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Phoenix Programmhinweis
Donnerstag, 14. Juni 2001

Bonn (ots)

PHOENIX-Vorabpremiere
   20.15 Uhr Nach Hitler - Radikale Rechte rüsten auf
   1. Teil: Täter
Rechte Morde, rechter Mob, rechte Wahlerfolge: Rechtsextremisten
sorgen für Schlagzeilen. Mehr als einhundert Todesopfer seit der
Wiedervereinigung und eine zunehmende Gewaltbereitschaft - knapp
16.000 Straftaten im vergangenen Jahr - sind die traurige Bilanz
einer Entwicklung, die lange verdrängt und schöngeredet wurde.
Nun schlagen Politiker Alarm, die Öffentlichkeit ist beunruhigt.
Verharmlosung, Verdrängung und allzu simple Erklärungsmuster für die
anhaltende Bedrohung durch Täter, Führer und Verführer aus der
rechtsextremen Szene sind an der Tagesordnung. Hier setzt die
dreiteilige ARD-Dokumentation an - die erste umfassende
Gesamtdarstellung des Themas Rechtsextremismus im deutschen
Fernsehen.
Zum einen werden die Entwicklungslinien seit 1945 rekonstruiert.
Mit Hitler endete die NS-Diktatur, nach Hitler verbreiteten die
braunen Erben ihre menschenverachtende Botschaft. 1952 wurde die
Sozialistische Reichspartei verboten - eine kaum getarnte
Nachfolgeorganisation der NSDAP. Aktuelle Parallelen drängen sich
auf: Im Jahr 2001 wird über ein Verbot der NPD diskutiert. Geschichte
ist immer auch Gegenwart!
Zum anderen bieten die Filme eine Bestandsaufnahme aktueller
rechtsextremer Strukturen in Deutschland mit ihren internationalen
Verflechtungen. Schließlich werden Strategien gegen den
Rechtsextremismus diskutiert: Nützt Repression? Hilft Aufklärung?
Die Filmemacher haben Täter, Opfer, Aussteiger und Mitläufer
befragt. Auf der Grundlage von zum Teil bisher unveröffentlichtem
Material aus deutschen und internationalen Archiven bietet die
Filmreihe eine höchst aufschlussreiche und zugleich erschreckende
Darstellung von Geschichte und Gegenwart des Rechtsextremismus in
Deutschland.
Teil1: Täter
   "Wir haben als Gesellschaft versagt bei der Analyse der
rechtsextremen Strömungen in unserer Gesellschaft. Die sind seit dem
Krieg immer wieder unterschätzt worden." Gerhart Baum, FDP,
Bundesinnenminister a.D.
"Die alten Männer im Politbüro und die Staatssicherheit hatten
einfach beschlossen: Rechte Jugendliche gibt es bei uns nicht." Loni
Niederländer, einzige Rechtsextremismusforscherin in der DDR.
Es beginnt 1979 mit Anschlägen Rechtsradikaler auf Sendemasten;
die Ausstrahlung der US-Serie "Holocaust" soll verhindert werden.
Dann die Bombe auf dem Münchner Oktoberfest. Die Bilanz: 13 Tote. Der
Täter: Ein Sympathisant aus der rechten Szene um die Wehrsportgruppe
Hoffmann. Im gleichen Jahr wird das jüdische Verlegerehepaar Lewin
erschossen - der Täter ist Mitglied der Wehrsportgruppe Hoffmann. Die
Aufzählung ließe sich mühelos erweitern. Ohne Zweifel bilden die
achtziger Jahre einen (fast vergessenen) Höhepunkt rechtsextremen
Terrors in Deutschland.
Seit der Wiedervereinigung erreicht die braune Gewalt neue
Dimensionen: Rassistisch motivierte Übergriffe sind scheinbar an der
Tagesordnung, schockieren die Öffentlichkeit. Unvergessen die Morde
von Solingen, Eberswalde, Hoyerswerda, die Krawalle in
Rostock-Lichtenhagen. Eine der Ursachen damals: Stramme Neonazi-Kader
aus dem Westen suchten und fanden nach der Wende den Kontakt mit
gewaltbereiten Jugendlichen aus dem Osten.
Allerdings: Schon zu DDR-Zeiten gab es eine - von der Stasi
besorgt observierte - Neonazi-Szene. Hooligans machen zunächst bei
Fußballspielen von sich reden, regelmäßig kommt es zu
Straßenschlachten mit der Polizei. Und Skinheads gehen gewalttätig
gegen ausländische Vertragsarbeiter in der DDR vor.
Teil 1 verfolgt die blutige Spur rechtsextremer Gewalttäter in
Deutschland Ost und West bis in die heutige Zeit. Die Rekonstruktion
wird ergänzt durch aktuelle Reportagen von Brennpunkten des
Rechtsextremismus in den alten und den neuen Bundesländern.
Film von Jan Peter und Yury Winterberg (2001)
Teil 2 am 21. Juni, 20.15 Uhr; 
   Teil 3 am 28. Juni, 20.15 Uhr und ab 22.30 Uhr Diskussion mit
Jürgen Engert
fotos über www.ard-foto.de
Highlights zur Geschichte und Zeitgeschichte
   21.00 Uhr Wir Kommunistenkinder
Ihre Eltern gingen in den frühen 30er Jahren als Idealisten und
begeisterte Kommunisten nach Moskau, um am Aufbau der Sowjetunion und
an der Weltrevolution mitzuarbeiten. Fast alle gerieten in den Sog
des stalinistischen Terrors, wurden denunziert, verhaftet, umgebracht
oder in Lager verschleppt. Für viele der "Kommunistenkinder" wurden
dies prägende traumatische Erlebnisse, über die sie
selbstverständlich nicht reden durften. Nach Kriegsende gingen die
meisten von ihnen mit den überlebenden Elternteilen in den sowjetisch
besetzten Teil Deutschlands. Die junge DDR sah für sie eine besondere
Rolle vor: Als Kinder mit mustergültiger Biographie sollten sie
lebende Zeugen für die Größe der Sowjetunion und des Sozialismus
sein, Privilegierte und Außenseiter zugleich.
Nach dem Ende der DDR und der Sowjetunion begeben sich manche von
ihnen nun auf die Suche nach den Spuren der Weltgeschichte in ihrem
eigenen Leben - und vor allem nach den so lange vom Schweigen
verdeckten Lebensgeschichten der verfolgten oder gar ermordeten
Väter.
Die Dokumentarfilmerin Inga Wolfram hat selbst eine
"Kommunistenkinder"-Biographie. In Form eines fiktiven Dialogs mit
ihrem - 1973 gestorbenen - Vater Ernst Noffke, dessen Lebensweg und
Gedanken sie aus seinen Tagebüchern und Briefen und aus seiner
Komintern-Akte in Moskau rekonstruiert hat, sowie in Gesprächen mit
vier anderen "Kommunistenkindern" zeichnet sie die sehr
unterschiedlichen Facetten dieses lange verschwiegenen Stücks
deutscher Geschichte nach.
Film von Inga Wolfram und Helge Trimpert (1999)
Gesellschaft
   19.15 Uhr Anwalts Liebling
   Giftzwerge - Wenn der Nachbar zum Feind wird
Über 400.000 verfeindete Nachbarn ziehen jährlich vor Gericht:
gegen krähende Hähne, quakende Frösche, harmlose Wichtel, laute
Musik, verrammelte Keller oder Gestank im Treppenhaus.
Es geht um Recht, Recht haben, Recht haben wollen - um jeden
Preis. Der "Krieg der Gartenzwerge" dauert mitunter Jahre. Hier
finden sich Feinde fürs Leben, hier mutieren Kontrahenten zu
Giftzwergen. Der Film unternimmt eine Reise durch die deutsche
Volksseele: eine Chronik des ganz normalen Wahnsinns. Dabei geht es
nicht um Schuldzuweisung und Parteinahme. Es geht um unterdrückte
Aggressivität, die sich Kanäle sucht und Opfer, es geht um Einblicke
in eine Welt, die von Feindbildern beherrscht wird, von gestörten
Beziehungen inmitten von Bildern trügerischer Harmonie. Es ist eine
dokumentarische Realsatire, die in Abgründe schauen lässt: ins Innere
des Kleinbürgers, der in uns allen steckt.
Film von Mischka Popp und Thomas Bergmann (1990)
13.30 Uhr Deutschland, fremde Heimat
   Bahnhofsviertel, Frankfurt
Ankommen in der Fremde - das ist kein Weg, für den es feste
Fahrpläne gibt und kein Patentrezept und oft nicht einmal eine
Vorstellung. In den 60igern galt die Immigration einst also so etwas
wie großzügig gewährter Urlaub im Schlaraffenland für die
"Gastarbeiter" und war doch alles andere als das. Später hatte die
sozial-liberale Koalition lange Jahre Zeit, mehr Integration zu
wagen, und die Union hätte danach Ernst machen können mit Kohls
Vision vom wirklich "europäischen Haus". Aber auch da gab es nichts
außer Worten, Wirtschaftspolitik, etwas Sozialpolitik und der
Kriminalstatistik.
Was passiert also, wenn etwas sich jenseits der öffentlichen
Politik weiterentwickelt? Antibürgerliches Chaos? Ein
Verdrängungswettbewerb? Radikalisierung? Oder "nur" eine
Parallelgesellschaft, ein zwangsläufig geschlossenes System mit
strikten Regeln, ein tatsächlich alternatives Milieu?
Die Autoren eröffnen ihren Film mit einem Streifzug, wie er
klischeehafter nicht sein könnte: Eine türkisch klingende Melodie,
Bordell-Anlocker, eine Polizeistreife nachts um eins im
Rotlichtviertel, dazu "Dealer, Junkies, Arbeitslose". Ein Viertel mit
70 Prozent Ausländeranteil. Doch die meisten, die hier wohnen, haben
nachts gar keine Zeit, um herumzustrolchen.
Da gibt es den alteingesessenen Fischhändler, der mit seinen
ausländischen Mitbürgern keine Probleme hat, aber dennoch wegen der
Kinder fortzog. Eine Schule mit 80 Prozent Ausländeranteil, das
treibt auch die Ausländer fort, wenn sie in anderen Vierteln
Wohnungen finden, weil das jede Integration verhindert. Der deutsche
Schuster klagt über halb so viele Kunden wie früher, aber daran sei
die Drogenszene schuld. Und der Lastwagenfahrer Inrahim, der täglich
13 Stunden arbeitet, klagt darüber, dass die Vermieter ihn abblitzen
lassen. Es taucht auch der türkische Ausländerbeauftragte des
Viertels auf, der als Kontaktmann zur Polizei fungiert. Es gebe schon
Ärger wegen Mädchenentführung, türkischen Hochzeiten, Blutrache",
aber die große Kriminalität werde von außen ins Viertel getragen.
In einer Spitze gegen die Doppelpass-Aktion wird der Soziologe
Claus Leggewie zitiert, der meint, das Problem Integration lasse sich
nicht einfach durch Integrationsverträge lösen, was zu einer großen
Enttäuschung (und geringen Einbürgerungen) geführt habe. Als Heldin
präsentieren die Autoren schließlich die 35jährige Türkin Lilia,
Prokuristin, die erst als Achtjährige nach Deutschland kam. Ihr Rat:
Offen sein, Kopftuch runter, es ist eine Barriere. Und sehr viel
arbeiten, wie überhaupt die protestantische Arbeitsethik und das
Aufsteigerdenken im Migrantenmilieu viel stärker verwurzelt ist als
es die gängigen Vorurteile zulassen.
Film von Bernd Reufels und Renate Wolter (2001)
14.00 Uhr, 0.00 Uhr Taxi zum Tempel
   Religiöse Vielfalt am Main
Wenn Nanan Raghbir-Singh seinen freien Tag hat, besucht er den
Sikh-Tempel im Frankfurter Stadtteil Höchst. Um zu beten, aber auch,
weil er als gebürtiger Inder in der kleinen Gemeinde am Main ein
Stück Heimat findet. Wie alle gläubigen Sikhs trägt er stets einen
Turban. Damit fällt er sogar im bunten Völker- und Religionsgemisch
der Mainmetropole auf. Vor zehn Jahren kam er als Asylbewerber nach
Deutschland. Heute arbeitet Nanan Raghbir-Singh als Kellner in einem
indischen Restaurant.
Auch der Taxiunternehmer Ramazan Bresoglu - er ist Türke - lebt in
Frankfurt. Der tief religiöse Moslem ist mit einer Koranlehrerin
verheiratet. Sie haben vier Kinder. Seit seiner Pilgerfahrt nach
Mekka vor vier Jahren hält er sich an die Vorschriften des Korans,
betet fünfmal am Tag und besucht mindestens einmal in der Woche die
Moschee. In seinem Taxiunternehmen beschäftigt er viele Deutsche.
Schon als Kind träumte Jerusalem Isaae-Taferrie von einer eigenen
Firma. Zusammen mit ihrem Mann hat sie es geschafft: Im Frankfurter
Bahnhofsviertel betreiben die beiden Eritreer einen Frisier- und
Kosmetiksalon für Afro-Haut und -Haare. Das Ehepaar gehört der
koptisch-eritreeischen Gemeinde an. Er zählt zum Kirchenvorstand.
Frankfurt ist nicht nur die Stadt mit den gewaltigsten
Hochhäusern, den meisten Banken und dem größten Flughafen. Frankfurt
hat außerdem mit fast 30 Prozent den höchsten Anteil an Ausländern in
der Republik. 180.000 Menschen aus 182 Nationen leben hier. Fast ein
Drittel der Bevölkerung stammt aus unterschiedlichsten Kulturkreisen,
gehört vielfältigen Glaubens- und Religionsgemeinschaften an.
Doch bei aller sprichwörtlichen Offenheit und Toleranz der
Frankfurter, immer wieder entsteht Konfliktstoff. Es kann dabei m den
Bau einer neuen Moschee gehen, um Schwierigkeiten im Schulunterricht
oder um den Wunsch der Muslime nach einem eigenen Friedhofsgelände.
Vor allem in Stadtteilen, in denen Deutsche bereits in der Minderheit
sind, gibt es vielschichtige Probleme. Trotzdem: Das Zusammenleben
funktioniert einigermaßen. Doch das war nicht immer so in der
Mainmetropole Frankfurt, wo vom 13. - 17. Juni der Deutsche
Evangelische Kirchentag stattfindet. Bei dem Treffen der rund 100.000
Christen wird es vor allem auch um das Miteinander von Menschen
verschiedener Religionen und Kulturen gehen.
Film von Yvonne Menne (2001)
02.30 Uhr, 05.00 Uhr, 07.30 Uhr Mallorca für immer
   Alt werden in der Ferne
Ganz versteckt liegt es, in einem großen palmenumsäumten Gartn,
umgeben von einer hohen Mauer: Das erste deutsche Altenwohnheim auf
Mallorca. Es Castellot wird es genannt, das heißt Schlösschen. Und so
kann man sich dort auch fühlen: Die Zimmer sind groß, es gibt auch
Suiten, ein Restaurant mit Kellnern, zwei Swimmingpools, einen
Massagesalon, sechs ständige Krankenschwestern und einen Arzt in
Rufbereitschaft. Geht man durch das kleine Eisentor hinein, wird
schnell klar, die Mauer ist nicht dazu da, die Bewohner am Rausgehen
zu hindern, sondern sie abzuschotten gegen das touristische Treiben
rundherum. Es ist schon ein exklusiver Platz, dieses Es Castellot -
gebaut vom Diakonischen Werk, finanziert von der Evangelischen
Genossenschaftsbank. Billig ist es nicht, die Kosten liegen zwischen
2.500 und 4.500 Mark im Monat. Damit aber ist es preiswerter als
vergleichbare Altenheime in Deutschland. Und die Evangelische Kirche
als Träger vermittelt Seriosität und Beistand bis in den Tod. Aber
vom Sterben spricht dort ohnehin niemand. Genießen wollen sie das
letzte Drittel ihres Lebens. "Was ich hier so besonders schätze",
sagt eine alte Dame und blickt dabei fröhlich auf die Bucht unterhalb
ihrer Terrasse, "ist die ungemein kultivierte Atmosphäre." Die gibt
es aber nicht für alle: Viele ältere Deutsche, die schon länger auf
der Insel leben, sind regelrecht verarmt. Die Lebenshaltungskosten
haben sich durch den Tourismus vervielfacht. Pflege und Betreuung
sind kaum noch finanzierbar, ein Zuhause in Deutschland haben die
meisten nicht mehr: Im Laufe der Jahre sind die Brücken abgebrochen.
Autorin Juliane Endres hat sich umgesehen bei den Senioren auf der
Insel, für die - ob arm oder reich -eines gemeinsam gilt: "Mallorca
für immer!"
   Film von Juliane Endres (2001)
Rückfragen: 
Tel: 0228/9584-193, 
e-mail:presse@phoenix.de

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