Ostsee-Zeitung: Kommentar zum Kampfeinsatz in Afghanistan
Rostock (ots)
Wenn die Lage nicht so ernst wäre, könnte man schon fast Spaß daran haben, Verteidigungsminister Jung dabei zu beobachten, wie er seine verbalen Pirouetten dreht. Krieg? Nein, dieses böse Wort ist ihm selbst gestern nicht über die Lippen gekommen, während seine Leute auf Feldzug in Nordafghanistan sind. Stattdessen redet Jung viel lieber von "Stabilisierungseinsatz", "Feindkontakt" oder "Unterstützungsmission". Dass zahlreiche Lebensversicherer sich inzwischen weigern, die Todesfall-Prämie an Angehörige von gefallenen Bundeswehrsoldaten zu zahlen, weil für die der Kriegs- und damit der Ausschlussfall auf der Hand liegt, ärgert Minister Jung zwar, stößt ihn aber nicht um.
Es hat tiefere politischen Gründe, wenn der Mann die Einsatzwirklichkeit seiner Soldaten nicht beim Namen nennen will. Wer von Krieg in Afghanistan redet, müsste die Taliban offiziell zum Völkerrechtssubjekt aufwerten. Er müsste Kriegsgefangenenlager einrichten, Versorgung und Bewachung absichern, dürfte die Koranschüler nicht als "Mörder" und "Verbrecher" an den afghanischen Staat übergeben - einen Staat übrigens, in dem noch immer die Todesstrafe vollstreckt wird. Zudem droht Ärger im eigenen Parlament. Die Bundeswehr hat zwar ein Mandat für militärische "Unterstützungsmaßnahmen", aber nicht für einen Krieg, der dann auch noch so heißt.
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