Erler zu Türkei-EU-Verhandlungen: Können nicht Jahrzehnte Gleise
bauen, ohne einen Zug fahren zu lassen
Wissmann warnt vor
Überdehnung und Zerbrechen der EU
Bonn (ots)
Der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Gernot Erler, hat sich noch einmal ausdrücklich für EU- Beitrittsverhandlungen mit der Türkei ausgesprochen. In einem PHOENIX-Interview am Donnerstag Morgen sagte er: Man kann nicht über mehrere Jahrzehnte Gleise bauen und nie einen Zug fahren lassen, das geht nicht. Es habe keinen Sinn, von vornherein zu sagen, wir machen das jetzt ganz anders als mit den zehn anderen Mitgliedern, die am 1. Mai dieses Jahres aufgenommen worden sind, wenn man 40 Jahre diese Option besprochen hat, so Erler. Es sei aber klar, dass sich die Türkei in den nächsten 15 Jahren noch sehr stark entwickeln müsse. Für den Fall von Beitrittsverhandlungen werde gründlich verhandelt und es werde Kontrollen wie bei keinem anderen Verhandlungsprozess geben. Die Schwellen sind höher gelegt als bei jedem anderen Beitrittsprozess, sagte der SPD-Politiker. Die von der Union angebotene privilegierte Partnerschaft nannte er eine Mogelpackung. Es wird ja gar nicht gesagt, was das bedeutet, deswegen wird das in der Türkei als Ablehnung verstanden und diese Ablehnung schadet Europa.
Ebenfalls im PHOENIX-Interview warnte der Vorsitzende des EU- Bundestagsausschusses, Matthias Wissmann (CDU), vor einer zu schnellen Aufnahme weiterer Mitglieder. Dies könne zu einer Überdehnung und als Folge daraus zu einer Handlungsunfähigkeit und zu einem Zerbrechen der Europäischen Union führen, so Wissmann. Die Türkei habe in zehn bis fünfzehn Jahren geschätzt 82 Millionen Menschen, dies sei eine Bevölkerungszahl so viel wie die zehn Staaten, die wir jetzt gerade am 1. Mai genommen haben. Wie wollen wir das verkraften?. Der CDU-Politiker regte einen dritten Weg an, der den Ausbau von der Zollunion zur Freihandelszone, mit Ausnahme des Argrar- und des Arbeitsmarktes, ermögliche, und im Bereich der Dienstleistungen große Fortschritte bringen würde. Zudem solle die Türkei weiter an außen- und sicherheitspolitischen Entwicklungen der EU beteiligt werden.
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