Ostsee-Zeitung: Kommentar zum Konflikt zwischen Türkei und Syrien
Rostock (ots)
Auch wenn die Türkei noch nicht von einem Krieg sprechen will - der Mittlere Osten bewegt sich am Rande einer Katastrophe. Das Feuer auf Akcakale könnte sich zu einem Flächenbrand ausweiten. Das Nato-Mitglied Türkei, das sich als neues Gravitationszentrum der Region versteht und der Europäischen Union inzwischen selbstbewusst die kalte Schulter zeigt, will auf keinen Fall schwach dastehen. Unter der Regierung Erdogan sind die türkischen Herzen von einem neuen Patriotismus berauscht. Wie lange da die Köpfe der politischen Elite nüchtern bleiben können - das ist die große Frage. Noch ist der Interventions-Beschluss kein Marschbefehl. Denn auch die türkische Führung weiß, was auf dem Spiel steht. Zwar sympathisiert das Land zwischen Bosporus und Ararat mit den Zielen der syrischen Revolution. Allerdings ahnt man in Ankara, dass im Windschatten der türkischen Panzer radikale Muslimbrüder und islamistische Salafisten die Macht in Damaskus ergreifen könnten. Und das läge nun gar nicht im Interesse der religiös eher moderaten Türkei. Zudem droht bei einem Einmarsch der neu aufgebrochene Konflikt mit den Kurden zu eskalieren. Die träumen von einem Groß-Kurdistan. Auch das Verhältnis zum Syrien-Verbündeten Iran ist abgekühlt, und der Irak hat gerade angekündigt, die Präsenz türkischer Truppen im Norden des Landes beenden zu wollen. Ankara könnte sich schneller als gedacht in einem Mehrfronten-Kleinkrieg wiederfinden.
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