mein ausland: Alte Fesseln, neue Träume - Sonntag, 23. September 2018, 21.45 Uhr
Bonn (ots)
Weit zurück und ganz weit vorn - auf unserer Reise durch Asien treffen wir auf beide Phänomene. Manchmal scheint es eine Zeitreise Richtung Mittelalter, wenn in Pakistan in Namen der Familienehre getötet wird, weil die tiefverwurzelten gesellschaftlichen Regeln das so fordern. Manchmal ist alles was zählt, die Zukunft, die Moderne: für viele junge Frauen in Myanmar zum Beispiel, die mit Regeln brechen und ihren eigenen, erfolgreichen, selbstbestimmten Weg suchen. In Asien geht alles, es lädt zum Staunen ein. Wir lernen Herrn Chen aus Singapur kennen, der erste Garküchenbesitzer, der es geschafft hat, sich einen veritablen Michelin-Stern zu erkochen. Mit "Chicken and Rice" für umgerechnet 1 Euro 30, gebrutzelt an seinem kleinen Imbissstand, auf sechs Quadratmetern, mitten in Chinatown. Und nun? Woran denkt Herr Chen jetzt, da er doch geschafft hat, wovon Küchenchefs und Restaurantbesitzer in aller Welt träumen? An morgen früh, die tägliche Arbeit, weiter, immer weiter. Ausruhen gilt nicht.
Das tägliche Geschäft mit der schnellen Küche beschäftigt auch die Menschen in Bangkok. Ein Leben ohne Streetfood - unvorstellbar - für Einheimische und Touristen. Aber wie lange wird Thailands Hauptstadt noch sein, was sie immer war: ein kulinarischer Dschungel? Die Stadtverwaltung hat sich das Ziel gesetzt, Ordnung zu schaffen im Gewirr der Essenstände, die das liebenswert-chaotische Stadtbild seit jeher prägen. Händler bangen jetzt um ihre Existenz, fragen sich wie es weitergeht.
Auch in Indien machen wir halt - ein Land, in dem sich Asiens Widersprüche noch einmal ganz deutlich zeigen. Reich und arm, modern und veraltet, fortschrittlich und abgehängt. In diesem Land der Atomreaktoren, des High-Tech, des imposanten Wirtschaftswachstums fehlt es an Toiletten. Die Regierung hat nun ein großes Programm aufgesetzt, Millionen für den Toilettenbau. Lehrer Om ist in seinem Dorf zum Toilettenbeauftragten ernannt worden, aber er stellt fest: so einfach wird das nichts. Manches Klo wird zwar gebaut, mit Zuschüssen vom Staat, aber nie benutzt. Die Leute ziehen es vor, aufs Feld zu gehen. So wie sie es schon immer gemacht haben. Fortschritt ist also immer auch eine Frage der Perspektive.
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