Phoenix-Programmhinweis: Montag, 28. Mai 2001
Bonn (ots)
20.15 Uhr PHOENIX-Schwerpunkt: "Rückkehr des Terrors - gibt es eine neue RAF?"
Am 20. April 1998 erklärte die Rote-Armee-Fraktion (RAF) ihre Selbstauflösung - ohne weitere Informationen, ohne Entschuldigung, ohne auch nur ein Wort des Bedauerns gegenüber den Angehörigen der Opfer.
Nach Aussage des Kölner Bundesamts für Verfassungsschutz (BfV) könne man jedoch nun davon ausgehen, dass die Logistik der RAF (Waffen, Sprengstoff, Personalpapiere, Stempel) noch intakt ist.
Und dank der fortgeschritten technischen Möglichkeiten des BKA konnte vor wenigen Tagen der Überfall auf einen Geldtransporter 1999 zweifelsfrei zwei Mitgliedern der RAF zugewiesen werden: Daniela Klette und Ernst-Volker Staub.
Über die Rollen dieser beiden sind sich die Experten uneins. Ehemalige RAF-Mitglieder charakterisieren den Überfall von 1999 als Beschaffungskriminalität für das Leben in der Anonymität und gehen nicht vom Weiterbestehen der RAF aus. Die taz bezeichnete Staub und Klette als "ganz normale Schwerverbrecher".
Das sieht die Bundesanwaltschaft anders. Eine "Gesamtschau der Umstände", so eine Sprecherin, spreche für die Gründung einer neuen terroristischen Vereinigung ebenso wie die konkreten Umstände des Überfalls aus dem Jahre 1999.
Was steckt wirklich hinter den Aktivitäten von Staub und Klette? Entsteht hier eine neue linksextremistische Terrorgruppe? Welche Ziele könnte eine solche haben und wo ließe sie sich einordnen? Oder handelt es sich bei den kriminellen Handlungen der beiden Ex-RAF-Mitglieder doch nur um einen Einzelfall?
Diese und weitere Fragen diskutiert Martin Schulze u. a. mit dem ehemaligen RAF-Mitglied Klaus Jünschke, Gerhart Baum, Bundesinnenminister a.D., sowie dem Filmemacher Andres Veiel.
Interessierte Zuschauerinnen und Zuschauer können sich über die PHOENIX-Hotline 01802-8217 und per Fax 01802-8213 an der Diskussion beteiligen.
21.00 Uhr Mein neues Leben Die Ex-Terroristin Silke Maier-Witt im Kosovo
Trümmer stehen am Anfang dieses Films und Trümmer sind auch das Leitmotiv. Michael Richters Porträt der ehemaligen RAF-Terroristin Silke Maier-Witt zerfällt in zwei Teile. Da sind noch einmal die düsteren Bilder aus dem "Deutschen Herbst", der Schleyer-Entführung und der Rasterfahndung - blasse, düstere Szenen aus einer fern wirkenden Gesellschaft - ergänzt von den satten Farben, in denen die Verwüstungen im Kosovo von heute zu sehen sind.
Dort arbeitet Maier-Witt seit Anfang des Jahres im Auftrag des "Forums ziviler Friedensdienst", einer Vereinigung kirchlicher und ziviler Friedensorganisationen. Sie soll, bezahlt von der Bundesregierung, den Versöhnungsprozess in der Region unterstützen und bei der Bewältigung der Kriegs-Traumata helfen. Eine ungewöhnliche, ans Absurde grenzende Biografie, der Richter in der anderen Hälfte seines Films womöglich auf die Spur kommen wollte - wenn er in den eingestreuten Interview-Ausschnitten eine Annäherung an Maier-Witts stoisch abgeschirmte Gedankenwelt versucht. Doch sowohl die nüchterne Totale mit Politchronik und Kosovobildern als auch die Nahaufnahme der Porträtierten - sichtlich eine Person, die selber Hilfe braucht - werfen mehr Fragen auf, als sie beantworten können oder wollen.
Richter schildert Maier-Witt ls bedauernswerte RAF-Mitläuferin, deren Leben sich nicht erst in der DDR als eine Sackgasse erwies: "Es war ja keine Perspektive da. Es war nur so ein Weitertrotten." Fünf Jahre später ist sie formal frei - und dennoch ist es das Gefängnis ihrer Vergangenheit, das sie in ihrer defensiven, traurigen Gestik weiter sichtbar mit sich herumträgt. Obwohl Richter keine gezielten Fragen stellt noch irgendeine Deutung erkennen lässt, sprechen die Aussagen von Maier-Witt für sich. Es ist diese ultimative Abstraktion, die noch heute frösteln macht.
Wenn sie davon erzählt, wie als RAF-Initiationsritual der Revolver kreiste und sie dann meint: "Ich habe mir nicht zugestanden, mich abgestoßen zu fühlen", wenn sie den grauenvollen Schilderungen von überlebenden Kosovaren zuhört und meint: "Dass die Hass- und Rachegedanken entwickeln, find' ich normal" - und wenn sie schließlich sichtlich hilflos im Kreise junger Kosovarinnen sitzt, die sie nach kleinsten Schritten der Emanzipation befragt ("wovon träumt Ihr - nähen, malen?") und ein Mädchen dann die Hymne auf kämpferische Kosovo-Machos anstimmt - spätestens in dieser vorletzten Szene wird klar, dass diese Friedensmission an mehrere Grenzen stößt.
Was also hat sie im Kosovo zu suchen? Betroffen sagt sie nach dem Besuch einer serbischen Enklave: "Ich habe mich damals mehr mit meinem Anteil auseinander gesetzt." Was kann Maier-Witt, die sich mit ihren Fragen an die Kosovaren dolmetschen lassen muss, aus ihrer eigenen biografischen Isolation heraus bewirken - und vor allem: Welches Signal senden die Organisatoren, wenn sie eine so heikle Aufgabe an eine in ihre eigene fragwürdige Biografie verstrickte Frau vergeben? Was qualifiziert Maier-Witt für die Aufgabe? Film von Michael Richter
Porträt 19.15 Uhr "Am Anfang war die Pille" Die drei Leben des Carl Djerassi
1951 veränderte Carl Djerassi die Welt: "Die Erfindung der "Antibabypille" gehört zu den herausragenden Leistungen des menschlichen Geistes dieses Jahrhunderts" urteilt die London Times und reiht den Erfinder Carl Djerassi in die Galerie der "15 bedeutendsten Menschen unserer Zeit" ein. Für den 76-Jährigen, noch aktiven Stanford-Professor war die "Pille" der Beginn eines erfolgreichen Wissenschaftlerlebens. Doch dieses "eine" Leben reichte dem Genie nicht zur Erfüllung. Schon früh beschäftigte er sich mit der bildenden Kunst und ist heute der wohl bedeutendste Sammler von Werken Paul Klees, von dem er fast 200 Arbeiten besitzt. In seiner "Djerassi-Collection" im Museum of Modern Art in San Francisco macht er sie seit Jahren der Öffentlichkeit zugänglich. Mit seinem Mäzenatentum in der "Djerassi-Foundation" greift er zudem seit Jahrzehnten aktiv in die aktuelle Kunst- und Kulturszene nicht nur Amerikas ein. Doch seit 13 Jahren hat Carl Djerassi ein neues, sein 3. Leben, begonnen, das ihn heute zu beherrschen scheint: die Literatur. In seinen "Science-in-Fiction"-Romanen beschreibt er exzellent, was in der Welt der Wissenschaft vor sich geht - nicht als Wissenschaftler sondern als Schriftsteller. Film von Claus Spahn (2000)
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