassen wird. Er hofft, dass er es schafft, in Zukunft straffrei zu bleiben.
Drei Wochen lang hat Uta König mit ihrem Team den Alltag der Jugendlichen beobachtet, die hinter haushohen Stachelzäunen, isoliert auf der Elbinsel Hahnöfersand, eine neue Lebensperspektive zu entwickeln versuchen. Film von Uta König
21.15 Uhr Vergessene Zeugen Christen in Stasi-Haft
In der ehemaligen DDR: Der Theologiestudent Matthias Storck wird zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt. Seine Frau verschwindet im Gefängnis Hoheneck. Beide hatten Unterschriften gegen den Wehrkundeunterricht gesammelt. Der Student hatte politische Lieder gegen die Unterdrückung der Meinungsfreiheit gesunden. Im Auftrag der Stasi hatte ein befreundeter Pfarrer eine fingierte Republikflucht für das Paar eingefädelt. Storck, heute Pfarrer in Kirchlengern bei Herford, erfuhr erst vor kurzem, dass sogar sein eigener Vater, ebenfalls Theologe, IM der Stasi war. Einer von drei Fällen, die in diesem Film lebendig werden.
In der DDR gab es genau wie im Dritten Reich Christen, die jeden Pakt mit der Staatsmacht ablehnten. Mit ihrem öffentlichen Bekenntnis provozierten sie staatlichen Terror und nahmen die Vernichtung ihrer beruflichen Existenz auf sich. Sie wurden Opfer des Kampfs des DDR-Staates um die Seelen, aber auch Opfer einer oft allzu kompromissbereiten Politik der Kirchenführung. Film von Uwe Sauermann
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