Ostsee-Zeitung: Kommentar zum schrumpfenden Wohngeld
Rostock (ots)
Bezahlbares Wohnen macht einen wesentlichen Teil des Lebens aus. Zumindest für diejenigen, die es nicht so dicke haben. Auch deshalb hat ja die Bundeskanzlerin und CDU-Vorsitzende noch vor wenigen Wochen bei den besser an der Basis verankerten Sozialdemokraten deren Idee von einer Mietpreisbremse geklaut. Angesichts von Mieterhöhungen um bis zu 50 Prozent in manchen Städten bei Neuvermietungen müsse der Staat seiner Schutzpflicht gegenüber den Bürgern nachkommen, lautet die überzeugende Begründung der Kanzlerin. Richtig so! Aber was hat sich die Koalition nur dabei gedacht, den Heizkostenzuschuss aus dem laufenden Wohngeld zu streichen? War es nur liberales Markt-Management der rigiden Art? Auf dem Wohnungssektor, der ein menschliches Grundbedürfnis berührt, hilft das freie Spiel der Marktkräfte allenfalls denen, die mit Eigentum reichlich gesegnet sind. Für die anderen ist neben der Kaltmiete die Nebenkosten-Belastung längst zur zweiten Miete geworden. Beides zusammen droht in manchen Ballungsgebieten und in bestimmten Kreisen zur untragbaren Last zu werden. Die schwarz-gelbe Koalition freut sich im laufenden Wahlkampf über ihre Erfolgsbotschaft, bei den staatlichen Ausgaben ein wenig auf die Bremse getreten zu haben. Es ist nicht sehr sozial, dass sich die Regierung dann wohl auch über ihre Wohngeld-Bilanz freut. Die Zahl der berechtigten Haushalte bei der Berechnung des Wohngeldes sinkt deutlich und gleichzeitig schrumpft die Wohngeld-Leistung insgesamt allein in einem Jahr um mehr als 300 Millionen Euro. Das hätte Angela Merkel, vielleicht auch ihr Bauminister von der Schwesterpartei CSU, bei ein klein wenig Bodenständigkeit selbst feststellen können, ohne dass es ihr Sozialdemokraten oder der Mieterbund sagen müssen. Politik wird dann glaubwürdig, wenn sie praktisch nachprüfbar ist. Es macht jedenfalls keinen Sinn, tatenlos die Mieter zu bedauern, von einer ominösen Mietpreisbremse zu reden aber gleichzeitig die Betroffenen allein zu lassen.
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