Phoenix - Programmhinweis
Mittwoch, 23. Mai 2001
Bonn (ots)
20.15 Uhr PHOENIX-Schwerpunkt: Der schöne neue Mensch - Was darf Gentechnik?
Die Fortschritte der modernen Medizin sind rasant. Menschliches Leben kann im Reagenzglas entstehen und genetisch untersucht werden. Große Hoffnungen hat die Biotechnologie mit der Entdeckung des genetischen Bauplans des Menschen geweckt. Für viele Mediziner, Wissenschaftler aber auch Eltern und Patienten ist der Embryo in der Petrischale zum begehrten Objekt geworden. Doch ob menschliche Embryonen Objekt der Forschung sein dürfen oder nicht, darüber ist der Streit erneut entbrannt.
Die Diskussion geht quer durch die politischen Parteien, trennt Wissenschaftler und Ethiker. Für die einen beginnt das Menschsein mit der Verschmelzung von Ei und Samenzelle und ist damit als Subjekt Selbstzweck und besitzt die volle Menschenwürde. Die anderen sehen das Heil für die Menschheit in der Erforschung der Keimzellen und verschieben das Stadium der Menschwerdung auf einen späteren Zeitpunkt. Bundeskanzler Gerhard Schröder hat zur Findung eines gesellschaftlichen Wertekonsenses einen nationalen Ethikrat berufen.
Ab wann ist die Würde des Menschen unantastbar? Kann die Dialektik des Abtreibungsgesetzes eine Handlungsmaxime für die Biotechnologie aufzeigen? Müssen wir die Grenzen der Forschung öffnen, um international konkurrenzfähig zu bleiben? Gibt es ein Recht auf ein gesundes Kind?
Diese und weitere Fragen diskutiert Gaby Dietzen mit Prof. Reinhard Merkel, Rechtsphilosoph Universität Hamburg, Prof. Wolfram Höfling, Verfassungsrechtler Universität Köln, Peter Hintze, CDU, und Reinhard Loske, B90/Grüne.
Interessierte Zuschauerinnen und Zuschauer können sich über die PHOENIX-Hotline 01802-8217 und per Fax 01802-8213 an der Diskussion beteiligen.
Zeitgeschichte 8.15 Uhr Gretchen K. verwitwete Dutschke
Anfang der 60er Jahre kam die junge Amerikanerin Gretchen K. zum Studium nach Deutschland. Hier lernte sie Rudi Dutschke kennen, den sie 1966 heiratete. Niemand außer den engen Freunden kannte sie, die Ehefrau des Idols der deutschen Studentenbewegung vor 25 Jahren.
Am 12. Januar 1968 wird der Sohn Hozen Che geboren. Im April desselben Jahres wird Rudi Dutschke von den Schüssen eines Attentäters in Berlin getroffen und schwer verletzt. Für die Familie beginnen harte Zeiten. Die Dutschkes gehen nach London, wo der schwerkranke Vater behandelt wird. Er scheint zu genesen. 1971 erhält der promovierte Soziologe einen Lehrauftrag an der Universität im dänischen Aarhus. Auch Gretchen findet Arbeit an der Hochschule und beschäftigt sich mit Ernährungsphysiologie. Das Leben scheint sich zu normalisieren. Weihnachten 1979 - Gretchen ist im 5. Monat schwanger - stirbt Rudi Dutschke am Heiligabend in Aarhus an den Spätfolgen des Berliner Attentats.
Gretchen bleibt bis 1985 in Dänemark und kümmert sich um die Kinder. Dann kehrt sie mit ihnen in die USA zurück, um alles hinter sich zu lassen. Doch die Erinnerungen an ihr Leben mit Rudi Dutschke, die Freunde aus der Studentenbewegung sind stärker. Sie geht wieder nach Deutschland. Heute kümmert sich Gretchen um den Nachlass von Rudi Dutschke und schreibt an einem Buch über ihren verstorbenen Mann.
Film von Juliane Schuhler.
9.15 Uhr und 13.30 Uhr Apocalypse Cow
Apokalyptische Bilder. Scheiterhaufen mit gekeultem Vieh lodern nicht nur in Großbritannien. Europa - ein einziges Schlachthaus. Die größten Tiervernichtungsaktionen sind angelaufen, die wir jemals erlebt haben.
BSE, Maul- und Klauenseuche, Rinder-Tbc: Sie bedeuten den Exodus von Millionen Rindern, Schweinen und Schafen, angeordnet durch EU und Mitgliedsstaaten. Lebewesen, in profitabler Enge unserer Agrarfabriken krank gemästet, für offizielle Prämien ins Ausland gekarrt und nun sogar verheizt, weil es zu viele von ihnen gibt: Marktbereinigung. Der ethische Bankrott einer Zivilisation fernab der Natur.
Wir alle wollen sie: "Verbrauchersicherheit", von der Fleischtheke bis ins Parlament. Als BSE deutsche Kühe erreichte, reagierten wir empört bis panisch. Der neue Ausweg: Schweinefleisch, Geflügel, auch Exoten wie Strauß, Elch, Känguru, Krokodil. Hauptsache, wir sind noch einmal davon gekommen - glauben wir.
Film von Mathias Welp
PHOENIX-Thema Gentechnologie
14.00 Uhr Alles ist möglich Deutschland in der biopolitischen Wende
In Deutschland kündigt sich eine grundlegende Wende in der Biopolitik an. Wichtige bioethische Beratungsgremien stehen vor der Auflösung; ein neuer nationaler Ethikrat wird vom Bundeskanzler direkt berufen. Die wichtigsten der gegenwärtig diskutierten bioethischen Themen stehen neu zur Disposition: Therapeutisches Klonen, Präimplantationsdiagnostik und Manipulation von Keimzellen. Immer ist dabei die Menschenwürde des Embryos und sein grundgesetzlicher Schutz betroffen. Allerdings hat der neue Kultur-Staatsminister Julian Nida-Rümelin den Embryonen die Menschenwürde abgesprochen, weil sie noch keine Selbstachtung besäßen. Und Bundeskanzler Gerhard Schröder hat in einer Rede in der Evangelischen Akademie Tutzing eine bioethische Diskussion "ohne ideologische Scheuklappen" gefordert. Ist nun alles möglich?
Die Kirchen, die Manipulationen und Instrumentalisierungen des Embryos prinzipiell ablehnen, sehen ihre unverrückbaren Positionen in Gefahr. Die Deutsche Bischofskonferenz, die Evangelische Kirche in Deutschland und das Zentralkomitee der deutschen Katholiken haben in ausführlichen Erklärungen ihre ethischen Standpunkte bekräftigt und kritische Einwände gegen den sich abzeichnenden Trend erhoben. Aber nicht nur aus der Sicht von Ethikern, sondern auch aus der von vielen Medizinern und Genforschern gelten therapeutisches Klonen und Keimbahntherapie als ein Heilsversprechen, das keine solide Grundlage hat. Selbst viele Forscher zweifeln daran, ob das therapeutische Klonen wirklich noch vom reproduktiven Klonen zu unterscheiden ist. Außerdem befürchten sie, dass es auch bei der Erforschung der Keimbahntherapie in einer jahrelangen Versuchsphase zu einem immensen "Verbrauch" an Embryonen kommen wird. Politiker aus allen Parteien und die Behindertenverbände haben inzwischen vor einer Kehrtwende in der Bioethik gewarnt.
Silvia Matthies zeigt in ihrer Dokumentation die gegenwärtige Situation an einer Reihe von konkreten Beispielen und erforscht in Gesprächen mit Naturwissenschaftlern, Ethikern, Politikern, Theologen und Vertretern der Kirchen, welche Konsequenzen sich daraus ergeben können, wenn "alles möglich" wird.
Film von Silvia Matthies
16.30 Uhr Genforschung zwischen Fluch und Segen. Die Babymacher - Perfekte Kinder aus dem Reagenzglas
Nachdem in Großbritannien zum ersten Mal in Europa ein Gesetz zum Klonen menschlicher Embryozellen verabschiedet wurde, ist eine hitzige Debatte über die Möglichkeiten und Gefahren der Genforschung entbrannt.
Für den Biophysiker Gregory Stock versetzt der rasante Fortschritt der Molekulargenetik den Menschen in die Lage, sich nach eigenen Vorstellungen zu gestalten. Als Herrscher über die Evolution wird er perfekte Kinder erschaffen und Krankheitsplagen wie Krebs, Parkinson und Diabetes besiegen. Hormoncocktails sollen Greise jugendfrisch halten und letztendlich den Tod besiegen.
Für den Kölner Erzbischof Joachim Kardinal Meisner sind die Experimente und Zukunftsvisionen der Genforscher eine "Perversion des menschlichen Denkens". Er warnt davor, dass die Biotechnologien die menschlich Natur zerstören werden - wenn der Mensch Schöpfer spielt und versucht, besser als Gott zu sein.
Wer glaube, sich selbst zum Herrn des Lebens aufschwingen zu können, werde leicht zum Hexenmeister, der seine Erfindungen nicht mehr beherrscht und zerstöre sich am Ende selbst, warnte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, der Mainzer Bischof Karl Kardinal Lehmann. Film von Gunnar Petrich (2001)
17.25 Uhr Frankensteins Erben Wie Genforscher den Tod besiegen wollen
Nachdem in Großbritannien zum ersten Mal in Europa ein Gesetz zum Klonen menschlicher Embryozellen verabschiedet wurde, ist eine hitzige Debatte über die Möglichkeiten und Gefahren der Genforschung entbrannt.
Markus ist 17. Seit Jahren kämpft er gegen den tückischen Blutkrebs. Nun ist er am Ende - Markus will nicht mehr leben, denn sein Körper ist ja nur noch eine ausgebrannte hülle, sagt er - zerfressen von der aggressiven Chemotherapie und von den Nebenwirkungen der Medikamentencocktails.
Was wir für Markus bräuchten, sagt sein Arzt, sind Medikamente, die für ihn "maßgeschneidert" wären, die also gezielt an den Stellen seiner genetischen Strukturen ansetzen, die den Krebswildwuchs bei Markus ausgelöst haben.
Wissenschaftler in den USA gehen bereits einen anderen Weg. Sie setzen verstärkt auf die Gentherapie: Nicht die Entwicklung neuer Medikamente ist hier das Ziel, sondern die Bekämpfung bzw. die Vermeidung von Krankheiten durch den gezielten Eingriff in das Erbgut des Menschen. Dies geschieht mit der Fortentwicklung jener Technik, mit der das Klonschaf "Dolly" erzeugt wurde.
Aus Stammzellen ließe sich letztendlich auch ein Mensch klonen. Italienische und amerikanische Wissenschaftler haben dies angekündigt: Um das "genetische Abziehbild" eines Menschen zu erzeugen, das ihm dann als "Vorratslager für Ersatzmaterialien" dienen könnte - Organe, Haut, Nerven wären züchtbar und würden vom Körper nicht abgestoßen.
Eine Vision, die derzeit in Deutschland - Experimente mit Stammzellen sind hier verboten - zwischen Politikern, Wissenschaftlern und der Kirche immer heftiger diskutiert wird. Denn wer mit Embryonen experimentiert, der sortiert auch aus, der unterscheidet zwischen "gutem" und "schlechtem" Leben.
Film von Thomas Euting (2001)
Gesellschaft 18.30 Uhr Deutsche Welten 4-teilige Reihe. 3. Teil: Afrikaner - oder warum die Dschungelprinzessin einen Imbisswagen hat.
Am Beispiel von Bridget, David und Kabeo zeigt der Film, wie Schwarzafrikaner, von denen es rund 200.000 aus 40 Ländern hierzulande gibt, in Deutschland leben. Ein Insider-Blick, der vielleicht Verwunderung, Zustimmung, Heiterkeit oder Kopfschütteln auslöst, auf jeden Fall aber ermutigt, vor dem unbekannten "schwarzen Mann" nicht wegzulaufen, sondern genauer hinzuschauen.
"Deutsche Welten" sind Filmexpeditionen in die Fremde vor der eigenen Haustür. Während unsere Politiker erbitterte Diskussionen über ein neues Einwanderungsgesetz führen, ist Deutschland längst eine schillernde Bühne fremder Kulturen. Menschen aus aller Herren Länder bauen hier ihre eigene Welt. Die Vietnamesen haben mit den Türken so wenig zu tun wie die Afrikaner mit den Russen. Und von allen zusammen wissen die Deutschen so gut wie nichts...
Film von Christel Schmidt (2000)
Wirtschaft und Soziales 19.15 Uhr Made in Germany 5-teilige Reihe. 4. Teil: Die Haushalts-Männer - Rudolf Miele, Peter Zinkann
Rudolf Miele und Peter Zinkann, beide 70 Jahre, sind das Führungsduo des Haushaltsgeräte-Konzerns Miele in Gütersloh. Angefangen hatte alles 1899, als sich die Gründerväter Carl Miele und Reinhard Zinkann zusammen taten, um Milchzentrifugen herzustellen. Wenige Jahre später erfand und produzierte Carl Miele die Waschmaschine, gefolgt von Staubsaugern, Wäschetrocknern, Geschirrspülern, dazwischen sogar Mopeds, Fahrräder, Autos, heute ganze Kücheneinrichtungen. Die Modellpalette stets etwas teurer - für die anspruchsvolle Hausfrau. Bis heute blieben die beiden Familien zusammen und regieren über ein Unternehmen, in dem alles reibungslos zu funktionieren scheint. Das Konzept - ein 60-köpfiges Gremium aus beiden Familien mit festem Verteilungsschlüssel der Kompetenzen und Gewinne - funktioniert. Neben dem ungewöhnlichen Erfolg ist eines bemerkenswert: Miele hält bis heute am Produktionsstandort Deutschland fest. Allerdings ist Miele auch international im Geschäft.
Die Miele-Erfolgsgeschichte beruht auf Beharrlichkeit, Fleiß und Familiensinn. Einerseits global präsent und weltläufig, andererseits fest verankert im familiären Sitten- und Geschäftskodex.
Film von Raimund Kusserow (2000) fotos über www.ard-foto.de
21.00 Uhr Alles ist möglich Deutschland in der biopolitischen Wende
Mit den Versprechungen und Visionen der Gentechnologie geht die Medizin in ein neues bahnbrechendes Zeitalter. Neben medizinischen sind dsmit eng verbunden auch rechtliche Probleme. Sind menschliche Gene eine Entdeckung oder eine Erfindung?
Ist das menschliche Erbgut das gemeinsame Erbe der Menschheit oder darf es monopolisiert und patentiert werden?
Während man in Europas Parlamenten noch um Antworten ringt, ist für das Europäische Patentamt in München jedoch diese Frage bereits beantwortet.
Hier werden seit Herbst '99 Patente auf Lebewesen vergeben. Die belebte Natur - Pflanze, Tier und Mensch - wird somit zum "zeitlich limitierten Eigentum ihrer geistigen Erfinder". Für Kritiker ist dies eine bedenkliche Entwicklung und sie fordern: "Keine Patente auf Leben." Weltweit allerdings sichern sich bereits viele Lifescience Companies Monopole in der Medizin mit dem Erwerb von Genpatenten. Damit entsteht eine globale Wettbewerbsspirale, ein weltweites, hcoh lukratives Genroulette. Gleichzeitig jedoch behindern solche Patentierungskämpfe und Monopolwettläufe zunehmend die Forschung.
Film von Silvia Matthies (2001)
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