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Ostsee-Zeitung: Schatten über Stuttgart, Kommentar zum CDU-Parteitag

Rostock (ots)

Eigentlich soll der CDU-Bundesparteitag in
Stuttgart Harmonie ausstrahlen, die Weichen für einen kraftvollen 
Wahlkampf 2009 stellen und die sturmerprobte Krisenkanzlerin wieder 
zur Parteivorsitzenden küren. Doch über Stuttgart liegen Schatten. 
Der ausgetüftelten Parteitags-Regie drohen zwei Unwägbarkeiten: 
Werden Angela Merkel und die offiziell zu ihr haltenden Spitzen das 
Steuer- und Entlastungsthema außen vor halten können? Und können sie 
die Aufregung um die Vergangenheit des sächsischen Hoffungsträgers 
Stanislaw Tillich, um die Rolle der Ost-CDU überhaupt eindämmen?
Merkel erkenne die Dimension der Krise nicht und verweigere deshalb 
kräftige Steuerentlastungen, ätzte rechtzeitig vor Stuttgart der 
inzwischen abgehalfterte Friedrich Merz. Wenn nur der Erfinder der 
Bierdeckel-Steuererklärung gegen die große Vorsitzende schießen 
würde, könnte Merkel das einfach beiseitewischen. Doch Merz spricht 
mittlerweile für viele in der CDU, in der CSU sowieso. Genüsslich 
stösst der "große Friedrich" in die Glaubwürdigkeitslücke der 
CDU-Chefin: Warum sollen Steuerentlastungen jetzt Teufelszeug sein, 
wo die Union sie doch nach 2009 anstrebt? Merkel wird darauf eine 
überzeugende Antwort geben müssen. Oder sie wird die Merz, Seehofer 
und Co. nicht los.
Beinahe aus heiterem Himmel bekam die christdemokratische 
Regierungspartei eine Vergangenheitsdebatte an den Hals. Aber nicht 
nur, weil Sachsens Ministerpräsident Tillich Lücken in seiner 
Ost-Biografie erst jetzt auf öffentlichen Druck hin schließt, sondern
auch weil die Bundes-CDU das Thema Ost-CDU für erledigt hielt. 
Tillich ist nur die Spitze eines Eisberges aus der DDR-Vergangenheit,
dem die CDU fast 20 Jahre nach der friedlichen Revolution ausgewichen
zu sein glaubte. Denkste, nun schrammt die über 40-jährige Geschichte
der Ost-CDU den flotten ChristdemokratenDampfer. Es geht nicht nur um
Vergangenes, sondern auch um Glaubwürdigkeit heute.
Die CDU täte gut daran, wenn sie die heikle Ost-Vergangenheit 
differenziert und anhand dessen bewertet, was wirklich war. Ohne 
besserwisserischen Hochmut (West) und ohne Selbstmitleid (Ost). Dabei
sind die aufgeregten Vorwürfe gegen Tillich und andere einstige 
Ost-CDU-Mitglieder eher banal. Es gab auch ein richtiges Leben im 
falschen System. Die Frage ist, sind sie dabei anständig geblieben?

Pressekontakt:

Ostsee-Zeitung
Jan-Peter Schröder
Telefon: +49 (0381) 365-439
jan-peter.schroeder@ostsee-zeitung.de

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