Ostsee-Zeitung: Kommentar zu Merkels Krisenmanagement
Rostock (ots)
Wenn Montag Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy, Großbritanniens Premier Gordon Brown und EU-Präsident Manuel Barroso über die kränkelnde Konjunktur beraten, ist Angela Merkel nicht dabei. Die Kanzlerin lässt sich zur gleichen Zeit für die familienfreundliche Atmosphäre in ihrem Umfeld ehren.
Für die wachsende Schar der Merkel-Kritiker passen diese parallelen Ereignisse ins Bild. Während die Größen Europas Wege aus der Krise beraten, bleibt die deutsche Regierungschefin allein zu Haus: mutlos, ratlos, kraftlos. Und das angesichts der größten Herausforderung ihrer bisherigen Amtszeit. Gilt sonst der kühle Kopf als Stärke, die Besonnenheit als Tugend, wird jetzt Aktionismus gepredigt. Dass ausgerechnet Sarkozy und Brown von manchen als zupackende Vorbilder hingestellt werden, entbehrt nicht der Komik.
Frankreichs Präsident galt bis vor kurzem als Paradevertreter der sogenannten Hubschrauber-Politik: plötzlich auftauchen, viel Wirbel machen, zum nächsten Thema hoppen. Qualitäten, die ihm den Spitznamen "Super-Sarko" eintrugen. Und der schwermütige Gordon Brown war der Unglücksrabe vom Dienst, weil alles schief ging, was er anfasste und er den Rekord im Umfrage-Absturz hielt. Ob sein weihnachtlicher Mehrwertsteuer-Nachlass ein ökonomischer Erfolg wird, ist offen. Sicher ist, dass er sich damit bei den Briten bislang nicht rehabilitieren konnte. Die halten es in aktuellen Umfragen klar mit der Opposition, die von einer "Steuer-Zeitbombe" spricht. Anders als viele Medienvertreter, für die die Krise einfach sexy ist, und anders als viele in der Politik, die vor lauter Aufregung täglich neue Rettungsvorschläge gebären, hat die Bundesregierung bis jetzt auf die zweifellos düsteren Zeiten, die drohen, angemessen reagiert. Das gilt für die Kanzlerin wie für die obersten Sozialdemokraten. Keiner von ihnen redet die Krise klein. Aber zwei Dinge bleiben richtig: Bevor neue Maßnahmen angeschoben werden, sollte erst einmal das auf den Weg Gebrachte in Kraft getreten sein. Und wenn mehr getan werden muss, was sich abzeichnet, geht es nicht ohne sorgfältige Tauglichkeitsprüfung.
Merkel unter Druck? Eher im Einklang mit den Deutschen. Die nehmen die Krise so wie sie: ernst, aber ohne die ihnen sonst nachgesagte Weltuntergangsverliebtheit.
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