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PHOENIX-Programmhinweis
Mittwoch, 27. Juni 2001

Bonn (ots)

20.15 Uhr PHOENIX - Schwerpunkt:
   Globalisierung - Zwischen Menschenrechten und
Wirtschaftsinteressen
Moderation: Martin Schulze
13.30 Uhr Noel Martin - Ein Opfer kehrt zurück
1996 wurde Noel Martin in Mahlow Opfer eines rechtsradikalen
Anschlags. Seitdem lebt der ehemalige Bauarbeiter in Birmingham, kann
seine Wohnung nur selten verlassen. Jetzt kehrte Martin an den Ort
des Schreckens zurück, denn das "offizielle Brandenburg" will sich
entschuldigen.
Film von Heike Hartung und Boris Hermel (2001)
14.00 Uhr Unschuldig pleite
   Thüringer Handwerker kämpfen um ihr Recht
"Handwerk hat goldenen Boden" - das Sprichwort stammt aus einer
Zeit, in der Aufträge noch per Handschlag besiegelt wurden.
"Als die Zahlungen ausblieben, wurde uns klar, dass die
Auftragsfirma Konkurs machen würde", erzählt Margarete Lienke, eine
Handwerksfrau aus Erfurt. Sie betreibt mit ihrem Mann eine
Elektrofirma. Monika Schönemann und ihr Mann hatten einen
Heizungsbaubetrieb, auch sie sind mit ihren Familien Opfer der
inzwischen in Konkurs gegangenen Auftragsfirma.
Mit ihnen warten 30 weitere Handwerksbetriebe noch heute auf
Gelder oder wurden in den Ruin getrieben. Die Firma der Schönemanns
hat den Kampf nicht überlebt und die beiden leben heute von
Sozialhilfe. Und sie haben nicht nur ihre Existenz verloren: Freunde
und Bekannte haben sich zurückgezogen, zur finanziellen Not kommt
auch die menschliche Enttäuschung. So wie ihnen geht es vielen
Handwerkern in ganz Deutschland. Immer schlechtere Zahlungsmoral und
immer mehr betrügerische Konkurse von Auftraggebern. Und die Kleinen
bleiben zuerst auf der Strecke.
Seit vier Jahren ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen den
ehemaligen Auftraggeber, der mit Landesfördermitteln Plattenbauten
erwarb und sanierte, wegen Konkursverschleppung und
Steuerhinterziehung.
Ein Film über Handwerker-Familien aus Thüringen und wie es dazu
kam, dass sie unschuldig Pleite machten. Die Dokumentation stellt
darüber hinaus die Frage, wo die Lücken im Gesetz sind und warum die
Justiz so lange braucht, um solche Fälle aufzugreifen.
Film von Andrea Ufer und Wibke Kämpfer (2001)
Gesellschaft
   18.30 Uhr Wege zum Glück
   Geldlos glücklich
Heidemarie Schwermer, früher Lehrerin und Psychotherapeutin, lebt
seit fünf Jahren ohne Geld. Sie hat keine Wohnung, kein Bankkonto und
keine Versicherungen. Sie hat alle Sicherheiten aufgegeben,
freiwillig und ohne Not. Sie will sich und der Welt beweisen: Es ist
möglich, in unserer Wohlstandsgesellschaft ohne Geld zu leben, ohne
dabei zum Schnorrer zu werden. "Tauschen und teilen" lautet die
Devise ihres Abenteuerlebens, das die 59-Jährige zu einem Zeitpunkt
begann, an dem andere bereits an die Rente denken. "Ich fühle mich
nicht arm, sondern reicher und freier als jemals zuvor in meinem
Leben", sagt sie, "ich lebe vom Überfluss, ich gebe etwas dafür und
habe kein schlechtes Gewissen".
Heidemarie Schwermer lebt und wohnt an verschiedenen Orten. Mal
hütet sie die Wohnung eines verreisten Ehepaares in Norddeutschland,
mal ist sie im Rheinland zu Hause, und manchmal wohnt sie bei einer
Freundin in Dortmund, deren pflegebedürftige Mutter sie dafür einmal
wöchentlich betreut.
Film von Manfred Bannenberg (2001)
   fotos über www.ard-foto.de
Wirtschaft und Soziales
   19.15 Uhr Buna, Leuna & Co.
   3-teilige Reihe. 2. Teil: Karbid und Klassenkämpfer
Diese Folge beschreibt die Rolle der Chemieindustrie für die
DDR-Gesellschaft. Unter der Parole "Chemie gibt Wohlstand, Brot und
Schönheit" wurde die "Chemisierung" der Volkswirtschaft
vorangetrieben. "Plaste und Elaste aus Schkopau" wurde ebenso ein
DDR-Markenzeichen wie "Agfa" und später "ORWO". Schon früh zeigten
sich jedoch auch die Schattenseiten der Chemieindustrie. Die
politische Wende 1989 bedeutete auch das Aus für große Teile des
mitteldeutschen Chemiereviers. Arbeitslosigkeit, Abwicklung und
Abriss bedrohte die gesamte Region. Heute knüpfen sich an das Werk in
Schkopau Hoffnungen, doch auch Probleme: Gerüchte, Verdächtigungen,
Bestechungsvorwürfe machen Schlagzeilen.
Film von Throsten Jeß und Rainer Karlsch (2000)
21.00 Uhr Indien - Die kleinen Knechte
Bindu war vor vier Jahren, erst neunjährig, als Arbeitssklave an
einen Teppichknüpfer "verkauft" worden, von seinem eigenen Vater, den
seine Schulden dazu getrieben hatten - ein in Indien häufiges
Schicksal der armen, landlosen Bevölkerung. Vor kurzem war Bindus
Karriere als Teppichknüpfer zu einem jähen Ende gekommen. Aktivisten
einer privaten Organisation, die gegen Kinderarbeit kämpft, hatten
Bindu "befreit" und in ein Rehabilitationszentrum gebracht.
Und nun steht Bechan Singh da und heult - ein Vater, der seinen
Sohn für 1.000 Rupien (50 Mark) und die Zusage weiterer Zahlungen an
einen Knüpfstuhlbesitzer verkaufte.
Wo der Staat seine eigenen Gesetze nicht beherzigt oder hinnimmt,
dass die Exekutive sie missachtet, sind NGO's gefordert.
Nichtregierungsorganisationen. Seit zwei Jahrzehnten etwa kämpft
Swami Agnievesh gegen die moderne Sklaverei der indischen
Schuldknechtschaft und besonders die Kinderarbeit. Er fordert nichts
Geringeres als eine Revolution: Das fundamentale Recht eines jeden
Kindes unter 14 Jahren auf schulische Ausbildung. Swami Agnievesh
macht eine erschreckende Rechnung auf: 135 Millionen Kinder im
Grundschulater gibt es in Indien, doch wenige rals die Hälfte
besuchen tatsächlich eine Schule. 65 Millionen Kinder arbeiten, um
zum Familieneinkommen beizutragen: Mädchen arbeiten im Haushalt, in
der Landwirtschaft, schleifen Diamanten und Smaragde, zertrümmern
Steine, formen Lehmziegel und werden bei alledem oft Opfer sexuellen
Missbrauchs. Jungen unter 14 sind als Billigst-Arbeitskräfte in der
Feuerwerks- und Streichholzindustrie beschäftigt, arbeiten auf
Baustellen und in der exportorientierten Teppich-Industrie.
In den frühen 90er Jahren wurde ruchbar, dass die prächtigen
Teppiche aus indischer Produktion in Wahrheit von Hunderttausenden
von Kinderhänden geknüpft wurden. Die fernen Verbraucher in Europa
reagieren mit Entsetzen, der Absatz kam ins Stocken. "Rugmark
Foundation" heißt die NGO, die daraufhin im Schulterschluss mit
überwiegend deutschen Entwicklungshilfe-Organisationen und indischen
Herstellern gegründet wurde, um Verbraucher-Vertrauen
zurückzugewinnen durch ein Ethik-Siegel, das Teppiche ausweist als
"ohne Kinderarbeit geknüpft". Inzwischen haben sich 10 % der
indischen Exporteure um die Rugmark-Lizenz bemüht und verbürgen sich
im Gegenzug, dass an keinem der 25.000 Knüpfstühle, auf denen sie
ihre Teppiche herstellen lassen, Kinder arbeiten.
Es sind 15 Inspektoren wie Sanjeev und Santosh, die seit 1995 das
Rugmark-Versprechen einzulösen versuchen, die Knüpfstühle von
Kinderarbeit befreien bzw. Kinder von der Knüpf-Fron. Sanjeev und
Santosh waren es, die Bindu entdeckten, den 13jährigen Jungen, de
sich gerade davonstehlen wollte, als sie kamen. Aber mit dem sicheren
Gespür langjähriger Kinderarbeits-Fahnder stellen sie ihn:
Verschüchtert gesteht er, hier zu arbeiten. Der Knüpfstuhl-Besitzer
windet sich; es sei Bindus Vater gewesen, der dringend Geld gebraucht
und ihn angefleht habe, ihn doch mitzunehmen. Den unerhörten Betrag
von 5.000 Rupien, 250 Mark, habe er dafür hingeblättert.
Unwissenheit, Armut, Familienplanungsdefizite - das sind die
Hauptgründe für die Seuche Kinderarbeit in Indien. Wo zu viele Mäuler
in zu großen Familien zu stopfen sind, müssen Kinder zum Einkommen
beitragen. Der tragische Kreislauf: Kinder werden von Indiens Ärmsten
als ihr einziges Kapital angesehen: Mehr Kinder bedeutet höheres
Einkommen. Kinderarbeit ist nicht die Folge, sondern auch Ursache von
Armut. Kinder, die arbeiten müssen und keine Chance auf Ausbildung
haben, tappen genau wie ihre Eltern in die Armuts- und Schuldenfalle.
Für skrupellose Arbeitgeber sind Kinder willfährige Opfer, die
sich gegen Ausbeutung nicht wehren, einen Bruchteil des normalen
Lohnes bekommen, mit unwürdiger Unterbringung und schmaler Kost
vorlieb nehmen müssen. Besonders krass ist das
Schuldknecht-Verhältnis: Kinder müssen die Schulden der Eltern über
Jahre abarbeiten, ohne je selbst eine Rupie zu bekommen.
Kinderarbeit in Indien ist eine düstere Welt aus Sklaverei,
Ausbeutung, Hoffnungslosigkeit, in de die jungen Opfer ihre Identität
verlieren, ihre Selbstachtung, Unbeschwertheit, Freiheit, kurz: Ihre
Kindheit. Kinderarbeit, das ist Sklaverei für Leib und Seele.
Rugmark ist nicht unumstritten; mancher Kritiker sieht darin in
erster Linie einen Marketing-Trick zur Exportförderung - es sei
ohnehin unmöglich, mit nur 15 Inspektoren 25.000 Knüpfstühle zu
kontrollieren. Immerhin, über tausend Kinder hat Rugmark inzwischen
befreit - zumindest für sie birgt die Zukunft die Chance, aus dem
Teufelskreis von Armut und Unwissenheit auszubrechen.
Bechan Singh will jetzt unbedingt den Knüpfstuhl-Besitzer zur Rede
stellen, der ihm nur 1.000 Rupien für Bindu gegeben hat und mit
weiteren Zahlungen nie rübergekommen war - trotz seiner Behauptung,
5.000 Rupien bezahlt zu haben. Als Bechan Singh in das Dorf kommt, wo
Bindu gearbeitet hat, traut er seinen Augen nicht: Schon wieder sitzt
ein junge unter 14 am Knüpfstuhl.
Die Sklaverei hat in Indien einen langen Atem.
Film von Uwe Kröger (1999)
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Tel.:   0228/9584-193
e-mail:  presse@phoenix.de

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